Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Diversity - Geschichte - Geschichtsdidaktik. Einführende kategoriale Überlegungen.

Referent/in: Michele Barricelli / Martin Lücke

Abstract:
Die Zivilgesellschaften unserer globalisierten (auch ökonomisierten, individualisierten, digitalisierten Welt) sind heute infolge erdumspannender Wanderungsströme unhintergehbar heterogen. Die begleitenden wissenschaftlichen bzw.  politischen Diskurse werden demgemäß nicht mehr nur um Maßnahmen der Einheit oder des Zusammenhalts im imaginierten Kollektiv geführt, sondern unter der Intention eines re-imagining of nationhood and belonging um die Anerkennung des Subjekts und den Umgang mit authentischer Differenz in multireferentiellen Lebenskontexten. Das in dieser postnationalen und postintegrativen Konstellation momentan einflussreichste forschungsleitende Paradigma ist jenes der „Diversität“; dies gilt auch für unsere Disziplin: Geschichte – einst als herrschaftslegitimierendes, gesellschaftshomogenisierendes Element gedacht – soll heute als Ressource einer Weltgemeinschaft dienen, welche die Vielfalt und Diversität ihrer Mitglieder achtet, aber zugleich die notwendige, da handlungssichernde Kohärenz gewährleistet. Für die Bewältigung dieser Herausforderung besitzt eine narrativistisch orientierte Geschichtsdidaktik mit ihren zentralen Kategorien des Geschichtsbewusstseins und der historischen Sinnbildung eine tragfähige theoretische Basis. Sie kann zeigen, wie die komplexen, multiperspektivischen Geschichten im multicultural history classroom lehrbar zu machen sind. Dabei gilt es zu klären:

  • Wie müssen die neuen Mikro-Narrative beschaffen sein, welche die Autonomie der Aktiven respektieren und die Geschichtssubjekte in ihren heterogenen Lebenswelten verlässlich sprachfähig machen?
  • Welche (multi-)kulturinkludierenden Erzählstrategien ermöglichen die dringend nachgefragte gemeinsam geteilte historische Sinnbildung („shared history“)?
  • An welchen Schnittstellen (intersections) kommt die Konflikthaftigkeit von Geschichte innerhalb einer zu bewältigenden Lebenspraxis durch voneinander trennende Narrative zum Vorschein („divided history“)?

Wie geht der Geschichtsunterricht mit innovationsrückständigen politischen Rahmenbedingungen und normativen Bildungsvorsätzen um?

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