Gender and Democracy: Contesting Patriarchy in Postwar West Germany
Abstract
Gender has not been a central category for contemporary historians in Germany, especially in the field of political history. In contrast, intersectional analysis is fundamental to our understanding of the history of democracy in other West European countries and North Americas. This panel strives to explore related questions in the case of postwar Germany by focusing on the relation between ‘democracy’ and ‘gender’ in the 20th century. Although ’gender’ has been an important category for the historiography of Weimar and also the Nazi Regime, surveys of West German history pay little attention to gender relations and gender norms. While the concept of liberal democracy appears to be gender-neutral, it incorporates a patriarchal narrative that marginalizes or even excludes women. After the Second World War, the focus on men as political actors and Nazi perpetrators on the one hand and protagonists of democracy on the other shaped society and politics in the early Federal Republic. This ‘patriarchal paradigm’ continues to shape the historiography of the period. However, in Germany too, the gender order was contested, as the heated controversies over the boundary between the public and the private as well as over voting rights and the political representation of women illustrate. Our panel seeks to explore these struggles and offers a new perspective on the history of West German democracy in which the category of gender is central. We will not only study the impact of heteronormativity as foundation of West German democracy, but also analyze gendered spaces of interaction – on the normative, discursive, and political level. By this, we seek to uncover the complex relation of democracy and gender and to discuss its implications for our understanding of postwar German history.
Die Entwürfe für eine neue Demokratie im Nachkriegsdeutschland gingen allesamt auf modifizierte europäische oder US-amerikanische Konzepte zurück. Diese setzten mehr oder weniger offen eine von männlichen Lebensweisen geprägte Staatsbürgergesellschaft voraus. Öffentlichkeit und Privatheit, Repräsentation und Partizipation wurden entsprechend geschlechternormiert definiert. Wurde diese einseitige Sichtweise von Demokratie auch in Frage gestellt? Der Vortrag stellt Debatten und Meinungen dazu aus dem politischen und kulturellen Bereich vor, insbesondere mit Blick auf Frauenorganisationen und Publizistik.
Die Geschichte der Bundesrepublik war auch die Suche nach anderen, besseren und sanfteren Männern – ausgehend von einer beschädigten und fragwürdigen Männlichkeit nach Gewaltherrschaft und Vernichtungskrieg. Zwar verteidigten viele in der frühen Bundesrepublik das Patriarchat als Grundlage der Demokratie, doch wurde die Kritik an diesem Gesellschaftsideal immer lauter. Der Vortrag untersucht Debatten über die prognostizierte Krise des Mannes von den 1950er bis in die 1980er Jahre. So lenkt er den Blick auf zentrale Motive der Demokratietheorie der Bundesrepublik, die sich aus der Auseinandersetzung um Männlichkeit und Demokratie ergeben.
Die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft beruhte auf dem Wert der patriarchalen Familie – gerade weil die meisten Familien durch Vernichtungspolitik, Krieg und Flucht/Vertreibung fragmentiert waren. Erst ab den 1960er Jahren argumentierten die 1968er Bewegung und vor allem die neue Frauenbewegung, die Unterdrückung von Frauen und Kindern gefährde die Demokratie. Unter dem Schlagwort „Das Private ist politisch!“ forderten Frauen Entscheidungsrechte über ihre Körper, ihre Berufstätigkeit und ihre Familienfunktionen. Der Vortrag interpretiert das Ringen um die Familie und ihre Geschlechterrollen als Schrittmacher der Debatten um die demokratische Gesellschaft nach 1945.