Petra Schulte (Chair of the panel)

Urban Resilience in the Late Middle Ages (14th – 16th century)

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Abstract

In 2013, the Rockefeller Foundation launched the 100 Resilient Cities program to help cities develop strategies for coping with the physical, social, and economic shocks of the 21st century. While the crises facing today’s cities are new, the need to handle them is not. Cities have been trying to shore up vulnerabilities, contend with disruptive events, and prevent societal collapse ever since there were such things as cities. The purpose of this section is to think about the resilience of cities from a historical perspective. Unlike the Rockefeller Foundation, the section’s speakers do not aim to provide answers to present-day problems; nor do they believe that resilience is per se positive, a view whose optimism careful scrutiny tends to complicate rather than endorse. Instead, they join the increasing numbers of historians who study resilience in past eras. Specifically, they investigate which challenges city councils in the 14th to 16th centuries perceived as chronic, imminent, and acute and how they confronted them. This section examines not only the decisions city leaders made and the measures they took, but also the interpretative paradigms on whose basis they identified weaknesses and disruptions, justified interventions, formed strategies, and selected or developed resources. Several questions, related to what might be called resilience management, run through all the talks: To what extent did council members tie their own interests to those of their estate, their council, and their city? How did they define the common good? And did they succeed in preserving the city’s social harmony?

Petra Schulte (Trier)
Einführung: Resilienz der Stadt, Resilienzen in der Stadt - methodische Überlegungen
Es zählt zu den grundlegenden Herausforderungen historischen Arbeitens, zwischen der Sprache der Vergangenheit und der der eigenen Zeit eine Brücke zu schlagen. Mit der Verwendung von modernen Beschreibungskategorien droht die grundsätzliche Gefahr, die Differenzen zwischen den Epochen zu überdecken und zu anachronistischen Schlüssen zu gelangen. Petra Schulte erörtert vor diesem Hintergrund in der Einleitung und der Zusammenfassung der Sektion das Konzept der Resilienz. Dabei nimmt sie Bezug auf die sich aus ihm ableitenden Fragestellungen und Perspektiven, Möglichkeiten des methodischen Zugriffs und den Nutzen für die stadthistorische Forschung.
Gerrit Jasper Schenk (Darmstadt)
Von Mars zu Maria. Stadtmythos, kritische Infrastruktur und öffentlicher Raum beim Wiederaufbau der Alten Brücke von Florenz 1333-1345
Gerrit J. Schenk untersucht Zerstörung und Wiederaufbau des Ponte Vecchio in Florenz im Kontext der Arnoflut im Jahr 1333. Der Rat achtete darauf, die mit einem Stadtmythos verbun-dene Brücke als entscheidende Verbindung zwischen den Stadtteilen resilienter als zuvor zu bauen: als massiven, öffentlichen Steinbau, versehen mit Inschriften und Emblemen, die den alten Mythos überschrieben und die Macht der Kommune in der Mitte der Stadt und den guel-fisch dominierten Rat der Republik mit seinen Institutionen als Sieger propagierten. So fanden die kommunalen Deutungskämpfe zwischen mächtigen Magnatenfamilien und den Interes-sensvertretern der weißen Guelfen Eingang in die kollektive Erinnerung.
Gerhard Fouquet (Kiel)
Rat, Gemeiner Nutzen und öffentliche Steuerung der Not - die Versorgung spätmittelalterlicher Städte mit Nahrungsmitteln
Gerhard Fouquet konzentriert sich auf den Umgang des Rats mit den Existenznöten städtischer Armut, insbesondere der working poor, in den stark schwankenden Preiskonjunkturen des 15. und 16. Jahrhunderts. Die in disruptiven Ereignissen in die besser versorgten Städte fliehende Landbevölkerung verstärkte dieses prekäre Dauerproblem noch, das in der zeitgenössischen Wahrnehmung nur durch Epidemien oder Hungertod reguliert werden konnte. Dennoch gab es ein resiliencing der Ratsregierungen. Ob die normative Steuerung der Nahrungsmittelversorgung nach übereinstimmender Forschungsmeinung tatsächlich immer nur stumpf blieb und welche anderen Maßnahmen zeitgenössischer Städtetechnik ergriffen wurden, stellen zentrale Überlegungen des Vortrags dar.
Mechthild Isenmann (Leipzig)
Gab es im „langen 16. Jahrhundert“ ein aktives Resilienz-Management der politisch verantwortlichen oberdeutschen Kaufmann-Bankiers für ihre Stadt?
Mechthild Isenmann richtet ihren Fokus auf das Handeln der frühneuzeitlichen Unternehmer in Nürnberg und Augsburg im Moment der unmittelbaren Gefährdung der Stadt durch äußere Bedrohungen oder – oft damit zusammenhängend – innerstädtische Konflikte, die etwa konfessionelle, ökonomische und soziale Unruhen und Krisen umfassten. Wie verhielten sich die Kaufleute-Bankiers, die zugleich ein Ratsamt innehatten, im „langen 16. Jahrhundert“, um ihre Stadt und zugleich ihr Unternehmen aus diesen krisenhaften Ereignissen gestärkt –  eben resilient – hervorgehen zu lassen? Kann hierbei von einem aktiven Resilienz-Management gesprochen werden und, wenn ja, in welcher Weise agierten sie dann? An Fallbeispielen der Augsburger Fugger, der Rehlinger oder der Nürnberger Imhoff geht M. Isenmann diesen Fragen nach.
Eileen Bergmann (Trier)
Pro bono status nostri. Der Consiglio dei dieci im Kampf gegen die Feinde der Republik Venedig
Im letzten Vortrag der Sektion widmet sich Eileen Bergmann dem venezianischen Consiglio dei dieci in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Dieser erweiterte parallel zur venezianischen Expansionspolitik und zu der in ihrer Folge entstehenden Auseinandersetzung u. a. mit König Sigismund sein Handlungsspektrum und reagierte vor dem Hintergrund einer (vermeintlich) steigenden Vulnerabilität der Republik zunehmend aggressiver auf von ihm identifizierte Bedrohungen. Während der Rat das städtische Leben kontinuierlich zu kontrollieren versuchte, griff er punktuell und gezielt in das Geschehen auf dem Festland ein. Dabei ging er systematisch gegen die Feinde der Republik vor und bediente sich spezifischer Resilienzstrategien, die anhand der überlieferten Register des Rats der Zehn rekonstruiert werden.
Petra Schulte (Trier)
Schlusskommentar: Resilienz als Kategorie stadthistorischer Forschung