Hans Beck Uwe Walter  (Chair of the panel)

Local Assessments of the World and their Claim for Universal Validity in Ancient Greece

Abstract

The panel discussion will take place in English. The audience may ask questions in German.

Uwe Walter  (Bielefeld)
Gab es überhaupt eine griechische Geschichte? Aporien und Auswege zwischen Mikroskopie und Entgrenzung

Anders als die von Anfang an klar zentrierte Römische Geschichte stellt ihr griechisches Gegenstück ein modernes Konstrukt dar; in der Antike gab es sie nicht, obwohl es selbstverständlich ein durch Sprache und kulturelle Praktiken formiertes hellenisches Bewusstsein gab. Zu den Bedingungen einer ‚griechischen Geschichte‘ gehört die überwältigende Vielfalt lokal begrenzter Akteure. Der einleitende Vortrag zeichnet nach, welche Deutungskämpfe in der Konstruktion einer Erzählung von der Geschichte der Griechen ausgefochten wurden und werden: neuerdings etwa durch den Vorschlag, Identität oder gar Essenz zugunsten von allgegenwärtiger Vernetzung zu verabschieden.

Angela Ganter (Regensburg)
Auf Kreta wurde Zeus geboren – oder doch in Arkadien? Griechische Göttermythen zwischen lokaler Deutungshoheit und kultureller Kohärenz

In Religion und Kult ist die basale Frage nach Einheit und Vielheit besonders prekär. Konkurrierende Traditionsstränge zu den Herkunftsmythen der Götter verdeutlichen den Kampf um religiöse Deutungshoheit. Zugleich verweisen sie auf die lokalen Kommunikationsräume, in denen solche Traditionen eine Rolle spielten. Der zweite Vortrag diskutiert am Beispiel der Mythen von der Geburt des Zeus auf Kreta bzw. in Arkadien, inwiefern verschiedene Gemeinwesen um Deutungshoheiten stritten und in welcher Form dies geschah. Der Beitrag spürt Deutungskämpfe zwischen lokaler Selbstbehauptung und dem Anspruch an einen kohärenten Götterhimmel auf.

Kaja Harter-Uibopuu (Hamburg)
Die Polis passt sich an. Exklusiver Rechtsschutz und die Überwindung seiner Grenzen

Als Rechtsgemeinschaft war die Polis darauf bedacht, ihre Exklusivität zu wahren und das hieß: den Erwerb der Grundvoraussetzung für eine Vollmitgliedschaft gesetzlich zu regeln. Die Grenzen des Rechtsschutzes wurden so automatisch auch zu den Grenzen der Polis. Damit entstanden wiederum lokale Rechtszentren, die – theoretisch – in sich abgeschlossen waren. Die reale Lebenswelt stand jedoch gegen einen solchen Isolationismus. Die Gemeinschaft geriet somit rasch in den Zugzwang, lokal kodierte Rechtsvorstellungen translokalen Gegebenheiten anzupassen. Der dritte Vortrag verfolgt die Auswege aus diesem Dilemma.

Hans Beck (Münster)
Die Stadt als Wahrheitsregiment. Theben im Zeitalter der Perserkriege

Die politische Selbstverortung der Bürgergemeinde in einer sich dramatisch wandelnden Welt wurde nicht nur lokal ausgehandelt, sondern mit Blick auf den lokalen Horizont vorgenommen. Am deutlichsten ist das im Genre der lokalen Geschichtsschreibung erkennbar. Lange Zeit als rückständig erachtet, gerade im Vergleich zur ‚großen‘ Geschichtsschreibung eines Herodot oder Thukydides, zeichnet sich gegenwärtig eine Neubewertung ab. Der letzte Vortrag verfolgt diese Neubestimmung am Beispiel Thebens, indem die lokalen Geschichtsschreiber dort als Sprachrohr einer lokalen Diskurswelt und den in ihr vorherrschenden Regimenten von Wahrheit und Authentizität verstanden werden.

Moderation Plenumsdiskussion – Chancen und Herausforderungen einer „blended hermeneutics“ für die Neuperspektivierung der historischen Migrationsforschung