Sören Urbansky Andrea Wiegeshoff (Chair of the panel)

Unruly scapegoats. Defiance and rebellion in port cities in the 19th and 20th centuries

Abstract

Criminal, disrespectful and unhealthy – these were just some of the attributes used to describe migrants in various regions of the world at the end of the 19th and the beginning of the 20th centuries. Some of these characterizations are still common nowadays. Our panel will focus on migrants’ attempts to resist such stigmatization. Taking colonial and metropolitan port cities as case studies, the panelists will describe minorities and their efforts to counter stereotyping and associated discriminatory practices. The presentations will discuss conflicts between different groups of migrants and the societies receiving them. The selected port cities in Europe, North America, Asia and Africa were important hubs of international trade, transportation, and migration at the turn of the century. They made visible not only the results of globalization processes but also the extent and limits of social openness in each of the cities. Internal migrants from rural areas as well as international and intra-imperial labor migrants became the target of negative projections with sometimes serious consequences. They felt the effects of negative stereotypes, and they also created their own room for maneuver to counter stereotyping and to test the limits of exclusion. By comparing geographically diverse case studies, the discussions will shed light on these discursive disputes and their consequences for the lives of minorities in port cities. Central for the panel will be questions about agency as well as race-, gender- and class-based differentiations.

Christina Reimann (Stockholm)
Deviantes Vergnügen. Binnen- und Transmigration in Göteborgs Hafen- und Vergnügungsviertel

Der Beitrag nimmt das Hafenviertel Göteborgs in den Blick. Hier entwickelte sich im späten 19. Jahrhundert ein reges Vergnügungsleben. Zu Zeiten der An- und Abreise der Überseeschiffe, wenn sich Migrant*innen aus ländlichen Regionen dort aufhielten, herrschte ein karnevalähnliches Treiben, das rasch zum Gegenstand harscher Kritik wurde. Migrant*innen und andere Menschen, deren Lebensmittelpunkt das Vergnügungsviertel war, verteidigten das kulturell, geschlechter- und sozial durchmischte Hafenmilieu und setzten dem Narrativ des Verkommenen eine Erzählung entgegen, die Göteborgs Eintritt in die Moderne ebenso prägen sollte wie die Kulturlandschaft in den neuen hafenfernen Stadtvierteln.

Andrea Wiegeshoff (Marburg)
Medical Scapegoats. Arbeitsmigranten und Seuchenausbrüche in kolonialen Hafenstädten um 1900

Der Beitrag zeigt am Beispiel der kolonialen Hafenstädte Port Louis und Honolulu, wie sich Migrantengemeinschaften gegen die Stigmatisierung als „Krankheitsherde“ wehrten. In beiden Städten wurden um 1900 (trans)imperiale Arbeitsmigranten aus Asien für Seuchenausbrüche verantwortlich gemacht und zum Ziel drastischer Gegenmaßnahmen. Die Betroffenen bemühten alternative Expertenmeinungen ebenso wie publizistische und diplomatische Unterstützung. In dieser Gemengelage wurde rasch deutlich, dass die Gruppe der Migrant*innen keineswegs an einem Strang zog, sondern vielmehr Deutungskonflikte auch innerhalb der so homogen behandelten Gruppen existierten.

Sören Urbansky (Washington, D.C.)
White Slavery. Prostitution und sinophobe Stereotype in den Chinatowns von San Francisco, Singapur und Wladiwostok

Mit Blick auf San Francisco, Singapur und Wladiwostok erläutert der Beitrag, wie sich die überwiegend männlichen Migranten aus China gegen negative sexuelle Zuschreibungen wehrten. Im Zentrum steht der Vergleich ungelöster Fälle von sogenannter „white slavery“ um die Jahrhundertwende in den drei Pazifikstädten, der eine Momentaufnahme der sozialen wie sexuellen Beziehungen zwischen chinesischen und nichtchinesischen Bevölkerungsgruppen bietet. Die Fallbeispiele offenbaren, dass Versuche, die Grenzen zwischen chinesischen Männern und weißen Frauen aufrechtzuerhalten, gescheitert waren.

Stefanie Schüler-Springorum (Berlin)
Kommentar