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“Ungleiche Nachbarn?”

Der Begriff der „ungleichen Nachbarn“, den Hans Mommsen und Jiří Kořalka in Zusammenhang mit den nationalen Emanzipationsprozessen der Deutschen, Tschechen und Slowaken verwendeten, dient der im Rahmen des 35. Tages der Landesgeschichte stattfindenden Sektion als Motto. Hinzugefügt wurde ein kritisches Fragezeichen, das auf die in der aktuellen Forschung differenzierteren Ergebnisse hinweist. Lange Zeit hätten nationale Sichtweisen in dem Forschungsbereich dominiert.

Geleitet von Frau Dr. Martina Schattkowsky und Herrn Dr. Petr Lozoviuk aus dem Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde Dresden (ISGV), verfolgen die Vortragenden vom Spätmittelalter bis in das 20. Jahrhundert Fragen der böhmisch-sächsischen bzw. tschechisch-deutschen Nachbarschaft. Dabei wird, gemäß der neuen Lesart, von einem Grenzraum ausgegangen, der weniger eine Linie darstellt, als vielmehr fließende Übergänge sowie indifferente Zonen in sich birgt und sich darin  gewissermaßen „Raumordnungssysteme überlappen“. Betrachtet werden vor allem vermeintliche oder tatsächliche Asymmentrien auf konfessioneller, politischer, alltagskultureller, agrarhistorischer und historiografischer Ebene.
Petr Lozoviuks Ansatz fällt gewissermaßen etwas aus dem Rahmen der historischen Betrachtungen seiner Kollegen. Als Ethnograf widmet er sich in seinem Vortrag vor allem der deutschen und tschechischen Volkskunde der Zwischenkriegszeit. Dabei werde er der Frage nachgehen, inwiefern die deutsche und tschechische Volkskunde dazu beigetragen hat, dass zwischen Tschechen und Deutschböhmen eine kulturell-distinktive Trennlinie gesehen wurde.

Die Sektion findet morgen, am Mittwoch dem 1. Oktober von 9 Uhr 15 bis 13 Uhr im Raum 101 statt.

Gender studies als Querschnittkategorie der Geschichtswissenschaften

Seit einigen Jahren ist die interdisziplinäre Lehre und Forschung verstärkt in den Geisteswissenschaften anzutreffen. Eines der populärsten Themengebiete ist die Geschlechter- und Frauenforschung, die es länger gibt als sie in der breiten Masse wahrgenommen wird. Während des Historikertags sollen verschiedene Ansätze in der Sektion “Geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei Gesundheit und Krankheit im 19. und 20. Jahrhundert” thematisiert werden.

Prof. Dr. Martin Dinges aus Stuttgart versucht dieses komplexe Thema, mittels der drei vorgeschlagenen Vorträge, in Verbindung mit anderen sozialökonomischen bzw. kulturellen Variablen zu untersuchen. Dazu Prof. Dinges: “Gender ist eine Querschnittkategorie, die überall zu beachten ist, egal ob in der Politikgeschichte oder in der Ideengeschichte. Oft wird der Komplex als intersektionäre scheinbare Neuentdeckung gehandhabt. Dabei sollte Gender schon seit jeher in Kombination mit Klassenlage, Lebensalter etc. untersucht und stärker in den Geschichtswissenschaften vertreten sein.”

Auf die Frage, wie er sich selbst das Thema erschlossen hat, antwortet er: “Meine Habilitationsschrift beschäftigte sich mit dem Thema Ehre im 18. Jahrhundert; dies ist natürlich nicht zu trennen von dem Thema Männlichkeit und vom Geschlecht im Allgemeinen. Des Weiteren habe ich den Arbeitskreis “Interdisziplinäre Genderforschung” (AIMGENDER) mitbegründet und auch die Arbeit am Institut für Geschichte der Medizin lässt erahnen, dass Körper und Geschlecht Schwerpunkte meiner Forschungen bilden.“

Dinges merkt jedoch kritisch an, dass die Genderforschung im Kontext des Historikertags noch zu wenig thematisiert wird, da beide Sektionen zu diesem Thema parallel stattfinden werden. „Dies zeigt, dass der Historikerverband eben doch noch ein Verband mit weitgehend konservativem und klassischem Zuschnitt deutscher Historiographie ist”, so Dinges.

Die Sektion „Geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei Gesundheit und Krankheit im 19. und 20. Jahrhundert“ findet am 3. Oktober von 15.15 Uhr bis 18.00 Uhr im Raum 201 des Hörsaalzentrums statt.