Fragile Finances. Dynasties, Debts and Female Crisis Managers in the Early Modern Period
Abstract
In the case of states, economic and financial stability are seen as a guarantee of political security while wealth and financial independence are at the same time also indicators of status and rank in noble families. In contrast, insecure, fragile finances pose a threat in dynastic contexts. Discussions about the financial legacy of the recently deceased Queen Elizabeth II and arguments about the need for a financially independent royal family demonstrate the relevance of these issues. However, in historiography these contexts have only been partially addressed in excerpts.
Using case studies from the early modern period, the heyday of dynastic rule in Europe, this section examines the significance of economics and finance for noble and ruling families across hierarchies. In noble families of varying status, from the Oldenburgs, royal in Denmark and dukes in the empire, to the Landgraves of Hesse and the Counts of Leyen, to Austrian princely and count dynasties, financial problems not only had an intra-dynastic impact, but in some cases influenced long-term political decisions. The contributions shed light on "fragile finances" based on examples of financial constraints due to war and conflicts and changing economic and legal framework conditions up to debt crises and bankruptcy proceedings. In addition to the fundamental analysis of moments of uncertainty in dynastic finances and their solutions, the role of the dynasty or family in debt crises is examined. It is striking that women repeatedly acted as advisors, financiers and managers in financial crises within the dynasty. Finally, the section also deals with political and legal procedures for debt management, considering aristocratic status.
The event will take place in the Zimeliensaal of the museum.
Die Einführung präsentiert zunächst übergreifend die Bedeutung von Wirtschaft und Finanzen für adelige und regierende Familien. Des Weiteren werden die Fragen nach der Entstehung „fragiler Finanzen“ und Schuldenkrisen in dynastischen Kontexten, der Rolle der Familien sowie insbesondere der Frauen als Krisenmanagerinnen, die in den folgenden Beiträge an Beispielen vertieft werden, in Monarchie- und Dynastiegeschichte, Gender- und Wirtschaftsgeschichte eingeordnet.
Die Königinnen Dänemarks waren oftmals im entscheidenden Maße an der Finanzierung der Kriege ihrer Ehemänner oder Söhne beteiligt. Jedoch erst durch innerdynastische Kreditgeschäfte oder Verpfändungen konnten solche Finanzmittel erhoben werden. Diese finanziellen Unterstützungen waren in aller Regel keine Geschenke innerhalb der Dynastie, sondern wurden mit politischen oder ökonomischen Versprechungen entgolten. Im Vortrag wird insbesondere die Frage im Mittelpunkt stehen, wie die dänischen Königinnen diese Mittel bereitstellen konnten, was sie dafür im Gegenzug erhielten und wie sich diese finanziellen Umverteilungen innerhalb der Dynastie politisch auswirkten.
Dynastische Differenzen und der Dreißigjährige Krieg führten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast zum Bankrott der hessischen Finanzen. In der Folge musste Landgraf Moritz abdanken, die regierenden Landgrafen trafen Übereinkünfte mit den Ständen und dem Kaiser und die Landgräfinnen halfen bei der Finanzierung. Der Vortrag analysiert Möglichkeiten und Grenzen der finanzpolitischen Steuerung landesfürstlicher Politik im Zeitalter von Krieg und Konfessionalisierung. Im Mittelpunkt steht die Rolle der Dynastie, vor allem deren weiblicher Mitglieder, bei der Bewältigung von Schuldenkrisen und der Stabilisierung politischer und dynastischer Finanzen.
Vermögen und Ansehen hängen zusammen. Besonders aufgestiegenen Adelsfamilien wurde das oft zum Verhängnis. Mit den Reichsgrafen von der Leyen verfolgt der Vortrag den Weg einer zu den sogenannten Mindermächtigen im Alten Reich zählenden Familie in den finanziellen Ruin. Im Mittelpunkt stehen die Finanzstrategien der geschäftstüchtigen Reichsgräfin Marianne (reg. 1775-1791), die im leyen’schen Kleinterritorium an der Saar u.a. im Montanbereich wirtschaftliche Innovationen vorantrieb und sich zeitgleich bei einer Reihe von Banken und Gläubigern hochgradig verschuldete, um den Erfordernissen des Statuskonsums nachzukommen, die die finanziellen Möglichkeiten des Hauses schlichtweg überstiegen.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Insolvenz des niederösterreichischen Adeligen Karl Joseph von Lamberg-Sprinzenstein in den 1730er und 1740er Jahren. Als der Graf seine Steuern und Schuldzinsen nicht mehr bezahlen konnte, verordnete Kaiser Karl VI. eine gerichtliche Zwangsadministration über dessen Patrimonium an Landgütern, welche erst nach sieben Jahren endete. Der Beitrag analysiert die finanzielle Situation der Lamberg-Sprinzenstein, die Maßnahmen, mit welchen der Staat in die ökonomische Misere intervenierte, sowie die Auswirkungen der Schuldenkrise auf das Machtgefüge innerhalb der Adelsfamilie mit besonderer Berücksichtigung der Rolle von Karl Josephs Schwiegertochter.
Rechtskodifikationen der Moderne schufen neue Rahmenbedingungen für weibliche Handlungsspielräume. Das ABGB von 1811 behielt allerdings sämtliche ständischen Sonderrechte des Adels in der Habsburgermonarchie bei. Dieser Vortrag beleuchtet, wie Adelsfamilien mit Konkursen und Abschuldungsverfahren innerfamiliär umgingen. Alle Fallbeispiele behandeln einerseits Fideikommisse (rechtlich gebundenes Sondervermögen) und zeigen andererseits die enorm wichtige Rolle der Frauen für Familienstrategien, aber auch ganz konkret bei der Ausarbeitung von Umschuldungsplänen, in Netzwerken, bei Verhandlungen mit Sequestern und Behörden.