Elke Stadelmann-Wenz Henrik Bispinck Sebastian Richter (Chair of the panel)

Dealing with GDR History in the 1990s. Actors – Topics – Terms of Disourse

Abstract

In the years following the collapse of the SED-regime in 1989 and the rapid progress towards German unification the GDR was at the centre of public and academic historical debates. Dealing with the East German past took place within the special setting of the GDR’s accession to the Federal Republic of Germany (FRG). In this process it wasn’t only the state structures that were transferred. Along with the FRG’s political, academic and social institutions came a specific system of values with regard to the culture of remembrance. Among those who took part in the debates concerning the historical significance of the GDR in the context of German history were East German civil rights activists, historians from both the West and the East as well as West German representatives of Politics of Memory. The session is concerned with these debates, those involved as well as themes and conflicts, which were important for contemporary historical research during the 1990s and continue to have an impact today. It examines which actors determined topics of discourse. The underlying hypothesis assumes that East German agents had to adapt to the existing West German terms of discourse if they wanted to become a part of the institutionalized debate on GDR history. Contributions in each section are dedicated to different areas of activity concerning historical research and reappraisal. They aim to classify them with regard to their specific terms of discourse. Thus, they do not seek to continue the contemporary scholarly and historical-political debates. Instead, the goal is to historicize them and to examine them as a key issue of an emerging unified society.

Sebastian Richter (Berlin)
Spielwiese Aufarbeitung? Frühere Bürgerrechtler und bundesdeutsche Geschichtspolitik nach 1989

Sebastian Richter hinterfragt, ob die öffentlich hervorgehobene Rolle früherer Bürgerrechtler in den politisch-historischen Auseinandersetzungen nach 1989 einem realen Einfluss auf die Deutungskämpfe über die DDR entsprach. Er geht der These nach, dass im politik-institutionellen und erinnerungskulturellen Gefüge der Bundesrepublik aus dieser heterogenen Akteursgruppe heraus geschichtspolitischer Einfluss nur dann geltend gemacht werden konnte, soweit er – bei gleichzeitiger Marginalität anderer bürgerrechtlicher Politikziele – als (partielle) Bestätigung bestehender DDR-Narrative vorgebracht und eingesetzt wurde.

Henrik Bispinck (Berlin) Ann-Kathrin Reichardt (Berlin)
Allzweckwaffe Zeitzeuge? Forschung und Zeitzeugenschaft im Deutungskampf um die DDR-Geschichte

Ann-Kathrin Reichardt und Henrik Bispinck befassen sich mit den Ursachen für den hohen Stellenwert, der Zeitzeugenaussagen sowohl in der öffentlichen Auseinandersetzung als auch in der historischen Forschung zur DDR-Geschichte nach 1990 zugemessen wurde. Darauf aufbauend geht es um die Gründe, warum in den 1990er Jahren bestimmte Persönlichkeiten als Zeitzeugen ausgewählt wurden (und andere nicht) und darum, wie diese Auswahl Deutungskonflikte zur DDR-Geschichte in Wissenschaft und Öffentlichkeit langfristig prägte.

Krijn Thijs (Amsterdam)
Überforderte Evaluierung. Wie Gutachter aus dem Westen den Geisteswissenschaften der (ehemaligen) DDR begegneten

Krijn Thijs untersucht die Praktiken, Erfahrungen und Ergebnisse der Arbeit der Gutachtergremien im Evaluierungsverfahren der Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR. Am Beispiel der Arbeitsgruppe Geisteswissenschaften des Wissenschaftsrates zeigt er, dass bei den „Erkundungsreisen“ der westdeutschen Gutachter ostdeutsche Gesprächspartner auf Augenhöhe fast völlig fehlten und dass bundesdeutsche Erwartungsrahmen und Diskussionslinien in den Osten hinein verlängert wurden. Diese Konstellation, so die Ausgangsthese, hat dazu geführt, dass die „Vereinigungs“-konflikte des Jahres 1990 die ostdeutsche Forschungslandschaft auf viele Jahre prägten.

Elke Stadelmann-Wenz (Berlin)
Akteure als Leerstelle? Die hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit in Forschung und Aufarbeitung

Elke Stadelmann-Wenz beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen gesellschaftspolitischer Aufarbeitung und geschichtswissenschaftlicher Forschung mit Blick auf die hauptamtlichen und die inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Dabei geht sie der Frage nach, warum diese eigentlichen Akteure der ostdeutschen Geheimpolizei, die in der öffentlichen Diskussion in den Jahren nach dem Mauerfall im Mittelpunkt standen, in der historischen Forschung merkwürdig unterbelichtet blieben – und welche Folgen dies bis heute zeitigt.

Detlef Pollack (Münster)
Kommentar
Irmgard Zündorf (Potsdam)
Moderation der Schlussdiskussion