Torsten Hiltmann Mareike König (Chair of the panel)

Enlarging Interpretation. Challenges of Historical Knowledge Acquisition with Digital Sources and Methods

Abstract

The section deals with new possibilities of interpretation through the use of digital methods and sources and treats the question how these relate to previous interpretations based on analogue methods. This will be demonstrated in two main areas: “Digital Sources and their Challenges” on the one hand and “Geographical Information Systems (GIS) and their Knowledge Potential for Historical Studies” on the other. The four lectures will discuss the epistemological challenges and methodological decisions faced by digital projects with regard to the use of their methods and the investigation of their sources, across epochs and topics. Furthermore, they will discuss which research questions and answers can thus be added to previous historical interpretations and how our previous interpretative frameworks can be expanded as a result. With the changed demands on source and methodological critique in the digital world, the section also takes up a current debate within the digital history and will present it for discussion to a wider audience of experts at the Historikertag.

Mareike König (Paris) Torsten Hiltmann (Berlin)
Digitale Quellen und Methoden als epistemologische Herausforderung – Einleitung der Sektion

Der digitale Wandel, der auch die Geschichtswissenschaften erfasst hat, bringt viele Veränderungen in Forschung und Lehre mit sich. Für die Geschichtswissenschaften heißt das nicht nur, dass sich der Zugang zu vielen Quellen deutlich verbessert hat und neue Darstellungs- und Vermittlungsformen entstanden sind. Auch die historische Wissensproduktion selbst ist durch die Möglichkeit zur Anwendung neuer digitaler Analysemethoden von diesem Wandel nicht ausgenommen. Der einleitende Vortrag wird in die wesentlichen epistemologischen Herausforderungen der neuen digitalen Quellen und Methoden einführen, wie sie aktuell in den digitalen Geschichtswissenschaften diskutiert werden, und damit den Rahmen für die nachfolgenden Beiträge setzen.

Simon Donig (Passau)
Deutungskämpfe im Netz. Anlassbezogen generierte Webarchive als Quelle für eine Zeitgeschichte politischer Diskurse: Erschließungsstrategien, epistemologische Herausforderungen

Mit der ereignisbezogenen Anlage von Webarchiven eröffnet sich der digitalen Geschichtsforschung eine Möglichkeit, sich Fragen der Positionierung politischer Akteure durch die Konstruktion und Übernahme spezifischer Narrative und Vokabulare anzunähern. Am Beispiel der Europawahl 2019 thematisieren wir Webarchive als Instrument zeithistorischer Forschung. Dabei zeigen wir, wie aus umfangreichen Archiven relevante Informationen extrahiert und wie diese mit informatischen Methoden wie Topic Modelling einer Auswertung zugänglich gemacht werden können. Zugleich stellen wir Überlegungen zu einer Quellenkritik von Webarchiven an.

Marten Düring (Luxemburg)
Das impresso-Projekt und der Weg zu einer computergestützten Heuristik und Quellenkritik

impresso. Media Monitoring of the Past ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus der Computerlinguistik, Design und den Geschichtswissenschaften an der Anreicherung eines Korpus aus schweizerischen, luxemburgischen, französischen und US-amerikanischen Zeitungen arbeiten. Ziel ist es, die Qualität von text mining Werkzeugen für historische Zeitungstexte zu verbessern, historische Zeitungen mit zusätzlichen Informationen anzureichern und diese mit Hilfe einer neu entwickelten Benutzeroberfläche (https://impresso-project.ch/app/) in den historischen Forschungsprozess zu integrieren.

Monika Barget (Mainz)
Historische Zugehörigkeiten im Wandel der Zeit – die besonderen Herausforderungen für GIS-Projekte zur Frühen Neuzeit

Geoinformationssysteme sind ein fester Bestandteil der digitalen historischen Forschung, bringen jedoch besondere Herausforderungen für die Bearbeitung vor-neuzeitlicher Daten mit sich. Das Institut für Europäische Geschichte in Mainz arbeitet an datenbankgestützten Visualisierungen ausgewählter Räume des Alten Reichs, die über die digitale Kartographie hinausgehen und vor allem der Erfassung mobiler Personen und Dinge dienen. Geodaten werden vorrangig Punkt-basiert erfasst. Außerdem werden gängige Ortsattribute um Handlungsmerkmale wie tatsächlich ausgeübte Rechte oder Korrespondenzbeziehungen erweitert. Damit tragen wir zur Relativierung traditioneller Grenzwahrnehmungen und zu einer geisteswissenschaftlich fundierten Datenkritik bei.

Sebastian Bondzio (Washington D.C.)
Historical Big Data - Deutungskämpfe um die Osnabrücker Gestapokartei

Durch die erste maschinenlesbare Digitalisierung einer historischen Großkartei stehen der Geschichtswissenschaft nun digitale, historische Massendaten zu rund 48.000 Personen zur Verfügung. Deren quellenkritische Reflexion lenkt den Blick allerdings weg von individuellen Opferschicksalen und richtet ihn auf die Gestapo als Produzentin des historischen Vorratsdatenspeichers. Eine umfangreiche Analyse des institutionellen Wissensbestands liefert in erster Linie also Erkenntnisse über die Gestapo selbst und regt darüber an, Zugänge zu administrativen, seriellen Quellen im digitalen Zeitalter zu diskutieren.