Epochenübersicht Herzlich willkommen auf der Homepage des 47. Deutschen Historikertages. Das Institut f�r Geschichte an der TU Dresden l�dt Sie herzlich ein, vom 30. September bis zum 3. Oktober 2008 an Europas gr��tem geisteswissenschaftlichen Kongress in der s�chsischen Landeshauptstadt teilzunehmen. http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/venueevents/23 2009-09-29T12:46:43Z Joomla! 1.5 - Open Source Content Management Das ungleiche Nebeneinander und die Einheit des historischen Erzählens 2008-07-09T20:35:43Z 2008-07-09T20:35:43Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/149 Title: Das ungleiche Nebeneinander und die Einheit des historischen Erzählens<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Das ungleiche Nebeneinander und die Einheit des historischen Erzählens</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Georg Schmidt, Jena/München</p> <p>1. Es gibt eine deutsche Geschichte. Reflexionen über nationale Meistererzählungen sind müßig, solange es Nationen und Nationalstaaten gibt. Das gilt selbstverständlich auch für Deutschland. War das Büchlein Hagen Schulzes 1989 noch ein anregender Versuch, das Eindeutige in einen Post-Diskurs der Uneindeutigkeit zu überführen, mündeten die daran anknüpfenden Überlegungen Wolfgang Reinhardts 2001 in eine durch und durch konventi-onelle Darstellung der Reformationszeit in Deutschland. Wer die nationale Geschichte als sinnvolles Erzählkonstrukt bezweifelt, muss wohl erst den Nationalstaat abschaffen. <br />2. Die deutsche Meistererzählung ist der Sonderweg mit einem „Anfang" um 1800 und mit einem Handlungsstrang „Nationalstaat", der als didaktisches Lehrstück mit zwei Flucht-punkten erzählt wird: demjenigen der Verfehlung 1933, und demjenigen der erfolgreichen Westintegration 1990. Nazi-Regime und Holocaust, die Erklärung des eigentlich Unerklär-baren und der Bruch mit ihm garantieren der Zeitgeschichte ein Deutungsmonopol über die deutsche Vergangenheit, das angesichts der Pluralisierung, Globalisierung und multikultu-rellen Entwicklungen heute neue Erkenntnismöglichkeiten eher blockiert.<br />3. Den älteren Epochen ist ihre Eigenlogik zurückzugeben, und sie müssen in einen eigen-ständigen und anregenden Dialog mit der Gegenwart gebracht werden. Die Vorstellung einer Brücke vom Mittelalter oder von der Frühen Neuzeit zur Gegenwart ist methodisch legitim und zumindest heuristisch auch interessanter als ein Verfahren, das die älteren Epochen nur auf 1933 zulaufen lässt. Die Ära des geschlossenen souveränen und möglichst mächtigen Nationalstaates ist eine vergangene Epoche und sie muss als solche behandelt werden. <br />4. Ein Vergleich des späten Alten Reiches mit der heutigen Staatlichkeit zeigt viele Ge-meinsamkeiten: zusammengesetzte, zerfasernde und offene Staaten, multiple Rechtsre-gime, plurales Mehrebenenregieren, Souveränität als überstaatliche Partizipation, Kontrolle von Herrschaft durch Herrschaft u.v.m. Anachronistisch ist heute nicht mehr das Alte Reich, sondern der nationalstaatliche Maßstab, an dem es gemessen wird.<br />5. Fazit: Wir brauchen eine deutsche Meistererzählung - aber eine, die nicht die Vergan-genheit, sondern die Gegenwart erklärt. Die deutsche Geschichte beginnt nicht erst um 1800. Allein diese Einsicht relativiert den Alleinstellungsanspruch eines Sonderweges und hilft, den eigenen als einen von vielen europäischen Wegen zu verstehen. Der Blick von der Brücke auf das 19. und 20. Jahrhundert zeigt einen geschlossenen Nationalstaat, der zu spezifischen Lösungen fand, die für die Zeit davor oder danach weder als immerwährendes Muster noch als Menetekel taugen. Die deutsche Geschichte verlöre dadurch freilich den im Ausland ohnehin beargwöhnten Anspruch auf moralisch-didaktische Vorbildhaftigkeit. Eine einheitlich, nicht uniform zu erzählende deutsche Geschichte des ungleichen Nebeneinanders und vielgestaltiger kultureller Leistungen könnte jedoch das gemeinsame europäische Haus um eine nationale Meistererzählung bereichern, die der Gegenwart etwas zu sagen hat.</p> Title: Das ungleiche Nebeneinander und die Einheit des historischen Erzählens<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Das ungleiche Nebeneinander und die Einheit des historischen Erzählens</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Georg Schmidt, Jena/München</p> <p>1. Es gibt eine deutsche Geschichte. Reflexionen über nationale Meistererzählungen sind müßig, solange es Nationen und Nationalstaaten gibt. Das gilt selbstverständlich auch für Deutschland. War das Büchlein Hagen Schulzes 1989 noch ein anregender Versuch, das Eindeutige in einen Post-Diskurs der Uneindeutigkeit zu überführen, mündeten die daran anknüpfenden Überlegungen Wolfgang Reinhardts 2001 in eine durch und durch konventi-onelle Darstellung der Reformationszeit in Deutschland. Wer die nationale Geschichte als sinnvolles Erzählkonstrukt bezweifelt, muss wohl erst den Nationalstaat abschaffen. <br />2. Die deutsche Meistererzählung ist der Sonderweg mit einem „Anfang" um 1800 und mit einem Handlungsstrang „Nationalstaat", der als didaktisches Lehrstück mit zwei Flucht-punkten erzählt wird: demjenigen der Verfehlung 1933, und demjenigen der erfolgreichen Westintegration 1990. Nazi-Regime und Holocaust, die Erklärung des eigentlich Unerklär-baren und der Bruch mit ihm garantieren der Zeitgeschichte ein Deutungsmonopol über die deutsche Vergangenheit, das angesichts der Pluralisierung, Globalisierung und multikultu-rellen Entwicklungen heute neue Erkenntnismöglichkeiten eher blockiert.<br />3. Den älteren Epochen ist ihre Eigenlogik zurückzugeben, und sie müssen in einen eigen-ständigen und anregenden Dialog mit der Gegenwart gebracht werden. Die Vorstellung einer Brücke vom Mittelalter oder von der Frühen Neuzeit zur Gegenwart ist methodisch legitim und zumindest heuristisch auch interessanter als ein Verfahren, das die älteren Epochen nur auf 1933 zulaufen lässt. Die Ära des geschlossenen souveränen und möglichst mächtigen Nationalstaates ist eine vergangene Epoche und sie muss als solche behandelt werden. <br />4. Ein Vergleich des späten Alten Reiches mit der heutigen Staatlichkeit zeigt viele Ge-meinsamkeiten: zusammengesetzte, zerfasernde und offene Staaten, multiple Rechtsre-gime, plurales Mehrebenenregieren, Souveränität als überstaatliche Partizipation, Kontrolle von Herrschaft durch Herrschaft u.v.m. Anachronistisch ist heute nicht mehr das Alte Reich, sondern der nationalstaatliche Maßstab, an dem es gemessen wird.<br />5. Fazit: Wir brauchen eine deutsche Meistererzählung - aber eine, die nicht die Vergan-genheit, sondern die Gegenwart erklärt. Die deutsche Geschichte beginnt nicht erst um 1800. Allein diese Einsicht relativiert den Alleinstellungsanspruch eines Sonderweges und hilft, den eigenen als einen von vielen europäischen Wegen zu verstehen. Der Blick von der Brücke auf das 19. und 20. Jahrhundert zeigt einen geschlossenen Nationalstaat, der zu spezifischen Lösungen fand, die für die Zeit davor oder danach weder als immerwährendes Muster noch als Menetekel taugen. Die deutsche Geschichte verlöre dadurch freilich den im Ausland ohnehin beargwöhnten Anspruch auf moralisch-didaktische Vorbildhaftigkeit. Eine einheitlich, nicht uniform zu erzählende deutsche Geschichte des ungleichen Nebeneinanders und vielgestaltiger kultureller Leistungen könnte jedoch das gemeinsame europäische Haus um eine nationale Meistererzählung bereichern, die der Gegenwart etwas zu sagen hat.</p> Mesogeschichte. Modellerzählung zwischen Region und Reich 2008-07-09T20:36:46Z 2008-07-09T20:36:46Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/150 Title: Mesogeschichte. Modellerzählung zwischen Region und Reich<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Mesogeschichte. Modellerzählung zwischen Region und Reich</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Dietmar Schiersner, Weingarten</p> <p>Die Erforschung von Regionen des Alten Reiches hat - auf der Grundlage eines geschärften konzeptionellen Verständisses der Kategorie „Region" - in den vergangenen Jahren eine Fülle neuer Erkenntnisse erbracht. Insbesondere die Untersuchung „offener" Territorien im deutschen Südwesten zeigt dabei, wie Räume, denen nicht selten ein starker verfassungs-mäßig-politischer Kitt fehlt, gleichwohl kohärieren und wie sehr sie sich darüber hinaus of-fenbar gerade aufgrund ihrer defizienten Territorialität wirtschaftlich und kulturell weiterentwi-ckeln.<br />Solche Zusammenhänge von Kommunikationsdichte und Kohärenz bzw. Institutionenkonkur-renz und Modernisierungspotential, die an regionalen Beispielen - darunter der mittlerweile gut erforschten Markgrafschaft Burgau in Ostschwaben - aufgezeigt werden können, bieten auch für das „Funktionieren" des Reiches insgesamt einen Erklärungsansatz. Insofern stellt „Mesogeschichte" gewissermaßen eine parabolische Variante der Meistererzählung dar, die darin münden kann, das Reich selbst geradezu „regionalistisch" zu beschreiben als einen Raum, dem unterschiedlich „harte" Faktoren auch politisch-staatliche Kohärenz verliehen und dessen - zumindest zeitweiser - Standortvorteil in seiner Kleinkammerung lagen. <br />Zugleich überwindet der regionale Fokus die Staatsfixierung und hebt je nach Blickwinkel andere Faktoren regionaler - eben auch überstaatlicher - Verknüpfung ins Bewußtsein. In dieser vom Raum ausgehenden Perspektivität liegt die Anschlußfähigkeit der Mesogeschich-te an eine europäische Dimension von Geschichte begründet. Wenn auch darüber hinaus die frühneuzeitlich-polyterritorialen Charakteristika des Reiches insgesamt auf ein tieferes Verständnis stoßen und eine ausgewogenere Bewertung finden, bleibt doch zu diskutieren, ob damit zugleich eine subsidär-föderale Traditionslinie zur modernen Bundesrepublik gezo-gen werden kann. In diesem Fall freilich transportierte Mesogeschichte eine gesellschaftlich akzeptierte und chancenreiche ideologische Botschaft, die Denk- und Handlungsperspekti-ven eröffnet, und in diesem Fall bietet sich Mesogeschichte als Beitrag zu einer „neuen deut-schen Meistererzählung" an.</p> Title: Mesogeschichte. Modellerzählung zwischen Region und Reich<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Mesogeschichte. Modellerzählung zwischen Region und Reich</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Dietmar Schiersner, Weingarten</p> <p>Die Erforschung von Regionen des Alten Reiches hat - auf der Grundlage eines geschärften konzeptionellen Verständisses der Kategorie „Region" - in den vergangenen Jahren eine Fülle neuer Erkenntnisse erbracht. Insbesondere die Untersuchung „offener" Territorien im deutschen Südwesten zeigt dabei, wie Räume, denen nicht selten ein starker verfassungs-mäßig-politischer Kitt fehlt, gleichwohl kohärieren und wie sehr sie sich darüber hinaus of-fenbar gerade aufgrund ihrer defizienten Territorialität wirtschaftlich und kulturell weiterentwi-ckeln.<br />Solche Zusammenhänge von Kommunikationsdichte und Kohärenz bzw. Institutionenkonkur-renz und Modernisierungspotential, die an regionalen Beispielen - darunter der mittlerweile gut erforschten Markgrafschaft Burgau in Ostschwaben - aufgezeigt werden können, bieten auch für das „Funktionieren" des Reiches insgesamt einen Erklärungsansatz. Insofern stellt „Mesogeschichte" gewissermaßen eine parabolische Variante der Meistererzählung dar, die darin münden kann, das Reich selbst geradezu „regionalistisch" zu beschreiben als einen Raum, dem unterschiedlich „harte" Faktoren auch politisch-staatliche Kohärenz verliehen und dessen - zumindest zeitweiser - Standortvorteil in seiner Kleinkammerung lagen. <br />Zugleich überwindet der regionale Fokus die Staatsfixierung und hebt je nach Blickwinkel andere Faktoren regionaler - eben auch überstaatlicher - Verknüpfung ins Bewußtsein. In dieser vom Raum ausgehenden Perspektivität liegt die Anschlußfähigkeit der Mesogeschich-te an eine europäische Dimension von Geschichte begründet. Wenn auch darüber hinaus die frühneuzeitlich-polyterritorialen Charakteristika des Reiches insgesamt auf ein tieferes Verständnis stoßen und eine ausgewogenere Bewertung finden, bleibt doch zu diskutieren, ob damit zugleich eine subsidär-föderale Traditionslinie zur modernen Bundesrepublik gezo-gen werden kann. In diesem Fall freilich transportierte Mesogeschichte eine gesellschaftlich akzeptierte und chancenreiche ideologische Botschaft, die Denk- und Handlungsperspekti-ven eröffnet, und in diesem Fall bietet sich Mesogeschichte als Beitrag zu einer „neuen deut-schen Meistererzählung" an.</p> Vom Corpus Evangelicorum zum deutschen Föderalismus 2008-07-09T20:37:50Z 2008-07-09T20:37:50Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/151 Title: Vom Corpus Evangelicorum zum deutschen Föderalismus<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Vom Corpus Evangelicorum zum deutschen Föderalismus</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Gabriele Haug-Moritz, Graz</p> <p>Der Vortrag entfaltete seine Argumentation in fünf Teilschritten:<br />(1) Seinen Ausgangspunkt nahm er von der Beobachtung Ernst Deuerleins, der bereits 1972 festhielt, dass Föderalismus zu den Begriffen gehört, die „je mehr über sie geredet wird, um so weniger (...) verstanden" (9) werden. Vor diesem Hintergrund wurde<br />(2) das zeitgenössische Begriffsverständnis vorgestellt und erarbeitet, daß der Begriff im 18. Jahrhundert ein innerstaatliches, politisches Organisationsprinzip beschreibt, dem die Vor-stellung der gleichberechtigten, nicht gleichgewichtigen, Teilhabe aller Föderierten im Ge-meinwesen inhärent ist. Wie die, seit den 1760er Jahren im Reich geläufigen Begriffe der „Konföderation" und des „Bundes", indizierte dessen Verwendung, dass man im alten Streit um die „forma Imperii" eindeutig Stellung bezog und das Reich im Sinne einer Verfassungs-konzeption deutete, in der der Kaiser nicht als (Ober-)Haupt des Reiches, sondern als des-sen mächtigstes (Mit-)Glied und Mandatar der Reichsstände erscheint, denen die Souveräni-tät zuerkannt wird, sei es in ihrer Gesamtheit, oder, so erstmals in den 1760er Jahren, jedem einzeln. Zur Verfassungsrealität des Reiches mit ihrer altüberkommenen, 1648 tradierten und seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wieder konsolidierten, um den Kaiser zent-rierten politischen Ordnung, die Partizipationschancen hierarchisch, nach ständischem Rang, verteilte, verhielt sich eine solche Verfassungskonzeption diametral.<br />(3) Durch eine Analyse der Denkschriften der in Wien 1814/15 versammelten Politiker, wurde sodann deutlich gemacht, dass in deren Wahrnehmung das föderative Moment der Reichs-verfassung im 1806 aufgelösten Reich aus engste mit der 1648 etablierten Reichsreligions-verfassung verknüpft war.<br />(4) Daher wurde im nächsten Teilschritt die Reichsreligionsverfassung skizziert und als Er-gebnis festgehalten, dass die Bestimmungen des Westfälischen Friedens, die die konfessio-nelle Pluralität des Reiches in praxi gewährleisten sollten, und nur diese, das Potential besa-ßen, die politische Ordnung nicht nur föderativ zu interpretieren, sondern diese Interpretation auch in ein politisches Handeln zu überführen, das den Kaiser seiner reichsoberhauptlichen Handlungsmöglichkeiten beraubte. Hierin wurde die Bedeutung des Corpus Evangelicorum für die föderalen Traditionen der deutschen Geschichte ausgemacht.<br />(5) Abschließend wurde herausgestrichen, dass es - unbeschadet der Tatsache, dass sich a) die zu Beginn der 1720er Jahre erarbeitete Deutung der Reichsverfassung bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nur kurzfristig in politisches Handeln überführen ließ, b) dass das 1648 kreierte Reichsreligionsrecht die militärische Eskalation konfessionell aufgeladener Span-nungen tatsächlich verhinderte und c) weite Politikbereiche auch noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts jenseits der allumfassenden Handlungsvollmacht standen, die sich die Protestanten 1720 zugeschrieben hatten, - die Aktionen des Corpus Evangelicorum waren, die die Schwäche der kaiserlichen Machtposition evident machten. Daß dessen Aktivitäten nicht nur im „Reich der Schriftlichkeit" (Johannes Burkhardt), sondern auch in Europa medial vielfältig und umfassend reproduziert und wahrgenommen wurden und damit weitere Öffent-lichkeiten erreichten als alle anderen, eine föderative Umgestaltung des Reiches propagie-renden Diskurse, wurde besonders hervorgehoben. Das Corpus Evangelicorum ebnete da-her mit seiner Delegitimierung der monarchischen Bestandteile der Verfassungsordnung den Weg zu einer föderativen Umgestaltung der politischen Ordnung in der Mitte Europas zu Beginn des 19. Jahrhunderts.</p> Title: Vom Corpus Evangelicorum zum deutschen Föderalismus<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Vom Corpus Evangelicorum zum deutschen Föderalismus</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Gabriele Haug-Moritz, Graz</p> <p>Der Vortrag entfaltete seine Argumentation in fünf Teilschritten:<br />(1) Seinen Ausgangspunkt nahm er von der Beobachtung Ernst Deuerleins, der bereits 1972 festhielt, dass Föderalismus zu den Begriffen gehört, die „je mehr über sie geredet wird, um so weniger (...) verstanden" (9) werden. Vor diesem Hintergrund wurde<br />(2) das zeitgenössische Begriffsverständnis vorgestellt und erarbeitet, daß der Begriff im 18. Jahrhundert ein innerstaatliches, politisches Organisationsprinzip beschreibt, dem die Vor-stellung der gleichberechtigten, nicht gleichgewichtigen, Teilhabe aller Föderierten im Ge-meinwesen inhärent ist. Wie die, seit den 1760er Jahren im Reich geläufigen Begriffe der „Konföderation" und des „Bundes", indizierte dessen Verwendung, dass man im alten Streit um die „forma Imperii" eindeutig Stellung bezog und das Reich im Sinne einer Verfassungs-konzeption deutete, in der der Kaiser nicht als (Ober-)Haupt des Reiches, sondern als des-sen mächtigstes (Mit-)Glied und Mandatar der Reichsstände erscheint, denen die Souveräni-tät zuerkannt wird, sei es in ihrer Gesamtheit, oder, so erstmals in den 1760er Jahren, jedem einzeln. Zur Verfassungsrealität des Reiches mit ihrer altüberkommenen, 1648 tradierten und seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts wieder konsolidierten, um den Kaiser zent-rierten politischen Ordnung, die Partizipationschancen hierarchisch, nach ständischem Rang, verteilte, verhielt sich eine solche Verfassungskonzeption diametral.<br />(3) Durch eine Analyse der Denkschriften der in Wien 1814/15 versammelten Politiker, wurde sodann deutlich gemacht, dass in deren Wahrnehmung das föderative Moment der Reichs-verfassung im 1806 aufgelösten Reich aus engste mit der 1648 etablierten Reichsreligions-verfassung verknüpft war.<br />(4) Daher wurde im nächsten Teilschritt die Reichsreligionsverfassung skizziert und als Er-gebnis festgehalten, dass die Bestimmungen des Westfälischen Friedens, die die konfessio-nelle Pluralität des Reiches in praxi gewährleisten sollten, und nur diese, das Potential besa-ßen, die politische Ordnung nicht nur föderativ zu interpretieren, sondern diese Interpretation auch in ein politisches Handeln zu überführen, das den Kaiser seiner reichsoberhauptlichen Handlungsmöglichkeiten beraubte. Hierin wurde die Bedeutung des Corpus Evangelicorum für die föderalen Traditionen der deutschen Geschichte ausgemacht.<br />(5) Abschließend wurde herausgestrichen, dass es - unbeschadet der Tatsache, dass sich a) die zu Beginn der 1720er Jahre erarbeitete Deutung der Reichsverfassung bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts nur kurzfristig in politisches Handeln überführen ließ, b) dass das 1648 kreierte Reichsreligionsrecht die militärische Eskalation konfessionell aufgeladener Span-nungen tatsächlich verhinderte und c) weite Politikbereiche auch noch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts jenseits der allumfassenden Handlungsvollmacht standen, die sich die Protestanten 1720 zugeschrieben hatten, - die Aktionen des Corpus Evangelicorum waren, die die Schwäche der kaiserlichen Machtposition evident machten. Daß dessen Aktivitäten nicht nur im „Reich der Schriftlichkeit" (Johannes Burkhardt), sondern auch in Europa medial vielfältig und umfassend reproduziert und wahrgenommen wurden und damit weitere Öffent-lichkeiten erreichten als alle anderen, eine föderative Umgestaltung des Reiches propagie-renden Diskurse, wurde besonders hervorgehoben. Das Corpus Evangelicorum ebnete da-her mit seiner Delegitimierung der monarchischen Bestandteile der Verfassungsordnung den Weg zu einer föderativen Umgestaltung der politischen Ordnung in der Mitte Europas zu Beginn des 19. Jahrhunderts.</p> In Europa ankommen: Das Theresianische Österreich, das ausgeliehene Kaisertum und die Signaturen... 2008-07-09T20:38:57Z 2008-07-09T20:38:57Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/152 Title: In Europa ankommen: Das Theresianische Österreich, das ausgeliehene Kaisertum und die Signaturen...<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>In Europa ankommen: Das Theresianische Österreich, das ausgeliehene Kaisertum und die Signaturen der Macht</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Regina Dauser, Augsburg</p> <p>Ein zunehmender Rückzug des Erzhauses aus dem Reich, mangelndes Verantwortungsge-fühl in der Reichspolitik - so wird die Zeit der Herrschaft Maria Theresias (1740-1780) viel-fach apostrophiert. Die personelle Trennung von erbländischer Herrschaft und Kaiseramt nach dem Tod Karls VI. erscheint in diesem Kontext als augenfälliger Ausdruck einer Inter-essensverlagerung und Aufgabenteilung: Einem lothringisch-habsburgischen Kaisertum wird ab Franz I. Stephan seit 1745 eine meist wenig günstig beurteilte Reichspolitik, Maria There-sia dagegen als Erbin der habsburgischen Lande eine energisch verfolgte Wahrung des Großmachtstatus eines aus dem Reich „herauswachsenden" österreichischen „Staates" zu-gewiesen. <br />Gerade das Kaisertum als die nicht zu überbietende, prestigeträchtigste Würde auf der euro-päischen Bühne barg jedoch offensichtlich ein zu bedeutsames Potential, als daß sie exklu-siv Franz I. Stephan bzw. Joseph II. überlassen bleiben sollte. Wiewohl 1745 eine Krönung der Kaiserin zu Frankfurt ausblieb, war die Selbstbezeichnung Maria Theresias fortan eine kaiserliche. Insbesondere auf europäischem Parkett galt es, der kaiserlichen Titulatur Maria Theresias, die für die Herrscherin selbstredend keinen rechtlichen Kompetenzgewinn bedeu-tete, in zwischenstaatlichen Verträgen zur Anerkennung zu verhelfen und idealiter ‚ausgelie-hene' kaiserliche Prärogative in Diplomatie bzw. Vertragsrecht auf die Herrscherin zu über-tragen. Kontinuitäten der habsburgischen Rolle in Europa sollten aktiv akzentuiert und ur-kundlich dokumentiert werden.<br />Dieser Konzeption korrespondierte auf Reichsebene der Entwurf einer erneuerten Kaiserpoli-tik. Das Konzept einer „Doppelspitze", das auf das Erzhaus als Reichsstand besonderer Qualität verwies, zielte auf eine gemeinschaftliche Demonstration der Reichsbezogenheit von Kaiser und Kaiserin. Eine umfassende Aufarbeitung der habsburgischen Reichspolitik ab 1740 ist nach wie vor ein Desiderat, weshalb hier nur erste Überlegungen angestellt werden konnten. Beispiele zum konzertierten Vorgehen in Religionsprozessen des Reichshofrats in den 1750er Jahren zeigen allerdings das Bestreben nach einem konzertierten, die kaiserli-che Autorität stützenden Vorgehen. Habsburgische Politik sollte weiterhin als kaiserliche Politik präsentiert werden. Der Versuch, die Verklammerung von Erzhaus und Reich fortzu-schreiben, legt nahe, daß ein klares Entweder - Oder von Großmachtpolitik und Reichspoli-tik nicht intendiert war. Bevor zum Ende des 18. Jahrhunderts hin Initiativen forcierter Macht-politik die Oberhand gewannen, knüpften bezeichnenderweise Berater Josephs II. um 1780 noch einmal an ‚vertrauensbildende Maßnahmen' an - allerdings auch ein Eingeständnis, daß die Zielsetzungen der Doppelspitzen-Politik unter den Vorzeichen des preußisch-österreichischen Dualismus nicht aufgegangen waren.</p> Title: In Europa ankommen: Das Theresianische Österreich, das ausgeliehene Kaisertum und die Signaturen...<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>In Europa ankommen: Das Theresianische Österreich, das ausgeliehene Kaisertum und die Signaturen der Macht</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Regina Dauser, Augsburg</p> <p>Ein zunehmender Rückzug des Erzhauses aus dem Reich, mangelndes Verantwortungsge-fühl in der Reichspolitik - so wird die Zeit der Herrschaft Maria Theresias (1740-1780) viel-fach apostrophiert. Die personelle Trennung von erbländischer Herrschaft und Kaiseramt nach dem Tod Karls VI. erscheint in diesem Kontext als augenfälliger Ausdruck einer Inter-essensverlagerung und Aufgabenteilung: Einem lothringisch-habsburgischen Kaisertum wird ab Franz I. Stephan seit 1745 eine meist wenig günstig beurteilte Reichspolitik, Maria There-sia dagegen als Erbin der habsburgischen Lande eine energisch verfolgte Wahrung des Großmachtstatus eines aus dem Reich „herauswachsenden" österreichischen „Staates" zu-gewiesen. <br />Gerade das Kaisertum als die nicht zu überbietende, prestigeträchtigste Würde auf der euro-päischen Bühne barg jedoch offensichtlich ein zu bedeutsames Potential, als daß sie exklu-siv Franz I. Stephan bzw. Joseph II. überlassen bleiben sollte. Wiewohl 1745 eine Krönung der Kaiserin zu Frankfurt ausblieb, war die Selbstbezeichnung Maria Theresias fortan eine kaiserliche. Insbesondere auf europäischem Parkett galt es, der kaiserlichen Titulatur Maria Theresias, die für die Herrscherin selbstredend keinen rechtlichen Kompetenzgewinn bedeu-tete, in zwischenstaatlichen Verträgen zur Anerkennung zu verhelfen und idealiter ‚ausgelie-hene' kaiserliche Prärogative in Diplomatie bzw. Vertragsrecht auf die Herrscherin zu über-tragen. Kontinuitäten der habsburgischen Rolle in Europa sollten aktiv akzentuiert und ur-kundlich dokumentiert werden.<br />Dieser Konzeption korrespondierte auf Reichsebene der Entwurf einer erneuerten Kaiserpoli-tik. Das Konzept einer „Doppelspitze", das auf das Erzhaus als Reichsstand besonderer Qualität verwies, zielte auf eine gemeinschaftliche Demonstration der Reichsbezogenheit von Kaiser und Kaiserin. Eine umfassende Aufarbeitung der habsburgischen Reichspolitik ab 1740 ist nach wie vor ein Desiderat, weshalb hier nur erste Überlegungen angestellt werden konnten. Beispiele zum konzertierten Vorgehen in Religionsprozessen des Reichshofrats in den 1750er Jahren zeigen allerdings das Bestreben nach einem konzertierten, die kaiserli-che Autorität stützenden Vorgehen. Habsburgische Politik sollte weiterhin als kaiserliche Politik präsentiert werden. Der Versuch, die Verklammerung von Erzhaus und Reich fortzu-schreiben, legt nahe, daß ein klares Entweder - Oder von Großmachtpolitik und Reichspoli-tik nicht intendiert war. Bevor zum Ende des 18. Jahrhunderts hin Initiativen forcierter Macht-politik die Oberhand gewannen, knüpften bezeichnenderweise Berater Josephs II. um 1780 noch einmal an ‚vertrauensbildende Maßnahmen' an - allerdings auch ein Eingeständnis, daß die Zielsetzungen der Doppelspitzen-Politik unter den Vorzeichen des preußisch-österreichischen Dualismus nicht aufgegangen waren.</p> Die Vereinigten Staaten – Gegenentwurf oder Fortsetzung des föderalen Reiches mit anderen Mitteln 2008-07-09T20:39:58Z 2008-07-09T20:39:58Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/153 Title: Die Vereinigten Staaten – Gegenentwurf oder Fortsetzung des föderalen Reiches mit anderen Mitteln<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Die Vereinigten Staaten – Gegenentwurf oder Fortsetzung des föderalen Reiches mit anderen Mitteln</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Jürgen Overhoff, Potsdam</p> <p>Wiewohl schon seit über zwei Jahrzehnten ein lebhaftes Interesse amerikanischer wie euro-päischer Historiker an den Konföderationen des 18. Jahrhunderts zu konstatieren ist, die - wie etwa die Schweiz oder die Niederlande - den bundesstaatlichen Zusammenschluss der USA angeregt oder gar beeinflusst haben, wurde in der historischen Forschung bislang noch kaum danach gefragt, ob nicht auch das älteste, größte und bedeutendste föderativ verfasste Gemeinwesen der Vormoderne, also das frühneuzeitliche deutsche Reich, als politisches Referenzsystem für den amerikanischen Staatenbund gedient hat. Dabei haben doch alle führenden amerikanischen Föderalisten - von Benjamin Franklin über Alexander Hamilton bis hin zu James Madison - das Reich seit den 1760er Jahren zunächst in ihrer privaten Korrespondenz, dann auch in den öffentlichen Debatten des Kongresses, kontinuierlich und mit großem Interesse als eine den eigenen Verfassungsdiskurs besonders inspirierende Ger-manic Confederation oder Confederate Republic of Germany gewürdigt und in durchaus kon-troversen Diskussionen analysiert. Der Vortrag wird demzufolge deutlich machen, dass auch die in einem revolutionären Entstehunsakt begründeten Vereinigten Staaten von Amerika nicht ohne Rekurs auf europäische Verfassungsordnungen auskommen konnten und dass sich dabei gerade auch die föderative Organisationsform des Reiches als besonders hilfreich erwies. Immerhin weist die 1788 ratifizierte US-Verfassung bis heute singuläre Strukturparal-lelen zur föderativen Verfassung des frühneuzeitlichen Reiches auf.</p> Title: Die Vereinigten Staaten – Gegenentwurf oder Fortsetzung des föderalen Reiches mit anderen Mitteln<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Die Vereinigten Staaten – Gegenentwurf oder Fortsetzung des föderalen Reiches mit anderen Mitteln</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Jürgen Overhoff, Potsdam</p> <p>Wiewohl schon seit über zwei Jahrzehnten ein lebhaftes Interesse amerikanischer wie euro-päischer Historiker an den Konföderationen des 18. Jahrhunderts zu konstatieren ist, die - wie etwa die Schweiz oder die Niederlande - den bundesstaatlichen Zusammenschluss der USA angeregt oder gar beeinflusst haben, wurde in der historischen Forschung bislang noch kaum danach gefragt, ob nicht auch das älteste, größte und bedeutendste föderativ verfasste Gemeinwesen der Vormoderne, also das frühneuzeitliche deutsche Reich, als politisches Referenzsystem für den amerikanischen Staatenbund gedient hat. Dabei haben doch alle führenden amerikanischen Föderalisten - von Benjamin Franklin über Alexander Hamilton bis hin zu James Madison - das Reich seit den 1760er Jahren zunächst in ihrer privaten Korrespondenz, dann auch in den öffentlichen Debatten des Kongresses, kontinuierlich und mit großem Interesse als eine den eigenen Verfassungsdiskurs besonders inspirierende Ger-manic Confederation oder Confederate Republic of Germany gewürdigt und in durchaus kon-troversen Diskussionen analysiert. Der Vortrag wird demzufolge deutlich machen, dass auch die in einem revolutionären Entstehunsakt begründeten Vereinigten Staaten von Amerika nicht ohne Rekurs auf europäische Verfassungsordnungen auskommen konnten und dass sich dabei gerade auch die föderative Organisationsform des Reiches als besonders hilfreich erwies. Immerhin weist die 1788 ratifizierte US-Verfassung bis heute singuläre Strukturparal-lelen zur föderativen Verfassung des frühneuzeitlichen Reiches auf.</p> Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland 2008-07-09T20:41:07Z 2008-07-09T20:41:07Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/154 Title: Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Johannes Burkhardt, Augsburg</p> <p>Bald nachdem sich amerikanische Staatsgründer bei Prof. Pütter in Göttingen bundesstaatli-chen Expertenrat geholt hatten (Overhoff), verkündete der kommende Berliner Staatsphilo-soph Hegel noch zu Lebzeiten des Reiches „Deutschland ist kein Staat mehr". Dann muß es jedoch vorher einmal einer gewesen sein, und damit erscheint ein politischer Systemver-gleich zwischen dem Reich deutscher Nation und der Bundesrepublik prinzipiell möglich. Leider mußte der Referent als erstes eine schreckliche Entdeckung mitteilen, die er mit Kar-tenmaterial untermauerte: Auch die Bundesrepublik Deutschland ist kein Staat mehr! Es handelt sich vielmehr um einen buntscheckigen Flickenteppich aus 16 Ländern unterschied-licher Größe, mit wenigen gesamtstaatlichen Behörden, aber einer Unzahl von „Landesfürs-ten", Landesministern, Landgerichten und Landtagen, oft noch weiter zersplittert in Be-zirkstage, Kreistage und Gemeinderäte. Lange wird dieses reformunfähige Monstrum, das nicht einmal eine ordentliche zentrale Exekutive hat, sondern selbst die vollziehende Gewalt und die Sicherheitsinteressen einer weit zahlreicheren Landespolizei überläßt, nicht mehr machen ...</p> <p>Mit solchen kurz vor dem Eingreifen des Verfassungsschutzes Halt machenden Parallelen wollte der Referent nicht die Bundesrepublik desavouieren, sondern diejenigen zum Nach-denken einladen, die in der Vergangenheit abwerten, was sie in der Gegenwart gar nicht in Frage stellen. Natürlich gibt es auch wohlbekannte große Unterschiede zwischen einer auf Volkssouveränität und Demokratie gegründeten Gegenwart und andererseits einem Lehens-reich mit zeremoniell inszenierten Rangungleichheiten, deren exotische Alteritäten heute als symbolische Formen neue Aufmerksamkeit finden und auch finden sollen. Aber mit einem strukturellen Blick aus gegenwärtiger Perspektive läßt sich auch ein Subtext der Gleichheiten oder Ähnlichkeiten erkennen, der für das Verständnis der historischen Dimension unseres politischen Systems freigelegt und unters volkssouveräne Volk gebracht gehört: ein für die Epoche hochentwickelte Maß an Rechtssicherheit, Friedensfähigkeit und Partizipation und eine Föderalismusfähigkeit, die eine Kernkompetenz der deutschen Geschichte darstellt. Kann sie für eine konsensfähige Meistererzählung benutzt werden? Der Referent verwies anhand der legitimiereden Präambeln der Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts dar-auf, wie viele föderale Errungenschaften des Reiches deutscher Nation in allen politischen Systemen - mit Ausnahme der totalitären Unterbrechungen - bis in die Gegenwart stecken und plädierte für eine unverkürzte Erinnerungskultur unseres politischen Systems.</p> <p> </p> Title: Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Brauchen wir eine neue deutsche Meistererzählung? Perspektiven aus der Frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Nicht nur Ungleichheiten. Das Reich deutscher Nation und die Bundesrepublik Deutschland</strong></p> <p><em>Referent/in:</em> Johannes Burkhardt, Augsburg</p> <p>Bald nachdem sich amerikanische Staatsgründer bei Prof. Pütter in Göttingen bundesstaatli-chen Expertenrat geholt hatten (Overhoff), verkündete der kommende Berliner Staatsphilo-soph Hegel noch zu Lebzeiten des Reiches „Deutschland ist kein Staat mehr". Dann muß es jedoch vorher einmal einer gewesen sein, und damit erscheint ein politischer Systemver-gleich zwischen dem Reich deutscher Nation und der Bundesrepublik prinzipiell möglich. Leider mußte der Referent als erstes eine schreckliche Entdeckung mitteilen, die er mit Kar-tenmaterial untermauerte: Auch die Bundesrepublik Deutschland ist kein Staat mehr! Es handelt sich vielmehr um einen buntscheckigen Flickenteppich aus 16 Ländern unterschied-licher Größe, mit wenigen gesamtstaatlichen Behörden, aber einer Unzahl von „Landesfürs-ten", Landesministern, Landgerichten und Landtagen, oft noch weiter zersplittert in Be-zirkstage, Kreistage und Gemeinderäte. Lange wird dieses reformunfähige Monstrum, das nicht einmal eine ordentliche zentrale Exekutive hat, sondern selbst die vollziehende Gewalt und die Sicherheitsinteressen einer weit zahlreicheren Landespolizei überläßt, nicht mehr machen ...</p> <p>Mit solchen kurz vor dem Eingreifen des Verfassungsschutzes Halt machenden Parallelen wollte der Referent nicht die Bundesrepublik desavouieren, sondern diejenigen zum Nach-denken einladen, die in der Vergangenheit abwerten, was sie in der Gegenwart gar nicht in Frage stellen. Natürlich gibt es auch wohlbekannte große Unterschiede zwischen einer auf Volkssouveränität und Demokratie gegründeten Gegenwart und andererseits einem Lehens-reich mit zeremoniell inszenierten Rangungleichheiten, deren exotische Alteritäten heute als symbolische Formen neue Aufmerksamkeit finden und auch finden sollen. Aber mit einem strukturellen Blick aus gegenwärtiger Perspektive läßt sich auch ein Subtext der Gleichheiten oder Ähnlichkeiten erkennen, der für das Verständnis der historischen Dimension unseres politischen Systems freigelegt und unters volkssouveräne Volk gebracht gehört: ein für die Epoche hochentwickelte Maß an Rechtssicherheit, Friedensfähigkeit und Partizipation und eine Föderalismusfähigkeit, die eine Kernkompetenz der deutschen Geschichte darstellt. Kann sie für eine konsensfähige Meistererzählung benutzt werden? Der Referent verwies anhand der legitimiereden Präambeln der Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts dar-auf, wie viele föderale Errungenschaften des Reiches deutscher Nation in allen politischen Systemen - mit Ausnahme der totalitären Unterbrechungen - bis in die Gegenwart stecken und plädierte für eine unverkürzte Erinnerungskultur unseres politischen Systems.</p> <p> </p> Einleitung 2008-09-11T07:42:14Z 2008-09-11T07:42:14Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/230 Title: Einleitung<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Einleitung</strong></p> <p>Referent/in: Barbara Stollberg-Rilinger</p> Title: Einleitung<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Einleitung</strong></p> <p>Referent/in: Barbara Stollberg-Rilinger</p> Max Weber in der Frühneuzeithistorie 2008-09-11T07:43:26Z 2008-09-11T07:43:26Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/231 Title: Max Weber in der Frühneuzeithistorie<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Max Weber in der Frühneuzeithistorie</strong></p> <p>Referent/in: N.N.</p> <p>Wenn man einschätzen will, welche Bedeutung dem Werk von Max Weber in der deutschsprachigen Historiographie zur Frühen Neuzeit zukommt, steht man vor einem widersprüchlichen Befund: In den methodisch-theoretischen Einleitungen von Monographien der vergangenen zwanzig Jahre werden seine Religions- und Herrschaftssoziologie sowie seine Überlegungen zu Ständen und Klassen oftmals angeführt, meist jedoch etwas verschämt und an nicht sonderlich prominenter Stelle. Das gilt selbst für Studien, wo man anderes vermuten würde, zum Beispiel zur Entstehung und Ausprägung der Konfessionskirchen und ihrer verschiedenen Frömmigkeitsstile oder zum frühmodernen Staatsbildungsprozess. Und doch möchte ich behaupten, dass die Weberschen Modellbildungen geradezu omnipräsent sind, auch und gerade in historisch-anthropologischen oder kulturgeschichtlichen Studien, überwiegend freilich auf dem Umweg über die Texte jüngerer Theoretiker, die ihrerseits mehr oder weniger offen auf Weber rekurrieren. Mein Vortrag wird an einigen prominenten Fällen diesen Befund verdeutlichen und die Frage aufwerfen, weshalb die unverblümte Nutzung der Weberschen Interpretamente unterbleibt. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, auf welchen Feldern der Frühneuzeitforschung seine Theorienangebote auch künftig mit Gewinn zu nutzen sein werden und wo die Grenzen eines solchen Gebrauchs liegen.</p> Title: Max Weber in der Frühneuzeithistorie<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Max Weber in der Frühneuzeithistorie</strong></p> <p>Referent/in: N.N.</p> <p>Wenn man einschätzen will, welche Bedeutung dem Werk von Max Weber in der deutschsprachigen Historiographie zur Frühen Neuzeit zukommt, steht man vor einem widersprüchlichen Befund: In den methodisch-theoretischen Einleitungen von Monographien der vergangenen zwanzig Jahre werden seine Religions- und Herrschaftssoziologie sowie seine Überlegungen zu Ständen und Klassen oftmals angeführt, meist jedoch etwas verschämt und an nicht sonderlich prominenter Stelle. Das gilt selbst für Studien, wo man anderes vermuten würde, zum Beispiel zur Entstehung und Ausprägung der Konfessionskirchen und ihrer verschiedenen Frömmigkeitsstile oder zum frühmodernen Staatsbildungsprozess. Und doch möchte ich behaupten, dass die Weberschen Modellbildungen geradezu omnipräsent sind, auch und gerade in historisch-anthropologischen oder kulturgeschichtlichen Studien, überwiegend freilich auf dem Umweg über die Texte jüngerer Theoretiker, die ihrerseits mehr oder weniger offen auf Weber rekurrieren. Mein Vortrag wird an einigen prominenten Fällen diesen Befund verdeutlichen und die Frage aufwerfen, weshalb die unverblümte Nutzung der Weberschen Interpretamente unterbleibt. Daran sollen sich Überlegungen anschließen, auf welchen Feldern der Frühneuzeitforschung seine Theorienangebote auch künftig mit Gewinn zu nutzen sein werden und wo die Grenzen eines solchen Gebrauchs liegen.</p> Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft 2008-09-11T07:46:18Z 2008-09-11T07:46:18Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/232 Title: Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft: der praxeologische Ansatz Pierre Bourdieus</strong></p> <p>Referent/in: Marian Füssel, Münster</p> <p>Als eine explizite Theorie der Produktion und Reproduktion sozialer Ungleichheiten können die soziologischen Konzepte Pierre Bourdieus für die Rekonstruktion ständischer Ungleichheitsverhältnisse der Frühen Neuzeit besondere Relevanz beanspruchen. Bourdieus kulturtheoretische Erweiterung der klassischen Ansätze von Marx und Weber erweist sich gerade in der Anwendung auf vormoderne Gesellschaften als hilfreich, die noch nicht einem expliziten Primat ökonomischer Stratifizierung etwa entlang von Klassenlagen gehorchten. Die geschichtswissenschaftliche Rezeption von Bourdieus Theoremen begann zu Beginn der 80er Jahre im Rahmen einer Erweiterung der Sozialgeschichte durch ethnologische und sozialanthropologische Ansätze. So wurden gerade innerhalb der Frühneuzeitforschung die Konzeptionen von Ehre als symbolischem Kapital und von Habitus als handlungstheoretischem Vermittlungsscharnier zwischen Struktur und Praxis zu wichtigen Bezugspunkten. Seit den 1990er Jahren mehrte sich dann eine verstärkt kritische Auseinandersetzung mit der Theorie Bourdieus. Auch Historiker kritisierten nun wiederholt die vorgebliche Statik seiner Begriffe, die zuwenig Platz für historische Wandlungsprozesse und individuelle Handlungsspielräume der Akteure ließen. Jenseits der Kritik hat Bourdieus Theorie der Frühneuzeitforschung insgesamt wichtige Impulse vermittelt, die gerade die Geschichte sozialer Distinktion über Kleidung, Rangordnungen, korporative Zugehörigkeiten, Einsetzungsrituale und Ehrbegriffe inzwischen längst zu ihren zentralen Themen zählt. Entlang ausgewählter empirischer, an Bourdieu orientierter Arbeiten sollen Grundzüge der spezifisch frühneuzeitlichen ständischen Ungleichheitsverhältnisse herausgearbeitet und gleichzeitig deren Möglichkeiten und Grenzen beleuchtet werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Verhältnis von Statik und Dynamik und dem historischen Stellenwert der einzelnen Ressourcen, aus denen sich soziale Ungleichheitsrelationen speisen (den Bourdieuschen Kapitalsorten).</p> Title: Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft: der praxeologische Ansatz Pierre Bourdieus</strong></p> <p>Referent/in: Marian Füssel, Münster</p> <p>Als eine explizite Theorie der Produktion und Reproduktion sozialer Ungleichheiten können die soziologischen Konzepte Pierre Bourdieus für die Rekonstruktion ständischer Ungleichheitsverhältnisse der Frühen Neuzeit besondere Relevanz beanspruchen. Bourdieus kulturtheoretische Erweiterung der klassischen Ansätze von Marx und Weber erweist sich gerade in der Anwendung auf vormoderne Gesellschaften als hilfreich, die noch nicht einem expliziten Primat ökonomischer Stratifizierung etwa entlang von Klassenlagen gehorchten. Die geschichtswissenschaftliche Rezeption von Bourdieus Theoremen begann zu Beginn der 80er Jahre im Rahmen einer Erweiterung der Sozialgeschichte durch ethnologische und sozialanthropologische Ansätze. So wurden gerade innerhalb der Frühneuzeitforschung die Konzeptionen von Ehre als symbolischem Kapital und von Habitus als handlungstheoretischem Vermittlungsscharnier zwischen Struktur und Praxis zu wichtigen Bezugspunkten. Seit den 1990er Jahren mehrte sich dann eine verstärkt kritische Auseinandersetzung mit der Theorie Bourdieus. Auch Historiker kritisierten nun wiederholt die vorgebliche Statik seiner Begriffe, die zuwenig Platz für historische Wandlungsprozesse und individuelle Handlungsspielräume der Akteure ließen. Jenseits der Kritik hat Bourdieus Theorie der Frühneuzeitforschung insgesamt wichtige Impulse vermittelt, die gerade die Geschichte sozialer Distinktion über Kleidung, Rangordnungen, korporative Zugehörigkeiten, Einsetzungsrituale und Ehrbegriffe inzwischen längst zu ihren zentralen Themen zählt. Entlang ausgewählter empirischer, an Bourdieu orientierter Arbeiten sollen Grundzüge der spezifisch frühneuzeitlichen ständischen Ungleichheitsverhältnisse herausgearbeitet und gleichzeitig deren Möglichkeiten und Grenzen beleuchtet werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Verhältnis von Statik und Dynamik und dem historischen Stellenwert der einzelnen Ressourcen, aus denen sich soziale Ungleichheitsrelationen speisen (den Bourdieuschen Kapitalsorten).</p> Hierarchie und Funktion. Zur Transformation der stratifikatorischen Ordnung in der Frühen Neuzeit 2008-09-11T07:48:18Z 2008-09-11T07:48:18Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/233 Title: Hierarchie und Funktion. Zur Transformation der stratifikatorischen Ordnung in der Frühen Neuzeit<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Hierarchie und Funktion. Zur Transformation der stratifikatorischen Ordnung in der Frühen Neuzeit</strong></p> <p>Referent/in: Rudolf Schlögl, Konstanz</p> <p>In der Theorie sozialer Systeme wird mit der Unterscheidung Gleichheit/Ungleicheit an zwei Stellen beobachtet. Zum einen wird gesellschaftliche Differenzierung darauf hin befragt, wie und nach welchen Kriterien Sozialsysteme sich jeweils wechselseitig als Umwelt wahrnehmen und sich aufeinander beziehen. Zweitens bietet die Theorie sozialer Systeme eine Reformulierung der klassischen Rollentheorie, indem sie danach fragt, wie Individuen als Personen an der Kommunikation sozialer Systeme teilnehmen können. Dies wird mit der Unterscheidung Inklusion/Exklusion thematisiert. Die Theorie sozialer Systeme unterstellt damit, daß soziale Differenzierungsmuster auch die systemspezifischen Erwartungsstrukturen an Individuen definieren und auf diese Weise die in Kommunikation adressierbare Person konfigurieren. Die Gesellschaften der Frühen Neuzeit werden in der Theorie sozialer Systeme als hierarchisch differenzierte Sozialordnungen beschrieben, in denen Inklusion in Sozialsysteme bzw. die Exklusion aus ihnen nach Familienzugehörigkeit, d.h. durch Geburt erfolgte. Entsprechend war die kommunikativ adressierbare Person jeweils durch ihre Herkunft definiert. <br />Der Vortrag soll zunächst dieses Modell sozialer Ungleichheit etwas genauer darlegen, wobei es mir in einer kommunikationstheoretischen Perspektive darauf ankommen wird, die medialen Dimensionen von Inklusions- und Exklusionsmechanismen in der frühneuzeitlichen Gesellschaft herauszuarbeiten. In einem zweiten Schritt soll dann die These geprüft werden, daß die Selbstbeschreibungen der frühneuzeitlichen Gesellschaft als Ständegesellschaft seit Beginn des 16. Jahrhunderts neben der Geburt bereits Funktion als zweites Kriterium kannte, das über Inklusion bzw. Exklusion bestimmte. Die Vermutung liegt nahe, daß im weiteren Verlauf soziale Differenzierungsprozesse durch die unterschiedliche Kombination dieser beiden Inklusionskriterien bewältigt werden sollten. Die Positionierung von Personen folgte deswegen seit dem 16. Jahrhundert zunehmend nach einem mehrdimensionalen Muster, in dem Geburt, Ehre/Ansehen und rechtliche Privilegierung ineinander flossen. Faktisch führte die soziale Dynamisierung der frühneuzeitlichen Gesellschaft zu einer zunehmenden Verrechtlichung von Rangunterschieden. Paradoxerweise scheint aber gerade die formale Gleichheit von Rechtsansprüchen dazu beigetragen zu haben, daß die Hierarchisierung sozialer Differenzierungsmuster gegen Ende des 18. Jahrhunderts immer unplausibler wurde.</p> Title: Hierarchie und Funktion. Zur Transformation der stratifikatorischen Ordnung in der Frühen Neuzeit<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Hierarchie und Funktion. Zur Transformation der stratifikatorischen Ordnung in der Frühen Neuzeit</strong></p> <p>Referent/in: Rudolf Schlögl, Konstanz</p> <p>In der Theorie sozialer Systeme wird mit der Unterscheidung Gleichheit/Ungleicheit an zwei Stellen beobachtet. Zum einen wird gesellschaftliche Differenzierung darauf hin befragt, wie und nach welchen Kriterien Sozialsysteme sich jeweils wechselseitig als Umwelt wahrnehmen und sich aufeinander beziehen. Zweitens bietet die Theorie sozialer Systeme eine Reformulierung der klassischen Rollentheorie, indem sie danach fragt, wie Individuen als Personen an der Kommunikation sozialer Systeme teilnehmen können. Dies wird mit der Unterscheidung Inklusion/Exklusion thematisiert. Die Theorie sozialer Systeme unterstellt damit, daß soziale Differenzierungsmuster auch die systemspezifischen Erwartungsstrukturen an Individuen definieren und auf diese Weise die in Kommunikation adressierbare Person konfigurieren. Die Gesellschaften der Frühen Neuzeit werden in der Theorie sozialer Systeme als hierarchisch differenzierte Sozialordnungen beschrieben, in denen Inklusion in Sozialsysteme bzw. die Exklusion aus ihnen nach Familienzugehörigkeit, d.h. durch Geburt erfolgte. Entsprechend war die kommunikativ adressierbare Person jeweils durch ihre Herkunft definiert. <br />Der Vortrag soll zunächst dieses Modell sozialer Ungleichheit etwas genauer darlegen, wobei es mir in einer kommunikationstheoretischen Perspektive darauf ankommen wird, die medialen Dimensionen von Inklusions- und Exklusionsmechanismen in der frühneuzeitlichen Gesellschaft herauszuarbeiten. In einem zweiten Schritt soll dann die These geprüft werden, daß die Selbstbeschreibungen der frühneuzeitlichen Gesellschaft als Ständegesellschaft seit Beginn des 16. Jahrhunderts neben der Geburt bereits Funktion als zweites Kriterium kannte, das über Inklusion bzw. Exklusion bestimmte. Die Vermutung liegt nahe, daß im weiteren Verlauf soziale Differenzierungsprozesse durch die unterschiedliche Kombination dieser beiden Inklusionskriterien bewältigt werden sollten. Die Positionierung von Personen folgte deswegen seit dem 16. Jahrhundert zunehmend nach einem mehrdimensionalen Muster, in dem Geburt, Ehre/Ansehen und rechtliche Privilegierung ineinander flossen. Faktisch führte die soziale Dynamisierung der frühneuzeitlichen Gesellschaft zu einer zunehmenden Verrechtlichung von Rangunterschieden. Paradoxerweise scheint aber gerade die formale Gleichheit von Rechtsansprüchen dazu beigetragen zu haben, daß die Hierarchisierung sozialer Differenzierungsmuster gegen Ende des 18. Jahrhunderts immer unplausibler wurde.</p> Ständische Ungleichheit und Geschlechterforschung 2008-09-11T07:49:34Z 2008-09-11T07:49:34Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/234 Title: Ständische Ungleichheit und Geschlechterforschung<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Ständische Ungleichheit und Geschlechterforschung <br /></strong></p> <p>Referent/in:Claudia Ulbrich, Berlin</p> <p>Die Grenzen vieler makrohististorischer Ansätze, die die Frühe Neuzeit als Übergangsepoche zur Moderne abzubilden versuchen, werden in der Regel sehr deutlich, wenn es darum geht, das Handeln von Frauen in die bekannten Strukturmodelle (etwa bzgl. politischer Partizipation) zu integrieren. Obwohl die Beteiligung von Frauen an Politik, Wirtschaft und Kultur in der Frühen Neuzeit unübersehbar ist, wird Frauenmacht meist zur „Ausnahme“ erklärt. Das ausdifferenzierte Theorieangebot der Geschlechterforschung (Gender Studies, Male Studies, Queer Theory) stellt Modelle zur Verfügung, Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern und innerhalb der Geschlechtergruppen zu analysieren, ohne auf das Hilfskonstrukt „Ausnahme“ zurückgreifen zu müssen. Da die Konzepte der Geschlechterforschung zum großen Teil in westlichen Gesellschaften entwickelt wurden und die spezifischen Erfahrungen dieser Gesellschaften (z.B. Black Women, Gay bzw. Lesbian Movement, Queer Theory) widerspiegeln, stellt sich die Frage, was es bedeutet, wenn solche Konzepte auf historische Gesellschaften übertragen werden. Welche neuen Fragen und Themen werden angestoßen, welche Wege zur Erforschung von Ungleichheiten und Differenz aufgezeigt ?</p> Title: Ständische Ungleichheit und Geschlechterforschung<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Ständische Ungleichheit und Geschlechterforschung <br /></strong></p> <p>Referent/in:Claudia Ulbrich, Berlin</p> <p>Die Grenzen vieler makrohististorischer Ansätze, die die Frühe Neuzeit als Übergangsepoche zur Moderne abzubilden versuchen, werden in der Regel sehr deutlich, wenn es darum geht, das Handeln von Frauen in die bekannten Strukturmodelle (etwa bzgl. politischer Partizipation) zu integrieren. Obwohl die Beteiligung von Frauen an Politik, Wirtschaft und Kultur in der Frühen Neuzeit unübersehbar ist, wird Frauenmacht meist zur „Ausnahme“ erklärt. Das ausdifferenzierte Theorieangebot der Geschlechterforschung (Gender Studies, Male Studies, Queer Theory) stellt Modelle zur Verfügung, Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern und innerhalb der Geschlechtergruppen zu analysieren, ohne auf das Hilfskonstrukt „Ausnahme“ zurückgreifen zu müssen. Da die Konzepte der Geschlechterforschung zum großen Teil in westlichen Gesellschaften entwickelt wurden und die spezifischen Erfahrungen dieser Gesellschaften (z.B. Black Women, Gay bzw. Lesbian Movement, Queer Theory) widerspiegeln, stellt sich die Frage, was es bedeutet, wenn solche Konzepte auf historische Gesellschaften übertragen werden. Welche neuen Fragen und Themen werden angestoßen, welche Wege zur Erforschung von Ungleichheiten und Differenz aufgezeigt ?</p> Kommentar aus soziologischer Perspektive 2008-09-11T07:50:33Z 2008-09-11T07:50:33Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/235 Title: Kommentar aus soziologischer Perspektive<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Kommentar aus soziologischer Perspektive</strong></p> <p>Referent/in:Reinhard Kreckel, Halle-Wittenberg</p> <p> </p> Title: Kommentar aus soziologischer Perspektive<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: Soziologische Ungleichheitstheorien und die ständische Gesellschaft der frühen Neuzeit<br />Date: 01.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Kommentar aus soziologischer Perspektive</strong></p> <p>Referent/in:Reinhard Kreckel, Halle-Wittenberg</p> <p> </p> Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein 2008-07-08T19:25:34Z 2008-07-08T19:25:34Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/40 Title: Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <strong>Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein</strong> <p>Referent/in: Gisela Mettele, Leicester</p> <p>Der Vortrag geht der Frage nach, wie tragfähig das Erklärungskonzept der „neustän-dischen Gesellschaft" aus der Perspektive der Geschlechtergeschichte ist. Anregun-gen der vor allem im angelsächsischen Bereich etablierten Forschungsperspektive des „langen 18. Jahrhunderts" aufnehmend, wird dafür plädiert, das 19. Jahrhundert als allgemeinen Bezugspunkt bei der Betrachtung der bürgerlichen Geschlechterver-hältnisse um 1800 aufzugeben, um so die Komplexität und Uneindeutigkeit der Ge-schlechterordnungen in dieser Zeit besser erfassen zu können. In der bürgerlichen Geselligkeit und in den Geschlechterbeziehungen wurde mit neuen Lebens- und Umgangsformen jenseits ständisch-korporativer Grenzen experimentiert, ohne dass die Strukturen der modernen bürgerlichen Klassengesellschaft bereits absehbar wa-ren. Gleichzeitig war die bürgerliche Vorstellungswelt aber noch ganz selbstverständ-lich von ständischen Denkmodellen geprägt: Entgegen der modernen analytischen Trennung von Familie und Gesellschaft blieben um 1800 beide Bereiche eng mitein-ander verbunden. Die bürgerliche Gesellschaft wurde noch nicht vom Individuum sondern von der Familie als kleinster Einheit her gedacht, die fundamentale rechtli-che und politische Ungleichheit von Frauen daher noch nicht als grundsätzliches ge-sellschaftspolitisches Problem angesehen.<br />Diese Gleichzeitigkeit von ständetranszendierender Experimentierfreudigkeit und Fortdauer ständischer Denkhorizonte steht im Mittelpunkt des Vortrags. Zudem wird dafür plädiert, die verwandtschaftlichen Netzwerke des städtischen Bürgertums sys-tematischer als bisher in den Blick zu nehmen, und nach deren spezifischer Bedeu-tung in der Umbruchszeit um 1800 zu fragen. Die oft regional- und länderübergrei-fenden Familienbeziehungen des städtischen Bürgertums bieten - ebenso wie die geselligen Häuser als Knotenpunkte von Beziehungsnetzen einer nicht mehr lokal begrenzten Elite - auch Ansatzpunkte für eine europäische bzw. globale Perspekti-vierung der Geschlechtergeschichte.</p> Title: Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <strong>Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein</strong> <p>Referent/in: Gisela Mettele, Leicester</p> <p>Der Vortrag geht der Frage nach, wie tragfähig das Erklärungskonzept der „neustän-dischen Gesellschaft" aus der Perspektive der Geschlechtergeschichte ist. Anregun-gen der vor allem im angelsächsischen Bereich etablierten Forschungsperspektive des „langen 18. Jahrhunderts" aufnehmend, wird dafür plädiert, das 19. Jahrhundert als allgemeinen Bezugspunkt bei der Betrachtung der bürgerlichen Geschlechterver-hältnisse um 1800 aufzugeben, um so die Komplexität und Uneindeutigkeit der Ge-schlechterordnungen in dieser Zeit besser erfassen zu können. In der bürgerlichen Geselligkeit und in den Geschlechterbeziehungen wurde mit neuen Lebens- und Umgangsformen jenseits ständisch-korporativer Grenzen experimentiert, ohne dass die Strukturen der modernen bürgerlichen Klassengesellschaft bereits absehbar wa-ren. Gleichzeitig war die bürgerliche Vorstellungswelt aber noch ganz selbstverständ-lich von ständischen Denkmodellen geprägt: Entgegen der modernen analytischen Trennung von Familie und Gesellschaft blieben um 1800 beide Bereiche eng mitein-ander verbunden. Die bürgerliche Gesellschaft wurde noch nicht vom Individuum sondern von der Familie als kleinster Einheit her gedacht, die fundamentale rechtli-che und politische Ungleichheit von Frauen daher noch nicht als grundsätzliches ge-sellschaftspolitisches Problem angesehen.<br />Diese Gleichzeitigkeit von ständetranszendierender Experimentierfreudigkeit und Fortdauer ständischer Denkhorizonte steht im Mittelpunkt des Vortrags. Zudem wird dafür plädiert, die verwandtschaftlichen Netzwerke des städtischen Bürgertums sys-tematischer als bisher in den Blick zu nehmen, und nach deren spezifischer Bedeu-tung in der Umbruchszeit um 1800 zu fragen. Die oft regional- und länderübergrei-fenden Familienbeziehungen des städtischen Bürgertums bieten - ebenso wie die geselligen Häuser als Knotenpunkte von Beziehungsnetzen einer nicht mehr lokal begrenzten Elite - auch Ansatzpunkte für eine europäische bzw. globale Perspekti-vierung der Geschlechtergeschichte.</p> MARKT MACHT MEINUNG. Zur Nationalisierung des Wissens in enzyklopädischen Lexika Europas 2008-07-08T19:26:53Z 2008-07-08T19:26:53Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/41 Title: MARKT MACHT MEINUNG. Zur Nationalisierung des Wissens in enzyklopädischen Lexika Europas<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>MARKT MACHT MEINUNG. Zur Nationalisierung des Wissens in enzyklopädischen Lexika Europas</strong></p> <p>Referent/in: Ina Ulrike Paul, Berlin</p> <p>Während der Formierungsphase der modernen Wissenschaften in Europa wurden von Frankreich (1674) bis Russland (1793), von Italien (1701) bis Schweden und Po-len (1781) enzyklopädische Universallexika in den Landessprachen publiziert. Als moderne Medien der Wissenssicherung und -ordnung sowohl für die Neukar-tographierung als auch für die Vermittlung europäischen Weltwissens zuständig, lie-ßen sich mit Enzyklopädien auf den boomenden Buchmärkten Europas „glänzende Geschäfte" (R. Darnton) machen - sei es durch eigene Projekte, sei es durch Nach-druck, Neubearbeitung oder Übersetzung. Dabei unterstützten Verleger, Buchhänd-ler und Autoren zwar die Standes- und Landesgrenzen überschreitende Popularisie-rung von Wissen und Forschung, doch zielten sie als Unternehmer auf einen eige-nen, konkurrenzlosen Markt - und damit auf ein seine Alltagssprache vorziehendes Lesepublikum, das sich über die Gelehrten der respublica litteraria hinaus in der ex-ponentiell zunehmenden Menge Gebildeter fand. Deren Interesse am eigenen Land und ihre Neugierde auf „fremde" Länder und Kontinente antizipierend, wurden Aus-stattung und Inhalte der landessprachlichen Enzyklopädien bewusst für den inten-dierten Konsumentenkreis adaptiert. Indem Titelseiten, Vorworte und einschlägige Lemmata das zu Stereotypen verdichtete Wissen über das „Eigene" und die „Ande-ren" vermittelten, gerieten Enzyklopädien zu nationalen Prestigeprojekten der jeweili-gen Wissenskultur („national styles in science", J. Henry) und zu Medien ‚nationaler' Selbstdarstellung. Die Entstehungszusammenhänge der enzyklopädischen Unter-nehmen dagegen waren transnational, die „route des encyclopédies" (J. Proust) führ-te über Ländergrenzen und Kontinente. - Der Vortrag fragt also im Blick auf die Pro-duzenten und Rezipienten von Enzyklopädien ebenso wie auf die europa- und welt-weite Verflechtung der Buchmärkte nach der Existenz einer „neuständischen Gesell-schaft in globalem Kontext", die der die Kontinuitäten zwischen 18. und 19. Jahrhun-dert betonende Forschungsansatz für die Zeit zwischen 1750 und 1830 unter dem Rubrum „Wissen" liefert.</p> Title: MARKT MACHT MEINUNG. Zur Nationalisierung des Wissens in enzyklopädischen Lexika Europas<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>MARKT MACHT MEINUNG. Zur Nationalisierung des Wissens in enzyklopädischen Lexika Europas</strong></p> <p>Referent/in: Ina Ulrike Paul, Berlin</p> <p>Während der Formierungsphase der modernen Wissenschaften in Europa wurden von Frankreich (1674) bis Russland (1793), von Italien (1701) bis Schweden und Po-len (1781) enzyklopädische Universallexika in den Landessprachen publiziert. Als moderne Medien der Wissenssicherung und -ordnung sowohl für die Neukar-tographierung als auch für die Vermittlung europäischen Weltwissens zuständig, lie-ßen sich mit Enzyklopädien auf den boomenden Buchmärkten Europas „glänzende Geschäfte" (R. Darnton) machen - sei es durch eigene Projekte, sei es durch Nach-druck, Neubearbeitung oder Übersetzung. Dabei unterstützten Verleger, Buchhänd-ler und Autoren zwar die Standes- und Landesgrenzen überschreitende Popularisie-rung von Wissen und Forschung, doch zielten sie als Unternehmer auf einen eige-nen, konkurrenzlosen Markt - und damit auf ein seine Alltagssprache vorziehendes Lesepublikum, das sich über die Gelehrten der respublica litteraria hinaus in der ex-ponentiell zunehmenden Menge Gebildeter fand. Deren Interesse am eigenen Land und ihre Neugierde auf „fremde" Länder und Kontinente antizipierend, wurden Aus-stattung und Inhalte der landessprachlichen Enzyklopädien bewusst für den inten-dierten Konsumentenkreis adaptiert. Indem Titelseiten, Vorworte und einschlägige Lemmata das zu Stereotypen verdichtete Wissen über das „Eigene" und die „Ande-ren" vermittelten, gerieten Enzyklopädien zu nationalen Prestigeprojekten der jeweili-gen Wissenskultur („national styles in science", J. Henry) und zu Medien ‚nationaler' Selbstdarstellung. Die Entstehungszusammenhänge der enzyklopädischen Unter-nehmen dagegen waren transnational, die „route des encyclopédies" (J. Proust) führ-te über Ländergrenzen und Kontinente. - Der Vortrag fragt also im Blick auf die Pro-duzenten und Rezipienten von Enzyklopädien ebenso wie auf die europa- und welt-weite Verflechtung der Buchmärkte nach der Existenz einer „neuständischen Gesell-schaft in globalem Kontext", die der die Kontinuitäten zwischen 18. und 19. Jahrhun-dert betonende Forschungsansatz für die Zeit zwischen 1750 und 1830 unter dem Rubrum „Wissen" liefert.</p> Kommerz, Kultur und neuständische Identitäten. Konsumgesellschaft um 1800 2008-07-08T19:27:50Z 2008-07-08T19:27:50Z http://www.historikertag.de/Dresden2008/index.php/wissenschaftliches-programm/epochenuebersicht/details/42 Title: Kommerz, Kultur und neuständische Identitäten. Konsumgesellschaft um 1800<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Kommerz, Kultur und neuständische Identitäten. Konsumgesellschaft um 1800</strong></p> <p>Referent/in: Julia A. Schmidt-Funke, Mainz</p> <p>Konsens und Dissens der bisherigen konsumgeschichtlichen Forschung gebieten es gleichermaßen, nach der Bedeutung des Konsums zu fragen, wenn mit dem Konzept der neuständischen Gesellschaft ein neuer Forschungsansatz für die Zeit zwischen 1770 und 1830 erprobt werden soll. Deshalb befasst sich der Vortrag mit dem Kon-sumverhalten der 'gebildeten Stände' um die Wende zum 19. Jahrhundert und ver-sucht zu klären, ob und in welchem Maß Konsum als eine Kohäsionskraft der neu-ständischen Gesellschaft zu gelten hat. Dem Vortrag liegt dabei ein weitgefasster Konsumbegriff zugrunde, der sich nicht auf Gebrauchsgüter, Kleidung und Genuss-mittel beschränkt, sondern auch den kulturellen Konsum von Literatur, bildender Kunst, Musik und Theater berücksichtigt. <br />Als Charakteristika einer neuständischen Konsumgesellschaft sind folgende Aspekte zu diskutieren: Kennzeichnend scheint zum einen die Verschmelzung adligen und bürgerlichen Geschmacks und Konsums zu sein, die von einer Abgrenzung gegen-über unterbürgerlichen Schichten begleitet wird. Wie die im ausgehenden 18. Jahr-hundert geführte Diskussion über den Luxus belegt, wurde ein erhöhter Konsum als 'standesgemäßer Aufwand' nicht mehr nur des Adels, sondern auch des Bürgertums akzeptiert. Adlige wie Bürgerliche fragten neue Güter des gehobenen Gebrauchs nach, die zwar bereits mit technischer Innovation und in erhöhten Stückzahlen her-gestellt wurden, aber noch keine Massenware waren. Möglicherweise trat dabei die geschlechtliche Zuordnung von Waren zunehmend an die Stelle einer geburtsständi-schen Differenzierung des Konsums. Als charakteristisch erscheint zum zweiten das Changieren von Konsum und Handel zwischen globaler Verflechtung und nationaler Abgrenzung, das an der Diskussion um Zölle, Surrogate und Gewerbeförderung deutlich wird.</p> Title: Kommerz, Kultur und neuständische Identitäten. Konsumgesellschaft um 1800<br />Venue: Frühe Neuzeit / <br />Category: „Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)<br />Date: 03.10.2008<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><strong>Kommerz, Kultur und neuständische Identitäten. Konsumgesellschaft um 1800</strong></p> <p>Referent/in: Julia A. Schmidt-Funke, Mainz</p> <p>Konsens und Dissens der bisherigen konsumgeschichtlichen Forschung gebieten es gleichermaßen, nach der Bedeutung des Konsums zu fragen, wenn mit dem Konzept der neuständischen Gesellschaft ein neuer Forschungsansatz für die Zeit zwischen 1770 und 1830 erprobt werden soll. Deshalb befasst sich der Vortrag mit dem Kon-sumverhalten der 'gebildeten Stände' um die Wende zum 19. Jahrhundert und ver-sucht zu klären, ob und in welchem Maß Konsum als eine Kohäsionskraft der neu-ständischen Gesellschaft zu gelten hat. Dem Vortrag liegt dabei ein weitgefasster Konsumbegriff zugrunde, der sich nicht auf Gebrauchsgüter, Kleidung und Genuss-mittel beschränkt, sondern auch den kulturellen Konsum von Literatur, bildender Kunst, Musik und Theater berücksichtigt. <br />Als Charakteristika einer neuständischen Konsumgesellschaft sind folgende Aspekte zu diskutieren: Kennzeichnend scheint zum einen die Verschmelzung adligen und bürgerlichen Geschmacks und Konsums zu sein, die von einer Abgrenzung gegen-über unterbürgerlichen Schichten begleitet wird. Wie die im ausgehenden 18. Jahr-hundert geführte Diskussion über den Luxus belegt, wurde ein erhöhter Konsum als 'standesgemäßer Aufwand' nicht mehr nur des Adels, sondern auch des Bürgertums akzeptiert. Adlige wie Bürgerliche fragten neue Güter des gehobenen Gebrauchs nach, die zwar bereits mit technischer Innovation und in erhöhten Stückzahlen her-gestellt wurden, aber noch keine Massenware waren. Möglicherweise trat dabei die geschlechtliche Zuordnung von Waren zunehmend an die Stelle einer geburtsständi-schen Differenzierung des Konsums. Als charakteristisch erscheint zum zweiten das Changieren von Konsum und Handel zwischen globaler Verflechtung und nationaler Abgrenzung, das an der Diskussion um Zölle, Surrogate und Gewerbeförderung deutlich wird.</p>