Migration Troubles: The Semantics of Migration and Integration in a Genealogical Perspective
Abstract
Although constantly shaped by migration, many European societies have been reluctant to understand themselves as (ethnically diverse) migration societies during the 20th and 21st centuries. Conflicts about migration, about different types of mobility and their effects, have always been more than just conflicts about migration: They have served to negotiate conflicting ways of imagining nations, empires and societies. They were used to determine what a society, culture or political system should essentially be like and how the global mobility of people, goods, and cultural meanings related to these ideas. In their presentations, the speakers approach this interplay of migration and the self-description of societies by focussing on the changing semantics of integration and migration. They ask which semantics of integration, belonging and non-belonging came to be used at different times in different German-speaking countries, which policies they helped to implement, and which conflicts about the creation of a nation, society or community evolved within these countries and beyond their borders. From an interdisciplinary perspective, we will then discuss what historians and genealogical analyses can contribute to current debates on migration, migration societies and their conflicts.
Der Begriff Migration ist heute omnipräsent. Er verweist auf einen globalen Gesamtzusammenhang menschlicher Mobilitätsformen, der durch die Linse der Migrationsgeschichte als “Normalfall” bis in die Frühzeit der Menschheit zurückverlängert werden kann. In dem Vortrag werden am Beispiel der Schweiz die Zusammenhänge zwischen den 1960er und 1990er Jahren beleuchtet, in denen sich das heutige Verständnis von Migration herausbildet, in unterschiedliche soziale Kontexte einschreibt und zunehmend gesellschaftlich etabliert.
Seit Mitte der 1970er Jahre reagierten große Teil der deutschen Gesellschaft immer offener mit unterschiedlichen Graden der Ablehnung und Abwertung auf die Erkenntnis, dass aus „Gastarbeitern“ Einwander*innen geworden waren. In den 1980er Jahren kamen die Konzepte ‚Ausländer-‘ und ‚Fremdenfeindlichkeit’ auf, die diese Haltungen und Praktiken charakterisierten. In welchen Kontexten entstanden sie und welche Erklärungsmuster boten sie an? Sollten sie neue Phänomene bezeichnen oder wurden diese in ein historisches Kontinuum gestellt? Fungierten sie letztlich als Deckbegriffe für Rassismus?
Die DDR verstand sich als antifaschistische, post-rassistische Gesellschaft, die allen Mitgliedern der Arbeiterklasse im Geiste der Völkerfreundschaft begegnete. Im Zusammenleben mit ausländischen Arbeitskräften wurde dieses Selbstverständnis auf die Probe gestellt. Der Vortrag beleuchtet, inwiefern Rassismus nicht nur im sozialen, sondern auch im sprachlichen Umgang mit ausländischen Arbeitskräften präsent war. Dabei wird herausgearbeitet, dass eine Diskriminierung von Ausländer*innen nicht nur in Form der Verletzung staatsideologischer Vorgaben stattfand, sondern sich bereits im Konzept der Völkerfreundschaft selbst manifestierte.
„Das Volk ist jeder, der in diesem Land lebt“, hielt Angela Merkel Anfang 2017 zum Wahlkampfauftakt in Mecklenburg-Vorpommern fest und bestimmte kulturelle Zugehörigkeit als Partizipation. Diese Form der Integration steht nicht nur im Gegensatz zum Schlachtruf der Pegidisten, sondern auch in einem spannungsvollen Verhältnis zum Gebrauch des Begriffs der Integration in der Geschichte der Bundesrepublik. Ziel des Vortrags ist, diese Geschichte als eine von der kulturellen zu einer postkulturellen Integration nach zu zeichnen.