Moritz Hinsch Simon Lentzsch (Sektionsleitung)

Fragile Representations of “imperium” in Mid-Republican Rome

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Abstract

The current discussions about 'fake news' have once again highlighted the media dimension of the social construction of reality. The media history of pre-modern epochs invites us to detach these discussions from a purely technological perspective and to ask about the social context of media use. The Rome of the Middle Republic is an exciting case in point. In this period, accelerated military expansion in the Mediterranean region was combined with a veritable media revolution. Not only did an independent Latin literature emerge, but also architecture and art were used as media in a new way by the political actors. The expansion intensified the reception of Hellenistic culture. At the same time, there was an increased need to represent and remember what was happening on the periphery in the center, Rome. The resulting productions of imperium were fundamentally fragile because they rarely went unchallenged in political competition. However, this fragility of media self-portrayals during the middle republic is often only apparent to today's observer at second glance because important sources at this time are part of a retrospective construction of the past during the early imperial period. In four case studies, focusing on different media and genres, the section discusses central questions that arise from this finding. These include the techniques and interpretive leeway used by the actors, but also the social rules of self-dramatization and the media-specific risks to which they exposed themselves. These questions touch on basic problems of source criticism in media culture studies. In this respect, the section also aims to stimulate critical reflection on this core methodological competence of the historical discipline.

Tanja Itgenshorst (Fribourg)
Moderation
Moritz Hinsch (München)
Die Demütigung des Miles gloriosus. Das römische Volk und die Fakten der Expansion in der römischen Komödie

Die Komödie war integraler Bestandteil römischer Festkultur. Karnevaleske Überspitzung und griechisches Kostüm schufen die Distanz, um über soziale Normen reflektieren zu können. Der Miles Gloriosus, der beständig seine militärischen Taten rühmt, erinnert nicht zufällig an römische Feldherren. Problematisiert werden dabei nicht Selbstlob oder Militarismus, sondern etwas anderes: die Vortäuschung militärischer Leistung und die Missachtung der Grenze zwischen ziviler und militärischer Sphäre. Die Figur des Miles ist ein Musterbeispiel dafür, dass der republikanische Diskurs nicht auf die Elite beschränkt war und Normen ihre Geltung der ‚öffentlichen Meinung‘ der gesamten Bürgerschaft verdankten.

Sema Karataş (Köln)
Syrakus und Marcellus. Darstellung, Umdeutung und Verzerrung

212 v.Chr. wird Syrakus unter dem Befehl des M. Claudius Marcellus erobert und geplündert. Nach der Einnahme der polis treffen syrakusanische Gesandte in Rom ein, um sich – unterstützt durch Feinde des Marcellus – im Senat über die harte Vorgehensweise des Feldherrn zu beschweren. Marcellus beruft sich zu seiner Rechtfertigung auf das Kriegsrecht. Die Sichtweise des nach Rom zurückgekehrten Feldherrn, der Gesandtschaft sowie der Gegner des Marcellus konkurrierten also miteinander. Trotz aller Bemühungen setzt sich Marcellus’ Darstellung durch. Dieser Fall zeigt beispielhaft, wie eine interessensgeleitete Umdeutung bzw. Ausdeutung von Fakten zu einem Instrument römischer Innenpolitik wurde.

Domenik Maschek (Trier)
Anreiz und Ideologie. Die römische ‚Medienrevolution‘ des 3. und 2. Jhs. v. Chr. als kollektives Phänomen

An Roms Expansion waren breite Bevölkerungsschichten beteiligt. Eine auf die römische Elite fokussierte Darstellung wird dieser Dynamik nicht gerecht. Der Vortrag beleuchtet anhand der materiellen Kultur die Zusammenhänge zwischen der Herausbildung einer breit geteilten Expansionsideologie und handfesten Transferleistungen. So war etwa die Praxis von Tempelweihungen aus Kriegsbeute – wie das der Tempel selbst und seine Errichtung –Teil eines redistributiven Systems. Die ‘Medienrevolution’ des 3. und 2. Jhs. wäre dann zugleich ‚top down‘ wie ‚bottom up‘ erfolgt, eine Deutung mit weitreichendem Implikationen für das Verständnis mittel- und spätrepublikanischer Architektur und Repräsentationskunst.

Simon Lentzsch (Fribourg)
Die Expansion aus der Retrospektive der tiberianischen Zeit. Volk und Imperium bei Valerius Maximus und Velleius Paterculus

Zu Lebenszeiten der kaiserlichen Autoren Valerius Maximus und Velleius Paterculus waren während der mittleren Republik umkämpfte Gebiete in der Peripherie längst zu Provinzen eines gefestigten Imperium Romanum geworden. Der regierende Kaiser Tiberius hatte das Ziel einer weiteren Expansion aufgegeben und das Volk seine politische Doppelrolle als Wählerschaft und Milizheer verloren. Eine Analyse der Zeitbezüge beider Autoren verspricht deshalb doppelten Gewinn: einerseits quellenkritische Einsichten zu ihrem Wert als Quelle für die mittlere Republik und zum anderen ein vertieftes Verständnis für die Rolle des Mediums Literatur bei der Inszenierung einer ‚glorreichen Republik` als Vorgängerin des Kaisertums.

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