Martin Dinges (Chair of the panel)

Health inequity – despite open societies? (1949-2018)

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Abstract

The promise of protection against the social and economic risks of illness, occupational accidents, inability to work, old age, dependency on care etc. through social security has been one of the mainstays of social cohesion. Since after the war, health has become an increasingly important factor in the public discourse. The efficiency of one’s own healthcare provision was seen as strong evidence of superiority in the competing systems of East and West Germany. Especially since 1990, social inequality has become a topic that is again, and more explicitly, articulated.

The session aims to illustrate that health inequities are a fundamental aspect of social division. The highly personal as well as family-, group-, and class-specific experience of health inequity is very instructive.

As a way of bringing together individual experience and the level of social systems with a view to “biopolitics”, the chosen approach will focus primarily on the specific effects of health inequity in individuals that are addressed as groups or collectives. These have been (socio-) politically defined and analyzed according to the following five categories: nationality, gender, ‘class’, ‘disability’ and migration. The extent to which each of them can have an influence on health disparity is to be examined.

Greater thematic coherence is sought by restricting the examination to German-speaking countries. The concluding intersectional considerations will aim to assess more precisely the connection between the social and cultural construction of these collective subjects with their health experiences and the effects of social inequality.

Pierre Pfütsch (Stuttgart) Stefan Offermann (Leipzig)
Gesundheitsaufklärung in zwei deutschen Gesellschaften (1949-1990)
In diesem Vortrag soll die Bedeutung der politischen Rahmenbedingungen für die Möglichkeit, gesellschaftliche Spaltungen im Gesundheitsbereich zu reduzieren, präzisiert werden. Der Vergleich zwischen der BRD und der DDR bietet dafür gute Voraussetzungen. Es soll auch der Frage nachgegangen werden, inwieweit die jeweilige Gesundheitsaufklärung innerhalb der Gesellschaften selbst soziale „Spaltungen“ verstärkte. Die Untersuchung von Präventionskampagnen eignet sich hierfür besonders gut, da in sie die Gesundheitsvorstellungen der staatlichen Gesundheitsplaner/-innen eingingen und sie sich direkt an die Bevölkerung wandten, so dass deren Gesundheitspraktiken einbezogen werden mussten.
Martin Dinges (Stuttgart)
Die Bedeutung der Kategorie Gender für Gesundheitschancen (1980-2016)
Geschlecht ist eine entscheidende Variable, um den Gesundheitsstatus einer Person vorhersagen zu können. Auch der geschlechtsspezifische Unterschied in der Lebenserwartung stieg noch bis in die 1980er Jahre an. Frauen konnten damals in der Bundesrepublik ein 6,7 Jahre längeres Leben als Männer erwarten. Seither reduziert sich dieses Differential. Dabei spielt das Gesundheitsverhalten eine wesentliche Rolle. In diesem Vortrag soll analysiert werden, wie weit diese Veränderungen gesundheitlicher Ungleichheit während der letzten Generation gehen und ob sie als „nachholende Medikalisierung“ der Männer konzeptualisiert werden können.
Nina Kleinöder (Marburg)
Arbeiterschaft und Gesundheit in der Bundesrepublik vom „Wirtschaftswunder“ zur „Humanisierung“ (1950er bis 1980er Jahre)
Die bundesrepublikanische Arbeiterschaft partizipierte in mehrfacher Hinsicht am „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre. Offen ist allerdings die Frage, ob dies auch für die Gesundheit der Erwerbstätigen gilt. Tatsächlich offenbart sich bei einer epidemiologischen Betrachtung der Arbeitswelt bis heute eine Spreizung der Erwerbstätigen: Welche besonderen Risiken unterschieden die (industrielle) Arbeiterschaft von der übrigen Erwerbsgesellschaft? Profitierten sie auch langfristig vom sozialen Wandel der Arbeitswelt oder waren sie Träger des gesamtgesellschaftlichen wirtschaftlichen Aufschwungs mit besonderen Kosten für ihre eigene Gesundheit?
Andreas Weigl (Wien)
Alt und krank nach der "Gastarbeiterzeit“ in Österreich? (1967-2000)
Das Erreichen des das Rentenalters von Migrantinnen und Migranten aus (Ex-)Jugoslawien und der Türkei hat spezifische Probleme mit berufsspezifischen Erkrankungen, aber auch einen defizitären Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem in Österreich offenkundig gemacht. Das zeigen Befragungen aus den Jahren 1998-2008. Erkennbar werden sprachliche Gründe, aber auch Informationsdefizite und fehlende kultursensible Angebote (z.B.: muslimische Altenheime). Die Ergebnisse aus diesen Befragungen werden mit Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken in Beziehung gesetzt. Dabei werden Beziehungen zu den verschiedenen Wellen der „Gastarbeiterwanderung“ hergestellt.
Gabriele Lingelbach (Kiel)
Gesundheitsfürsorge für Menschen mit Behinderungen in der Bundesrepublik: Interne Differenzierungen (1949 bis frühe 1980er Jahre)
Viele Menschen mit Behinderungen hatten und haben einen überdurchschnittlichen Bedarf an gesundheitlicher Fürsorge. Allerdings haben staatliche Institutionen oder auch medizinische Experten darauf in differenzierender Weise reagiert: Parameter wie die Art der Behinderung, deren Ursache, das Geschlecht der betroffenen Personen und der Umfang an ihnen zugestandenem ‚moralischem Kapital‘, die Fähigkeit zu selbstadvokatorischem Handeln usw. hatten entscheidenden Einfluss darauf, wem in welchem Umfang und in welcher Form Maßnahmen beispielsweise im Bereich der Rehabilitation zur Verfügung gestellt wurden.