Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

"Whose world is it?": Natur und Umwelt als gemeinsames Erbe der Menschheit nach 1945

Referent/in: Anna-Katharina Wöbse (Genf)

Abstract:
Auf der ersten internationalen Naturschutzkonferenz nach dem Zweiten Weltkrieg, die 1949 unter der Ägide der Bildungsorganisation UNESCO stattfand, forderten französische Naturschützer und ihre internationalen Kollegen die Regierung in Paris offiziell auf, einen gleichermaßen eigenartigen und artenreichen Landstrich im Rhone-Delta, die Camargue, unter die Aufsicht eines internationalen Kontrollrates zu stellen. Da die einzigartige Diversität der Marschlandschaft einen universellen Wert besitze, reiche der bisherige staatliche Schutzstatus nicht aus. Die periphere Camargue sei vielmehr für die ganze Menschheit bedeutsam. Dieser Forderung nach einer Aufweichung der Souveränität wirft ein Schlaglicht auf die höchst spannenden und teilweise radikalen Neuinterpretation von Natur und Umwelt als gemeinsames Erbe der Menschheit nach  1945.

Das Papier untersucht die kontroversen Debatten der Nachkriegszeit über gemeinsame Räume und Güter innerhalb der UN-Familie. Es zeichnete sich rasch ab, wie sehr die Interpretation eines globalen Erbes divergierte. Im Forum der Vereinten Nationen öffnet sich nicht nur der Ausblick auf die Auseinandersetzungen über Natur als passiver Ressourcenlieferantin, die zum Wohl der wachsenden Erdbevölkerung nachhaltig auszubeuten sei, sondern auch die Entdeckung einer neuen Vernetztheit zwischen Akteuren einerseits, und zwischen Menschheit und Umwelt andererseits. Die Welternährungsorganisation FAO propagierte beispielsweise eine systematische Nutzung der „unterfischten Meeresregionen“ oder der „unerschlossenen tropischen Wälder“, während die UNESCO für eine systematische Erforschung ökologischer Gesamtzusammenhängen, Fragilitäten und Unantastbarkeiten plädierte. In beiden Herangehensweisen spiegeln sich Verlusterfahrungen und Aneignungsprozesse, die grundlegend für das historische Verständnis der sich formierenden Globalisierungsdiskurse sind.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

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