Ungleiche Wirtschaftsinteressen: Besatzungsregime und Kollaboration in Frankreich 1940–1944
Leitung: Marcel Boldorf
- Einführung: Die wirtschaftliche Lenkung im besetzten Frankreich
Referent/in: Marcel Boldorf, Bochum
- Das Unternehmertum zwischen Gewinnstreben und innerer Opposition
Referent/in: Helvé Joly, Lyon
- Die Organisation Todt zwischen Zwangsmaßnahmen und französischer Kollaboration
Referent/in: Fabian Lemmes, Florenz
- Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Dresdner Bank im Zusammenarbeit mit Paribas
Referent/in: Johannes Bähr, Berlin
- Die Kollaboration der Renault-Werke hinsichtlich deutscher Rüstungsinteressen
Referent/in: Patrick Fridenson, Paris
- Abschließender Kommentar
Referent/in: Christoph Buchheim, Mannheim
Abstract zur Sektion
Die deutsche Wehrmacht baute im besetzten Frankreich seit 1940 Institutionen zur wirtschaftlichen Lenkung und Ausbeutung auf, die ganz auf die Bedürfnisse der deutschen Kriegs- und Rüstungswirtschaft zugeschnitten waren. Neuere Berechnungen haben gezeigt, dass in keinem anderen von Deutschland während des Zweiten Weltkrieges besetzten Landes – mit Ausnahme von Dänemark – das Zahlenverhältnis zwischen Besatzern und Besetzten so niedrig wie in Frankreich war.
Dieser notorische Mangel an Personal, den als Zeitgenosse bereits Werner Best konstatierte, wirft die Frage nach der Durchsetzbarkeit deutscher Wirtschaftsforderungen und -planungen neu auf. Da Zwang und Überwachung nicht allgegenwärtig sein konnten, scheint die Mitwirkung der französischen Unternehmen unerlässlich gewesen zu sein, um die kriegswirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Die etablierten Institutionen, z.B. die zentrale Bewirtschaftungsbehörde und die Zentralauftragstelle West, setzten Anreize, die den französischen Unternehmern bei Erfüllung der Vorgaben erkleckliche Gewinne oder zumindest die Aufrechterhaltung der Produktion versprachen. Daneben hatten die weiter existierenden Reste der französischen Wirtschaftsverwaltung eine entscheidende Bedeutung für den Ausbau der Kriegswirtschaft.
Die vorgesehenen Referate durchleuchten auf der deutschen Seite die umfangreichen Planungsentwürfe, die Vorgabe konkreter Produktionsziele sowie die Praktiken der Verhandlungsführung. Auf der französischen Seite können die Reaktionen der Unternehmer, die Entwicklung der Situation angepasster Strategien und die Bereitschaft zur Kollaboration mit der Wirtschaftsabteilung des Militärbefehlshabers (MBF) behandelt. Es ist Ziel der Sektion, ein tieferes Verständnis für die Logik der Kollaboration zu vermitteln und weitere Forschungen, vor allem hinsichtlich der deutsch-französischen Unternehmenskooperation während der Besatzungszeit, anzuregen.