Roman Birke Sonja Dolinsek (Sektionsleitung)

Menschenrechte und Geschlecht im 20. Jahrhundert

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Regula Ludi (Freiburg i.Ü.)
Geschlechtergleichheit als Menschenrecht? Überlegungen zur Bedeutung der Menschenrechtssprache im Völkerbund
Regula Ludi setzt sich mit den Anfängen der modernen Menschenrechte auseinander, die seit einigen Jahren im Zentrum historiografischer Kontroversen stehen. Die plötzliche Evidenz der Menschenrechte am Ende des Zweiten Weltkriegs wirft Fragen auf, auf die die Forschung bisher keine schlüssige Antworten gegeben hat. Der Vortrag argumentiert anhand von Quellen des Völkerbundes, der UNO und internationaler Frauenorganisationen, dass die neuartige Plausibilität der Menschenrechtssprache ab 1945 auf einem diskursiven Wandel beruht, dessen Ursprünge in die Zwischenkriegszeit zurückreichen. Dieser Wandel ist für ein Verständnis des Umbruchs von 1945 unerlässlich.
Roman Birke (Wien)
Zwischen Aktivismus und Diplomatie. Eleanor Roosevelts Bedeutung für internationale Frauen- und Menschenrechte, 1936–1962
Roman Birke diskutiert die Bedeutung Eleanor Roosevelts für die Normierung internationaler Menschenrechte und fragt insbesondere nach ihren Positionen zu Frauenrechten. Grundlage sind 7.996 von Roosevelt zwischen 1936 und 1962 publizierte Kolumnen mit dem Titel My Day, die durch eine Kombination computergestützter Verfahren und der genauen Lektüre einer Auswahl von etwa 1.500 Kolumnen untersucht wurden. Die Kolumnen zeigen gemeinsam mit Protokollen der UN-Menschenrechtskommission, dass Roosevelt eine pragmatische Diplomatin war, die die Positionen der US-Regierung vertreten und durch ihre Kolumne öffentlichkeitswirksam verbreitet hat.
Sonja Dolinsek (Erfurt)
„Haben“ Prostituierte Menschenrechte oder „ist“ Prostitution eine Menschenrechtsverletzung? Menschenrechte und die „Prostituierte“ im 20. Jahrhundert
Sonja Dolinsek untersucht die Geschichte der Formulierung, Aushandlung und Differenzierung menschenrechtlicher Forderungen in Bezug auf Prostituierte im 20. Jahrhundert. Insbesondere steht die Frage im Mittelpunkt, wie verschiedene Akteure sich sowohl auf internationaler Ebene, aber auch auf lokaler und nationaler Ebene mit der Frage nach dem rechtlichen Status der (fast ausschließlich als weiblich imaginierten) „Prostituierten“ beschäftigt haben. „Prostitution“ und der rechtliche Status von Prostituierten treten dabei als besonders kontroverse und umstrittene Themen hervor, deren Spaltungspotential vor allem im Kontext der Frauenbewegungen in den 1970er und 1980er Jahren auffällt.
Anke Graneß (Wien)
Gender und der Menschenrechtsdiskurs in Afrika - Perspektiven aus der afrikanischen feministischen Theorie der Gegenwart
Anke Graneß setzt sich mit einer postkolonialen Kritik an Menschenrechtskonzepten auseinander, wie sie von zwei nigerianischen Autorinnen, Nkiru Nzegwu und Oyeronke Oyewumi, formuliert wurden. Neben Geschlechterverhältnissen stehen Fragen nach Kolonialismus/Postkolonialismus und Geschlecht, nach der Hegemonie der „westlichen Welt“ oder nach dem Verhältnis von Rassismus und Geschlecht auf dem Prüfstand. Ihre Kritik stellt eine Herausforderung für den euroamerikanischen Feminismus dar, werden doch u.a. der "weiße" Feminismus als Teil eines imperialistischen Unterdrückungsapparates kritisiert oder die universale Anwendbarkeit des Gender-Begriffs als Analysekategorie in Frage gestellt.