Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

GeschichtspolitikEN – Alternative Formen der Vergangenheitsdeutung am regionalen Beispiel

Referent/in: Mateusz J. Hartwich

Abstract:
Auf den ersten Blick ließ die offizielle Geschichtspolitik der Volksrepublik Polen wenig Spielraum zu. Das Bündnis mit der Sowjetunion erzwang eine einheitliche Auslegung  der Zeitgeschichte, mit der besonderen Betonung des Zweiten Weltkriegs als Grundlage des kommunistischen Hegemonialanspruchs. Zudem versuchten die Machthaber von der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei durch selektiven Rückgriff auf die Nationalgeschichte ihre Legitimation im Volk zu stärken.

Gegen-Erinnerungen wurden dabei mit allen Mitteln, nicht zuletzt der Zensur, unterdrückt oder ins Exil gedrängt. Während der gesamten Epoche der Volksrepublik existierten in London, Paris und München (Radio Freies Europa) wichtige Zentren alternativer Geschichtsdeutungen. Neben den Freiräumen, die sich im katholischen Milieu erhalten haben bzw. geschaffen wurden, stellten diese grenzüberschreitenden Einflüsse eine wichtige Voraussetzung für die oppositionelle Geschichtsnarration, die sich seit den späten 1970er Jahren in Polen herausbildete (KOR, Solidarnosc), dar.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen soll in dem Referat am regionalen Beispiel des südlichen Niederschlesien die Wirkung der genannten Faktoren auf die lokale Erinnerungskultur analysiert werden. In diesem Kontext kam erschwerend hinzu, dass sich die nach 1945 neu angesiedelte Bevölkerung mit der Erinnerungskultur der Deutschen konfrontiert sah – sei es in Form von physischen Zeichen in der Landschaft, sei es im Schrifttum der Vertriebenenverbände. Zwischen den Polen: offizielle Geschichtspolitik – Gegen-Erinnerung von Opposition und katholischer Kirche – auswärtige Interpretationen und letztlich lokalen Identitätsstrategien musste sich die Bevölkerung eigene Formen und Nischen von Erinnerungskultur erarbeiten.

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