Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Arbeiten im Donbass unter Stalin und Hitler - Perspektiven einer Erfahrungsgeschichte

Referent/in: Tanja Penter (Hamburg)

Abstract:
Als wichtigstes Steinkohlenrevier der Sowjetunion spielte das in der heutigen Ostukraine gelegene Donezbecken (Donbass) sowohl für die forcierte Industrialisierung unter Stalin in den 1930er Jahren als auch für die Ausbeutungspolitik der deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg und für den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Sowjetstaates nach 1945 eine zentrale Rolle. Die Entwicklung der Region ist in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in besonderem Masse durch den Einsatz von unterschiedlichen Formen der Zwangsarbeit geprägt worden. Für die Bevölkerung der Region verband sich die Abfolge stalinistischer und nationalsozialistischer Herrschaft mit Gewalt- und Terrorerfahrungen aber auch mit spezifischen Arbeits- und Alltagserfahrungen, die neben Bruchstellen auch überraschende Kontinuitäten aufwiesen.

Es soll diskutiert werden, welche Bedeutung den verschiedenen Formen von Zwangsarbeit für die regionale Entwicklung des Donbass und seiner Bevölkerung zukam. Welche Funktionen erfüllte die Zwangsarbeit? Wie waren die jeweiligen Zwangsarbeitergesellschaften aufgebaut und wie groß war der wirtschaftliche Nutzen des Zwangsarbeitereinsatzes? Eine weitere Leitfrage konzentriert sich auf die Bedeutung von (Zwangs-)Arbeitserfahrungen für die Herausbildung von Identitäten und Loyalitäten und die Herrschaftsausübung des Zentrums an der Peripherie.

Über einen erfahrungsgeschichtlichen Ansatz werden dabei Fragestellungen und Perspektiven der Stalinismus- und der Besatzungsforschung – zweier Forschungsfelder, die bisher weitgehend getrennt voneinander behandelt wurden – zusammengeführt. Im Ergebnis erfolgt ein Diktaturvergleich „von unten“, der nach Kontinuitäten und Brüchen in der Arbeits- und Alltagserfahrung der Menschen unter beiden Herrschaftssystemen fragt.

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