Archive

Ein Traum wird wahr…


Gert Melville. Foto: bp

Gert Melville. Foto: bp

…zumindest für Prof. Gert Melville, der zusammen mit Martial Staub die “Enzyklopädie des Mittelalters” vorstellte. Melville verriet, dass es sein Jugendtraum war, einmal die vollständige Geschichte des Mittelalters in einem Buch zu erfassen. Nun gut, das ist “uns fast gelungen, nur ein Artikel fehlt”. Um welchen Artikel es sich dabei handelt, wollte Melville nicht verraten, aber da es sicherlich eine Neuauflage geben wird, wird sich spätestens dann das Problem gelöst haben.

Die Enzyklopädie zeichnet sich dadurch aus, dass es vom Allgemeinen ins Spezielle geht und dann sparsam mit Querverweisen umgeht. Es wird ein Mittelalter gezeigt, das sich in dieser Art und Weise nicht so leicht finden lässt.

Continue reading ‘Ein Traum wird wahr…’

Der vielleicht schönste Film des Jahres

Gestern war es endlich so weit - der Film “Ich habe den englischen König bedient” (I served the King of England) wurde im Rahmen der Sonderveranstaltungen zum Historikertag gezeigt. Wir, das Team von Studierenden, die die Präsentation gemeinsam mit dem tschechischen Zentrum vorbereitet hatten, waren gespannt. Zum einen natürlich auf die Besucherinnen und Besucher, zum anderen auf den Film. Dieser erwies sich als wirkliches Schmankerl -  der vorletztes Jahr entstandene Film von Jirí Menzel dreht sich um das Leben eines zu klein geratenen, dafür aber strohblonden, blauäugigen Tschechen aus der Provinz, der einfach nur - wer sollte ihm diesen Wunsch verübeln - Millionär werden wollte.

Continue reading ‘Der vielleicht schönste Film des Jahres’

Sektion-Hopping

Markus Bitterlich. Foto: bp

Frisch von der Uni mit dem altehrwürdigen Magister Artium ausgestattet, konnte es sich Markus Bitterlich natürlich nicht nehmen lassen beim Historikertag dabei zu sein. Und schon gleich gar nicht, wenn der mal fast vor der Haustür stattfindet.

Getreu der Devise “alles ist nichts”, versucht er soviel wie nur möglich von den Sektionen mitzunehmen, also ist Sektion-Hopping angesagt. Sicherlich bei den Referierenden nicht sehr beliebt, aber durchaus effektiv.

So ist er von der Sektion “Asymmetrien in Vergangenheit und Gegenwart. Deutsche und Tschechen als ungleiche Nachbarn?” zu “Ungleichheiten oder Gleichheiten? Transkulturelle Vergleiche zwischen Ost und West” gesprungen.

Nach so üppiger morgendlicher Wissensaufnahme bedarf es nachmittäglicher Bewegung im Japanischen Palais. Leider suchte nur ein weiterer Gast, ein Maschinenbaustudent, den Weg zur Sonderausstellung “900 Gramm Gehacktes - Oberlausitzer Silberschätze”. Es gab also eine private Führung. Mal was anders, gibt Markus schmunzelnd zu.

Die Verlagsausstellung ist am interessantesten

Christian Kirchen

Christian Kirchen. Foto: pd

Für den Promotionsstudenten Christian Kirchen aus Bayreuth, der seit dem Jahr 2000 keinen Historikertag verpasst hat, bietet der Kongress viele Möglichkeiten. “Ich möchte natürlich mein Interesse an der Materie befriedigen. Außerdem kann man hier Menschen treffen, deren Namen man sonst nur auf Buchtiteln liest. Auch bekannte Gesichter wiederzutreffen, ist schön. Doch dieses Jahr interessiert mich besonders die Verlagsausstellung - ich promoviere gerade über den Afrikaforscher Emin Pascha, und möchte eine Biographie über ihn schreiben. Und da sich viele Verlage auf Biographien spezialisiert  haben, kann ich einige Ideen mitnehmen.”

Trotz Themenvielfalt ein verblüffend einhelliges Ergebnis

Im Zusammenleben der Tschechen und Deutschen ausschließlich Asymmetrien zu suchen wäre eine zu einseitige Betrachtung ihrer vielschichtigen Beziehungen - darüber waren sich alle Referenten am Ende der Sektion von Dr. Martina Schattkowsky am ersten Kongresstag einig. Schattkowsky sprach von einem Abschluss, der “optimistischer kaum sein könnte”. Auch der Wunsch nach einer nüchterneren Forschung, frei von der Umklammerung historischer Aufarbeitung, wurde einhellig geäußert.

Die in Bezug auf den Zeithorizont und auf das Spektrum der Themen sehr vielseitige Sektion hat somit eine Bündelung konkreter Ergebnisse erreicht.

“Orange ist für Sie ab jetzt die Signalfarbe”

Wer noch nie etwas vom Moving Wall Konzept oder Open Access Programmen gehört hat, der konnte beim Vortrag der DGIA (Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland) in Zusammenarbeit mit der Bayrischen Staatsbibliothek (BSB) Neues erfahren. Das Neueste - und Schwerpunkt des Vortrages - war jedoch die Präsentation der in Orange unterlegten Online-Plattform perspectivia.net.

Michael Kaiser - Foto: pd

Michael Kaiser - Foto: pd

Auf dieser Plattform wird es ab dem 31. Oktober möglich sein, auf ausgewählte Publikationen direkt zuzugreifen. Über die Entstehung und Idee der Plattform sprachen am gestrigen Abend Michael Kaiser (DGIA) und Gregor Horstkemper (BSB).

Bei perspectivia.net handelt es sich um eine frei zugängliche Webseite, deren Inhalte gratis angeboten werden. Daher auch der Name einer Open Access Plattform. Bis zum Start des Portals wird die Zeitschrift Francia vollständig retrodigitalisiert bereit stehen. Die klassische Form der francia bleibt jedoch erhalten. Wie Gregor Horstkemper erklärte, benutze man dabei das bibliothekarische Konzept der Moving Wall, bei dem die online Ausgaben der Zeitschrift jeweils mit Abstand eines Vierteljahres zur klassisch erscheinenden Ausgabe bereit gestellt werden.

Continue reading ‘“Orange ist für Sie ab jetzt die Signalfarbe”’

Ungleichheiten in dem Begriff der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft

Das Thema der „nationalsozialistischen Volksgemeinschaft“ fügt sich ideal in das Motto des diesjährigen Historikertages „Ungleichheiten“ ein. Die Zuhörer, unter ihnen auch viele Schüler und Schülerinnen im gut gefüllten Audimax, konnten teilweise eine sehr spannende und lebhafte Debatte über Intension und Extension des Begriffes der Volksgemeinschaft erleben.

Die Referenten der Sektion. Foto: ak

Sechs Referenten näherten sich jeweils in viertelstündigen Vorträgen diesem schwierigen Thema der deutschen Geschichte und versuchten die gesamte Breite und Komplexität des Begriffes abzudecken. Als Kommentator konnte Prof. Dr. Alf Lüdtke von der Universität Erfurt gewonnen werden. Nach jeweils zwei Vorträgen fasste er die Ausführungen und wichtigsten Punkte der Referenten noch einmal zusammen, reflektierte das Gesagte und bot gleichzeitig neue Denkanstöße für die anschließende Diskussion, in der das Auditorium Fragen an die Vortragenden richten konnte.

Continue reading ‘Ungleichheiten in dem Begriff der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft’

„Justitia war nie blind“

Mit einem weiten Bogen, gespannt über gut 600 Jahre Justizgeschichte, wurden die Referenten der Sektion „Ungleichheiten vor Gericht: Epochenübergreifende Perspektiven“ ihrem Titel wahrlich gerecht. Zunächst ging Prof. Joachim Eibach auf die Allegorie der Justitia ein, die allseits bekannte Darstellung der Gerechtigkeit als Schwert und Waage in den Händen haltende Frau, der die Augen verbunden sind. Damit solle ausgedrückt werden, dass die Gerechtigkeit ihre Urteile stets ohne Ansehen der Person fälle, wie es schon im Alten Testament gefordert war. Die Geschichte der Justiz sei stets eine Geschichte der Suche nach Gerechtigkeit und gleichzeitig eine Geschichte der Ungleichheit gewesen.

Continue reading ‘„Justitia war nie blind“’

Landesgeschichte im Unterricht - Geschichtsunterricht in der Region

Ein konkretes Problem sieht Prof. Dr. Manfred Treml in der Rezeption tschechischer Forschungsliteratur von deutscher Seite, dessen Durchführung eine Seltenheit ist, da die wenigsten deutschen Historiker (man kann auch sagen: die wenigsten Deutschen) die tschechische Sprache beherrschen. Eine institutionelle Festigung der bohemistischen Forschung sei aber zu verzeichnen, u.a. mit dem Collegium Carolinum als wichtigstem Partner für die böhmische Forschung.

Treml äußerte sich als Vorsitzender des Gesamtvereins für Geschichts- und Altertumsvereine, der den heutigen 35. Tag der Landesgeschichte initiiert hat, über seine Hoffnungen, die von ihm geleitete Sektion würde auch eine pragmatische Dimension für die Landes- und Regionalgeschichte entfalten. Als geschichtsdidaktische Sektion wurden darin zum Teil Fragen der Neukonzipierung von landes- sowie regionalgeschichtlichen Themen in den Schullehrplänen besprochen.

Continue reading ‘Landesgeschichte im Unterricht - Geschichtsunterricht in der Region’

Die Gespielen der Infantin

Maaike van Rije, Foto: jk

Es wird viel gesprochen dieser Tage und viele Informationen werden verbal gestreut. Da sind PowerPointPräsentationen eine Abwechslung und Auflockerung. Doch richtig gut wird es, wenn ein Vortrag reich bebildert ist. So wie der von der Kunsthistorikerin Maaike van Rije, die sich dem Thema “Die Gespielen der Infantin. Darstellung von kleinwüchsigen Menschen in der bildenen Kunst” innerhalb der Sektion “dis/ability in history” widmete. Sie zeigte an ausgewählten Bildern, wie die Gesellschaft mit Kleinwüchsigen in der jeweiligen Zeit umgegangen ist. Wie selbstverständlich ihre Anwesendheit war und wie später deren Gegenwart als zufällig und belanglos dargestellt wurde.

Es war ein wirklich bewegender und bereichernder Vortrag, der nicht an Interpretationen und kritischen Betrachtungen sparte zu einem Thema, welches so selten besprochen wird.