Julia Angster Almuth Ebke (Chair of the panel)

Contemporary History and the Crisis of the National Imaginary

Abstract

This panel intends to analyse the narrative of the “end of the nation state” in the age of globalisation. We are interpreting this narrative as a symptom of the erosion of a ‘national imaginary’: since around 1990, the national framing of politics, society, history, and culture has ceased to be self-evident. Politicians and commentators alike often blame the processes of globalisation for this development. This interpretation, however, fails to acknowledge that globalisation and the end of the nation state are not neutral observations of reality, but mutually reinforcing political and historical narratives. By looking at the debates surrounding its erosion, this panel therefore aims at historicising the national imaginary and its liberal political order. Individual and group identity, liberal democracy and historiography have been closely entwined by notions of the national. The panel will discuss these interconnections and explore how the erosion of the national imaginary affected historiography itself.

Julia Angster (Mannheim) Almuth Ebke (Mannheim)
Einführung
Almuth Ebke (Mannheim)
Die Debatte um nationale Identität in Großbritannien und die Historisierung der Nation

Die Frage, wofür Großbritannien stehen kann und soll, war nicht erst im Zuge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union Gegenstand kontroverser Debatten. Bereits in den 1990er und 2000er Jahren diskutierten politische und kulturelle Eliten, welche Eigenschaften am Ende des 20. Jahrhunderts die britische Identität definieren sollten. Britische Historiker waren schon früh an diesen Debatten beteiligt und beeinflussten stark deren Parameter. Der Vortrag fragt nach dem Zusammenhang von diesen Auseinandersetzungen um „Britishness“ und der Historisierung der Nation als Analyseperspektive – ein Zusammenhang, der symptomatisch für die Perspektive der Denationalisierung ist.

Julia Angster (Mannheim)
Die Krise der liberalen Demokratie als Krise der nationalen Ordnung

Der Vortrag vertritt die These, dass die derzeit häufig diagnostizierte Krise der liberalen Demokratie als Krise der nationalen Ordnung gedeutet werden kann, nämlich als Erosion der Vorstellung von Demokratie als Selbststeuerung einer Gesellschaft im territorialen Rahmen des Nationalstaats. Die liberale Demokratie ist auf vielfältige Weise in die nationale gedachte Ordnung eingeschrieben. Sie verbindet Staat, Gesellschaft und Individuum miteinander im umgrenzten Territorium des Nationalstaats. Ihre Infragestellung macht nun sichtbar, wie zentral der nationale Denkrahmen für diese politische und gesellschaftliche Ordnung war.

Silke Mende (Münster)
„Europäisierung“ der Zeitgeschichtsschreibung als „Denationalisierung“ der Perspektive?

Demokratiekonzepte und demokratische Praxis korrespondieren historisch eng mit einem nationalstaatlichen Rahmen sowie damit verbundenen Konzepten wie Staatsterritorium und Staatsbürgerschaft. Ungeachtet transnationaler Trends ist der „Container Nationalstaat“ für die Geschichtsschreibung der Demokratie weiterhin recht solide. Wie lässt sich eine Zeitgeschichte von Demokratie und Parlamentarismus stärker jenseits des Nationalstaats perspektivieren? Anhand dieses Beispiels nimmt der Vortrag aktuelle historiographische Perspektiven in den Blick und fragt nach einer verstärkten „Europäisierung“ der Zeitgeschichtsschreibung, die zugleich Symptom für eine Denationalisierung der Perspektive ist.

Andreas Wirsching (München)
Kommentar