Birgit Aschmann (Chair of the panel)

Separate Ways. A history of emotions of current separatist movements in Europe: Catalonia, Scotland, South Tyrol and Kosovo

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Abstract

Current nationalisms form strong communities but divide societies. This can be seen in the seating arrangements in parliament, in the struggle for hegemony in streets, intonated songs, flags and in divergent national narratives. This dynamic is symptomatic of the secessionist movements that have recently taken place in Catalonia, Scotland, South Tyrol and the Balkans. These movements shift fracture lines and mark new borders. Political conflicts between “right-wing” and “left-wing”, rich and poor, step back from the new conflict between opponents and advocates of independence. The latter do not include right-wing extremists, but middle-class citizens or left-wingers of all age groups, who sometimes seem to be prepared to postpone their rational-economic benefit calculation for national independence. This makes it all the more important to trace the relevance of emotional factors in the propagation of a nationalistic habitus. Firstly, the contributions will ask which longer-term dispositions, which medium-term effective actions and which situational events must come together in order to produce the “moment of separatism” in which the struggle for independence reaches its climax. Secondly, the question of which institutional (language policy, among others), discursive (especially historical narratives) and performative means played a role in creating a specific national “emotional community”. Thirdly, we need to shed light on the national and international political network of relations in which regional nationalism is developing. Finally, we should discuss whether the different independent movements followed similar emotional/rational patterns or developed in a specific national or regional way.

Birgit Aschmann (Berlin)
„Wir haben immer nur in die Fresse gekriegt“ – Geschichtsdiskurse und Emotionalisierung im katalanischen Unabhängigkeitsprozess
Spanien erlebt seit dem Oktober 2017 einen besonders intensiven „Moment des Separatismus“: Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung bedroht akut die Einheit des spanischen Staatsverbandes. Dabei zeigte sich immer wieder der extrem hohe Emotionalisierungs- und Mobilisierungsgrad. Der Vortrag ist der Frage gewidmet, wie es zu dieser Relevanz von Emotionen kommen konnte und welche Funktionen und Folgen sie haben. Insbesondere wird es darum gehen zu rekonstruieren, welche emotionalisierenden Geschichtserzählungen eine Rolle spielen und mit Hilfe welcher (diskursiver und performativer) Mittel diese ins Gedächtnis der Bevölkerung eingeschrieben wurden.
Christiane Eisenberg (Berlin)
Kalkül oder Emotion? Schottland zwischen Exit und Brexit
Nach dem Scheitern eines Kolonialprojekts am Ende des 17. Jahrhunderts waren Schottland und seine Eliten pleite. Die „Union“ mit England im Jahr 1707, die zur Auflösung des eigenen Parlaments und zur Entsendung von Abgeordneten nach Westminster führte, erfolgte in der Hoffnung, vom ökonomischen Erfolg des Nachbarn mitgezogen zu werden. Der Schritt erschien auch risikolos, weil die Engländer das schottische Rechts- und Bildungssystem wie auch die Church of Scotland tolerierten. Es stellt sich daher nicht nur die Frage nach den Leidenschaften und Interessen jener Kräfte, die hinter dem Referendum von 2016 standen. Man möchte auch wissen, ob in den letzten 300 Jahren überhaupt eine emotionale Grundlage für Schottlands Selbstverständnis als Teil des UK gewachsen ist.
Oswald Überegger (Bozen)
„Los von Rom“. Unabhängigkeitsdiskurse in Südtirol und „Padanien“
Der Beitrag analysiert die Performanz regionaler Autonomie- und Unabhängigkeitsdiskurse aus einer emotionsgeschichtlichen Perspektive. Er geht zum einen auf die seit 1918 zu beobachtenden emotionalen „Incentives“ und die dahinterliegenden realpolitischen Entwicklungen ein, die die Frage des Verhältnisses zwischen dem Ruf nach Autonomie und/oder Selbstbestimmung in unterschiedlicher Weise und Intensität geprägt haben. Zudem geht es um die gegenwärtigen minderheitenpolitischen Positionen in Südtirol und um die Frage, welche Bedeutung der vielfach Modellcharakter zugesprochenen Südtirol-Autonomie im Kontext der aufflammenden Autonomie-Debatten in anderen italienischen Regionen zukommt.
Hannes Grandits (Berlin)
Emotionalisierung und Separatismus. Gibt es Lehren aus Kosovo (Bosnien)?
Staatskonsolidierung folgte in der Regel auf die großen Umbrüche der 1990er Jahre, in denen im post-sozialistischen Ost- und Südosteuropa ein stark gewandeltes Gefüge von Staaten etabliert worden war. EU-Annäherung bzw. Integration spielte dabei eine wichtige Rolle. „Separatismus“ ist allerdings bis heute eine latent aktivierbare Option im politischen Wettkampf geblieben. In diesem Beitrag soll mit Blick auf die politischen Dynamiken im Kosovo und in Bosnien nachvollzogen werden, wie emotionsgeladene „Momente des Separatismus“ in den letzten beiden Jahrzehnten Relevanz erhielten, allerdings letztlich ergebnislos verebbten. Daraus lassen sich einige Lehren über das Funktionieren und gesellschaftliche Auswirkungen von separatistischen Projekten ziehen.
Heinz-Gerhard Haupt (Florenz)
Kommentar