Sebastian Jobs Caroline Mezger (Sektionsleitung)

Uncertainty and Power: Rumours as Historical Events in Europe and North America

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Abstract

Rumours classically enjoy a bad reputation: as imaginative embellishments on stories or as collective speculations in times of unclear information, they seem to merely distract from objective facts or prevent a constructive discussion of history. For historians, however, they offer the possibility to better understand how historical actors, especially in crisis situations and communicative states in emergency, tried to make sense of their environment and thereby gained agency. The role of rumours, false reports and uncertain knowledge, however, goes beyond purely functional "emergency solutions": they served as distractions and entertainment, they could be used strategically or tactically to exert political influence, they can be used to analyze the values and fears of historical actors, they were imaginaries of the future, hope and fears and they had a socially inclusive and exclusionary effect. With these emotive and socially constructive qualities, rumours themselves go beyond the mere communication of historical circumstances or events - for historians, they themselves become events that performatively opened up spaces for action.

In our section, we will examine, from a comparative regional and cross-epochal perspective, the significance of rumours as forces of historical change. To what extent did rumours reflect an individual struggle to make sense of empirically uncertain situations? What do rumours tell us about the social realities and cultural images of past societies? Could rumours, as self-empowerment, also create truths?

Felix Berge (München)
Funktionen und Folgen der „Gerüchtemacherei“ in der nationalsozialistischen Mehrheitsgesellschaft im Zweiten Weltkrieg

Der Vortrag blickt auf die gesellschaftlichen Funktionen und Folgen der „Gerüchtemacherei“ in NS-Diktatur und Kriegsalltag. Gerüchte wurden nicht bloß „gestreut“ oder „liefen“ durch das Land, sondern wirkten abhängig von konkreten Austauschsituationen von Versorgung bis Überleben. Als Deutungshoheit vermochte es die informelle Kommunikation, so die Annahme, Gesellschaft situativ zu konstituieren. Dabei artikulieren die Informationsformen – als eigensinnige Aneignung und bewusste Verbreitung – differenzierte Zugänge zum Agieren der Bevölkerung: Wer sich in einer unsicheren Krisenzeit die Gerüchte gezielt aneignen konnte, erschloss sich eigene Vorteile.

Katrin Horn (Bayreuth)
„Said to be“ - Schreiben über Gerüchte, Vorurteile und Vorwürfe

Um die Bedeutung von Gerüchten als Quellen für historische Diskurse zu beleuchten, widmet sich dieser Vortrag zwei Bildhauerinnen, die in den 1850ern bis 1870ern in Rom lebten, dabei aber US-amerikanischen Käufer*innen bedienten: Harriet Hosmer und Edmonia Lewis. Beide waren in der zeitgenössischen Berichterstattung enorm präsent, jedoch nicht immer positiv: Hosmer wegen ihres maskulinen Auftretens und Beziehungen zu Frauen, Lewis auf Grund ihrer Chippawa-/afroamerikanischen Abstammung. Diese „fragilen Fakten“ von Gerüchten und Vorurteilen in der transnationalen Berichterstattung werden Basis für die Analyse von Charakteristika des sich ausdifferenzierenden Printmarktes der USA.

Olaf Stieglitz (Leipzig)
Bettgeflüster – Sexuelle Gerüchte und ihre produktive Rolle für eine Kulturgeschichte der USA nach 1945

J. E. Hoover, der Direktor des FBI, führte eine Kartei über die sexuellen Vorlieben prominenter Landsleute – mit vermeintlichem Wissen über Sexualität wurde im Kalten Krieg Politik gemacht. Auch jenseits der politischen Dimension, spielten sexuelle Gerüchte eine produktive Rolle in den USA dieser Zeit. Der Beitrag zeigt, wie sexualisierte Sprache und das Etikett angeblich ‚devianter Sexualität‘ die Neuaushandlung der Geschlechter- und Sexualitätsordnungen strukturierten. Der Vortrag wird auf Basis von Primärquellen verdeutlichen, wie dicht Menschen in den USA von einem Gewebe sexueller Gerüchte umgeben waren, das ihnen Gewissheit über ihre Sexualität sowie diejenige ihrer Nachbarn versprach.

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