Gerald Schwedler Grischa Vercamer (Sektionsleitung)

How Elastic Is the Truth? Methods and Results of Medieval Historiographical Research

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Abstract

Truth claims, alternative perspectives and fragile arguments have always been areas of investigation in historiography research. Since its inception, historiography has developed increasingly sophisticated tools such as methods for critical evaluation, which not only stand for reflective analysis of medieval media strategies, but also strengthen judgment in relation to current discourses challenged by concepts like alternative facts. In this regard, medieval historiography research offers a highly differentiated, critical toolkit for evaluation, as well as a methodological treasure trove in dealing with different claims to facticity.

The section demonstrates the diversity of instruments for analyzing historiographical techniques through various deep dives into different areas of late medieval historiography. For example, history books commissioned by rulers or princes, such as the Gesta Friderici Ottos von Freising or the Fürstliche Chronik Jakob Mennels, aimed to portray their reign in an especially positive light for contemporaries and posterity. Other unwanted events were distorted, omitted, or simply ignored. Historiography research can show how collective disregard for divergent positions through standard narratives, selection, or panegyric elevation - a cancel culture avant la lettre - should shape posterity.

The aim of the section is therefore to demonstrate in detail the differentiated tools and methods for analyzing historiographical texts using examples from later medieval historiography and to raise awareness of their importance for current debates on fragile facticity.

Jean-Marie Moeglin (Paris)
Einführung
Gerald Schwedler (Kiel)
Die sieben Künste des Verschleierns: Wahrheitstechniken in der Geschichtsschreibung des späteren Mittelalters

Der Beitrag zu den „Sieben Künsten des Verschleierns“ widmet sich den weniger offensichtlichen literarischen Überzeugungstechniken historiographischer Texte im späteren Mittelalter. Dabei geht es insbesondere um die indirekten und impliziten sprachlichen Mittel zur Herstellung von Glaubwürdigkeit, Wahrhaftigkeit und Wahrheit. Auf der breiten Basis spätmittelalterlicher Geschichtsschreibung werden die Instrumentarien und Methoden von Ausklammern, Übergehen, Weichzeichnen, Relativieren oder auch Verschweigen veranschaulicht, mit denen wegen oder gerade trotz fragiler Faktenlage das Geschichtsbild künftiger Generationen geprägt werden sollte.

Andrzej Pleszczyński (Lublin)
'Geschminkt und retuschiert` - Die Haltung der spätmittelalterlichen polnischen Könige gegenüber den orthodoxen Ruthenen in den Annalen von Jan Długosz (†1480)

Aufgabe des Vortrags wird es sein, aufzuzeigen, wie im spätmittelalterlichen Werk von Jan Długosz die Politik der polnischen Herrscher gegenüber den Ruthenen, den orthodoxen Einwohnern Rotrutheniens und später auch gegenüber dem Großherzogtum Litauen dargestellt und bewertet wurde. Man kann aufzeigen, dass die Ausführungen des Chronisten bei der Beschreibung einer durchaus wahren historischen Realität, doch auch vielfach versteckt und offen abwertend gegenüber des orthodoxen Glaubens der Ruthenen wirken.

Marie-Kristin Reischl (Chemnitz)
Schöne Niederlagen? Die historiographische Inszenierung des spätmittelalterlichen Fürsten als Krieger, Feld- und Kriegsherr im süddeutschen Raum

Das süddeutsche Gebiet gestaltet sich durch die in ihm konkurrierenden spätmittelalterlichen Dynastien als ein äußerst interessanter historiographischer Verflechtungsraum. Hierbei verschriftlichten die jeweiligen Chronisten u.a. Siege oder Niederlagen ihrer Fürsten. Es liegt eine gewisse Anzahl an teils entgegengesetzte Geschichtsschreibungen zum gleichen militärischen Konflikt (z. B. Schlacht bei Mühldorf 1322) vor, die miteinander in Verhältnis gesetzt werden können. Die Erzählungen werden als Ganzes analysiert, um zu erfahren, welche Selektion, Addition oder Subtraktion die Historiographen bei den kriegerischen Ereignissen vornahmen. Gezielt wird nach den darstellerischen/narrativen Methoden gefragt, die zur positiven Inszenierung des kriegerischen Akteurs als Verlierer angewandt wurden.

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