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Der Berichtsband erscheint voraussichtlich im Sommer 2009. Wir werden Sie an dieser Stelle weiterhin informieren.
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Vortragstitel:
Abstraktion im Weltmaßstab. Wissen über Ungleichheit im Deutungssystem der Entwicklungsökonomie
Tag:
02.10.2008
Epoche:
Zeitgeschichte
Sektion:
Wirtschaftliche Ungleichheit als globales Problem des 20. Jahrhunderts

Abstract:

Abstraktion im Weltmaßstab. Wissen über Ungleichheit im Deutungssystem der Entwicklungsökonomie

Referent/in: Daniel Speich, Zürich

Im Jahr 1940 publizierte der Britische Ökonom Colin Clark eine vergleichende Untersuchung der Wirtschaftskraft aller Staaten der Welt. Die viel beachtete Studie schien erstmals deutlich zu belegen, dass mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Ländern mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von unter 200 „International Units“ lebte, was nur einem Sechstel des Wertes der USA entsprach. Clark bilanzierte, die Welt sei ein „wretchedly poor place“ und er forderte die Bekämpfung dieser Armut im Weltmaßstab.
Zusammen mit Simon Kuznets, Richard Stone und anderen gehörte Clark zu den Begründern einer vergleichenden makroökonomischen Wissensform, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Entwicklungsökonomie weitgehend dominierte. Trotz vielfacher Kritik ist das Bruttosozialprodukt pro Kopf bis heute ein wichtiger Indikator geblieben. Der statistische Raum der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung hat den relativen Zustand einer Volkswirtschaft darstellbar gemacht und zugleich wirtschaftspolitische Handlungsperspektiven eröffnet.
Der Vortrag wirft einen Blick auf die Geschichte der volkswirtschaftlichen Statistik und fragt, inwiefern diese Wissensform die Wahrnehmung globaler Differenz strukturiert hat. Es wird argumentiert, dass der neue unversalisierende Diskurs vollständig von Denkweisen abstand nahm, die ökonomische Ungleichheit auf essenzielle Unterschiede der „Rasse“ zurückführten. Die Annahme der Gleichheit aller Menschen machte ihre kollektive Wirtschaftstätigkeit global vergleichbar. So wurden Ungleichheiten sichtbar, die nicht als Essenzen galten, sondern die man beseitigen zu können glaubte. Die neuen makroökonomischen Beschreibungsformen festigten aber zugleich die Wahrnehmung einer fundamentalen Differenz der zu entwickelnden Länder gegenüber den industrialisierten Nationalökonomien