Thomas Blank Felix K. Maier (Chair of the panel)

What is Roman? The Search for a Roman Identity in the 1st/2nd century AD

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Abstract

Im Zuge der rasanten Erweiterung des römischen Herrschaftsgebietes seit dem 3. Jh. v.Chr. entwickelte sich das Reich zu einem Kommunikationsraum, der eine Vielzahl hochdiverser Austauschsysteme umfasste. Die Stadt Rom als Metropole des römischen Machtsystems wuchs dabei in die Rolle des zentralen Kristallisationsortes kultureller Heterogenität im Imperium. Die Intensivierung von Kulturkontakten ging jedoch nicht ohne Konflikte vonstatten. Vor allem ab der Mitte des 1. Jh.s n.Chr. lässt sich in den Quellen eine signifikante Steigerung von Ängsten gegenüber und Kritik an Fremden in Rom beobachten. Die Debatte um die kulturelle Identität Roms vollzieht sich dabei auf verschiedenen Ebenen des Gesellschaftsdiskurses und umfasst Ideen, die von gezielter Aufnahme des ‚Fremden‘ in die Definition des gesellschaftlich ‚Eigenen‘ bis hin zu extremen Form der gewaltsamen Ausgrenzung reichen. Damit verbunden war immer wieder die implizite Frage, wie sich eine Vorstellung von Romanitas für die funktionelle Abgrenzung zum Fremden überhaupt bestimmen lasse. Die drei Vorträge widmen sich folgenden inhaltlichen und methodischen Schwerpunkten: 1. Es wird zur Diskussion gestellt, in welcher Form im 1./2. Jh. n. Chr. eine konzeptuelle ‚Spaltung‘ der römischen Gesellschaft im Sinne einer verdichteten Auseinandersetzung mit dem ,Fremden‘ in Abgrenzung zum ,Eigenen‘ zu beobachten ist. 2. Die gesellschaftliche Funktion identitärer Inklusions/Exklusionsprozesse soll in ihrer Komplexität und Einheit verhandelt werden: Dabei sollen insbesondere reziproke Wirkungsweisen des ‚othering‘ auf die jeweils außenstehende Gruppe in den Blick kommen, um einem simplen binären Verständnis von Innen-/Außen entgegenzuwirken. Eine kritische Kommentierung wird Hartwin BRANDT (Universität Bamberg) am Ende der Sektion vornehmen, die aus den Vorträgen gewonnenen verbindenden Erkenntnisse und die Tragfähigkeit der Ansätze bewerten sowie das Potential für mögliche Anschlussuntersuchungen ausloten.

Benjamin Isaac (Tel Aviv)
Romans and Others in Rome and the Provinces: Varieties of Stereotypes
Benjamin ISAAC (Tel-Aviv) wird den kulturellen Grundlagen stereotyper Abwertungen des ‚Fremden’ in der römischen Gesellschaft nachgehen. Er untersucht das Paradox, warum Konzepte von Freiheit und Sklaverei, Sieghaftigkeit und Unterwerfung, politischer Tugend und Untugend oder (männlicher) Aktivität und (weiblicher) Passivität das Bild gerade der Unterworfenen und damit eigentlich ins Reich integrierten ‚Fremden‘ (v.a. der östlichen Reichshälfte) in negativer Weise formten, während sich parallel dazu ein ganz anders konnotiertes Bild von ,freien und tapferen‘ Barbaren anderer Regionen (z.B. der Germanen) entwickeln konnte.
Thomas Blank (Mainz)
Parallelgesellschaften? ‚Exkludierende Inklusion‘ am Beispiel religiöser Vereinigungen
Thomas BLANK (Mainz) wird am Beispiel religiöser Gruppierungen, die als kulturell andersartig konnotiert waren, die identitätsstiftende Funktion der ‚Alterität‘ auf Seiten der Ausgegrenzten in den Blick nehmen. Das Verhältnis zwischen Ausgegrenzt-Werden und Selbstausgrenzung ist dabei ein durchaus komplexes, weil der habituellen Abgrenzung der religiösen Gruppe (Kleidung, Haartracht, Speisevorschriften etc.) auch eine soziale Differenzierungsfunktion im Sinne der Autonomisierung ‚privater‘ Religionsausübung zukommt. Umgekehrt sind derart ostentative Formen der Selbstausgrenzung im römischen Identitätsdiskurs leicht im Sinne der politisch-moralischen Exklusion instrumentalisierbar.
Felix K. Maier (Würzburg)
Das Reich als Meer. Hadrian und die Einübung des Fremden
Felix K. MAIER (Würzburg) wird in einer Fallstudie ein neues Erklärungsmodel für die fremdenfreundliche Politik Kaiser Hadrians vorlegen. Die Hauptthese lautet: Hadrians ungewöhnliche Hybridisierung in der Architektur, die besondere Bildmotivik auf den Münzprägungen und auch seine Stilisierung als Philhellene sind nicht als Ausdruck eines rein individuellen Interesses für fremde Kulturen zu interpretieren; eher muss man davon ausgehen, dass Hadrian mit der Appropriation des Fremden ein Umdenken bezüglich der einen römischen Identität einleiten wollte und damit auf eine Entwicklung reagierte, deren problematische Auswirkungen und deren Brisanz er bereits früh antizipierte.
Hartwin Brandt (Bamberg)
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