Till Kössler Janosch Steuwer (Chair of the panel)

Helicopter parents, Needy Families, Ghetto Kids. Childhood and Inquality in West German History

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Abstract

In the 1960s the concept of “equal opportunities” fundamentally changed the way, different social actors in West Germany addressed social inequality. Issues of social cohesion and social tensions as well as ways to reduce these tensions were increasingly negotiated with regards to children and through shaping childhood and child-raising. The extent to which early childhood initial conditions of individual life courses drew the attention of social scientists, politicians and the public and critical debates evolved around the diverse circumstances in which children grew up. Initially, these debates focused on economic differences, but soon they began to include further dimensions of social inequality. For all the actors involved, the concept of equal opportunities required new justifications and practices of social state intervention. As a result, Education and family policy became a core area of Federal Republic policy. At the same time, from the perspective of individual Germans, the conflicts about one’s own place in society – and that of one’s own children – increasingly centered on earlier phases of life and upbringing.

The section discusses how the design of childhood has become the basis of new forms of economic, social and cultural distinction, which are still at the centre of current debates about “helicopter parents” and “Hartz IV families”, private schools and child poverty, support for girls and migrant children. The papers presented examine the origins and intricate paths of the development outlined here with a view to different dimensions of the connection between childhood and inequality during the 1970s and 1980s.

Till Kössler (Bochum)
Einleitung
Claudia Moisel (München)
Kindeswohl, soziale Ungleichheit und die Neuausrichtung der Kinder- und Jugendfürsorge am Beginn der 1970er Jahre
Anfang der 1970er Jahre kam es in der Bundesrepublik zur Neuausrichtung der Kinder- und Jugendfürsorge. Durch einen genaueren Blick auf die konkreten Lebensumstände von Kindern rückte die Familie in den Mittelpunkt neuer kollektiver Gestaltungsansprüche. Dabei spielten bindungstheoretische Wissensbestände eine entscheidende Rolle, mit denen sich übergreifende Vorstellungen kindlicher Bedürfnisse und Ansprüche formulieren ließen, die sich im Begriff des „Kindeswohl“ bündelten. Der Beitrag untersucht die wissenschaftliche und politische Ausformulierung dieses Begriffs anhand der seit 1968 erstellten Kinder- und Jugendberichte und Familienberichte der Bundesregierung.
Meike Sophia Baader (Hildesheim)
Soziale Ungleichheit und kompensatorische Erziehung im Alternativen Milieu
Seit 1967/1968 entstanden in der Bundesrepublik von Eltern getragene „Kinderläden“ als Alternativen zum staatlichen Erziehungssystem. Ihre Initiatoren stammten überwiegend aus dem akademischen Milieu, verfolgten aber auch einen Anspruch auf Chancengleichheit, Geschlechtergerechtigkeit und kompensatorische Erziehung. Inwieweit sich die Praxis alternative Kindererziehung jedoch tatsächlich auch auf Kinder aus Arbeiter- und Unterschichtsfamilien oder aus türkische Gastarbeiterfamilien übertragen ließ, wurde zum Gegenstand kontroverser Debatten und unterschiedlicher Modellprojekte, die der Beitrag untersucht.
Sandra Wenk (Bochum)
Die Wiederentdeckung der Arbeiterkindes auf der Schulbank. Hauptschüler und soziale Ungleichheit nach der Bildungsreform
Auf die Bildungseuphorie der 1960er Jahre folgte rasch die Ernüchterung: Bereits Mitte der 1970er Jahre diskutierten die Zeitgenossen über die ‚Schattenseiten‘ der Bildungsexpansion, die sich für viele vor allem an den Hauptschulen zeigten. In der Debatte vollzog sich eine Wiederentdeckung des Arbeiterkindes im Hauptschüler, die der Beitrag anhand von Schulreportagen und Sozialbiographien verfolgt, in denen die pädagogische Situation an Hauptschulen öffentlich gemacht wurde. Dabei traten neue soziale Kategorien neben die ‚klassischen‘ sozioökonomischen Faktoren von Ungleichheit, anhand derer gesellschaftliche Brüche auf eine neue Weise verhandel- und ‚bekämpfbar‘ wurden.
Janosch Steuwer (Zürich)
„Dem Boss gehört das Haus“: Soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Hierarchien in der Kinderkultur der 1970er Jahre
Anfang der 1970er Jahre bemühten sich neue Kindermedien – Fernsehsendungen, Sach- und Bilderbücher, aber auch kommerzielles Spielzeug – Kindern altersgerechte Zugänge zu der sie umgebenden Erwachsenenwelt zu eröffnen. Spielerisch sollten sie die Welt entdecken, in der sie alltäglich lebten. Diese realistische Wende in der Kinderkultur provozierte die Frage, ob und in welcher Weise auch soziale Ungleichheiten und Hierarchien repräsentiert werden sollten oder konnten. Der Beitrag untersucht die unterschiedlichen Positionen, die verschiedene Akteure zu dieser Frage einnahmen und deren Diskussion im Spannungsfeld gegenseitiger Romantisierungs- und Politisierungsvorwürfe.
Dirk Schumann (Göttingen)
Kommentar