Transnational Entanglements in the Polish Lithuanian-Saxon Union. A New Approach to the Study of the History of East Central Europe in the 18th Century
Abstract
The history of Saxony, Poland, and Lithuania, as well as Belarus and Ukraine, are closely intertwined due to their shared heritage of the Saxon-Polish-Lithuanian Union from 1697 to 1763 under the King-Electors August II and August III. Due to the dominant national focus of research, this period was long treated with little regard in the respective countries. However, for some time now, European perspectives have played an increasingly important role in research, helping to overcome often stereotypical national viewpoints. At the same time, research has recently focused intensively on phenomena of cultural contact, exchange, interweaving, and hybridization of societies, as well as specific premodern forms of rule such as personal unions and composite states. Supposedly secure facts about the Union are being questioned by these new perspectives, and traditional interpretations are proving to be fragile.
The aforementioned changes in perspective offer numerous starting points for a new approach to researching the history of Central Eastern Europe in the 18th century, but cross-border cooperation on this topic has not yet been well established. The aim of the section is to discuss the respective research traditions and explore the opportunities for transnational research on interweaving, cultural transfer, and knowledge circulation with historians from Poland, Lithuania, and Germany. Examples will be examined that fall under overarching themes such as networks, communication, and objects/materiality.
The focus is deliberately not only on the period of the Union from 1697 to 1763 but on the "long" 18th century as a whole, to make the longer-term effects on the mentioned fields visible in the longue durée from the late 17th to the early 19th century.
Part I: Panel discussion - Researching the Union in Poland, Lithuania and Germany. State of research and comparative perspectives
Part II: Polish-Lithuanian-Saxon Interdependencies in the 18th Century
Part III: Final discussion
In der Diskussion werden die unterschiedlichen historiographischen Traditionen bei der Erforschung der polnisch-litauisch-sächsischen Union in den betreffenden Nationalstaaten beleuchtet und mit Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede diskutiert.
Die Union mit Sachsen stellt eine der am wenigsten erforschten Epochen in der frühneuzeitlichen polnischen Geschichte dar. Die Forschung hat Johann III. Sobieski, der als Sieger der Schlacht von Wien in die Geschichte einging, und Stanislaus II. August, während dessen Herrschaft Polen von der europäischen Landkarte verschwand, weitaus mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden allerdings zunehmend Versuche unternommen, die traditionell negative Beurteilung der Union zu revidieren und ein differenzierteres Bild zu entwerfen.
Die Zeit der Union mit Sachsen wurde von der litauischen Wissenschaft lange Zeit negativ beurteilt. Historiker argumentierten, dass in dieser Zeit Russland und Preußen erstarkten, so dass sie bei den Teilungen eine wichtige Rolle spielen konnten, während die innere Zerrüttung des Commonwealth alle Bereiche des öffentlichen Lebens erfasste. Die sächsische Periode wurde als Anarchie beschrieben, während Ereignisse, die dieses negative Bild hätten widerlegen können, absichtlich nicht berücksichtigt wurden. Die jüngste litauische Geschichtsschreibung ist stark von der neuen polnischen Sicht auf die Union geprägt, die die sächsische Periode als eine entscheidende Etappe auf dem Weg zur Bildung eines modernen Staates ansieht.
Wenn Karlheinz Blaschke die polnisch-sächsische Union als einen Irrweg der sächsischen Geschichte bezeichnete, sagt dies viel über die Einordnung der Union in der deutschsprachigen Historiographie aus. Sie war lange geprägt von der älteren preußischen und sächsischen Landesgeschichte, die die gleichberechtigten deutsch-polnischen Beziehungen als irrelevant ansahen. Die aus dieser Sicht erfolglose Episode der sächsischen Geschichte fand unter deutschen Historikern wenig Beachtung und wurde zumeist auf den sächsischen Unionsteil beschränkt. Auch in den letzten dreißig Jahren entstanden nur in wenigen Bereichen, zum Beispiel der Kunst- und Musikgeschichte, detailreiche und tiefgreifende Arbeiten, während eine sozial-, politik- und kulturgeschichtliche Beschäftigung mit der Union weiter aussteht.
Chancen einer modernen Netzwerkforschung zu Polen-Sachsen sind bisher nicht aufgegriffen worden, obwohl Tausende von polnischen und sächsischen Adligen, Beamten, Handwerkern, Militärs und „Spezialisten“, die jeweils zeitweise oder dauerhaft im anderen Teil der Union tätig waren, breite Spuren in der archivalischen Überlieferung der gesamten Großregion hinterlassen haben. Insbesondere Korrespondenzbestände und Briefarchive sind geeignet, polnisch-sächsische Netzwerke des 18. Jahrhunderts und deren sozioökonomische und kulturelle Grundlagen und Funktionsweisen zu erforschen. Auf der Basis von drei mikrohistorischen Sonden sollen die Chancen der Erforschung solcher Bestände skizziert werden. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Praktiken der Mehrsprachigkeit in einer multikulturellen Großregion.
Eine der Folgen der sächsisch-polnisch-litauischen Union war die Intensivierung der Wanderungsbewegungen, an denen verschiedene Berufsgruppen beteiligt waren. Dies förderte den Aufbau gegenseitiger Beziehungen und die Entwicklung zahlreicher Formen der Kommunikation, wodurch die Voraussetzungen für den Transfer von Wissen und Ideen geschaffen wurden. Beispielhaft soll dies anhand der Aktivitäten von Buchhändlern und Druckern wie Michal Gröll gezeigt werden, die durch ihre Initiativen im Bereich der Presseentwicklung und der polnisch-deutschen Übersetzungen eine wichtige Rolle als Vermittler im Kulturtransfer zwischen Sachsen und Polen-Litauen im 18. Jh. spielten.
Die Entscheidung, das „Sächsische Schloss“ im Zentrum Warschaus wieder aufzubauen, hat eine hitzige Debatte ausgelöst, aber auch ein Nachdenken über die “sächsische Zeit” und über das materielle und immaterielle Erbe der sächsisch-polnisch-litauischen Union. Sind es nur die prächtigen Meißner Porzellanwaren und der von August II. gestiftete Orden des Weißen Adlers – die älteste und wichtigste polnische Staatsauszeichnung, deren Geschichte das Schicksal des polnisch-litauischen Staates in den letzten drei Jahrhunderten widerspiegelt? Oder welche weiteren Objekte können zum Erbe der „sächsischen Zeit“ Polens gezählt werden?
Eine der Folgen der sächsisch-polnisch-litauischen Union war die Intensivierung der Wanderungsbewegungen, an denen verschiedene Berufsgruppen beteiligt waren. Dies förderte den Aufbau gegenseitiger Beziehungen und die Entwicklung zahlreicher Formen der Kommunikation, wodurch die Voraussetzungen für den Transfer von Wissen und Ideen geschaffen wurden. Beispielhaft soll dies anhand der Aktivitäten von Buchhändlern und Druckern wie Michal Gröll gezeigt werden, die durch ihre Initiativen im Bereich der Presseentwicklung und der polnisch-deutschen Übersetzungen eine wichtige Rolle als Vermittler im Kulturtransfer zwischen Sachsen und Polen-Litauen im 18. Jh.