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Der Berichtsband erscheint voraussichtlich im Sommer 2009. Wir werden Sie an dieser Stelle weiterhin informieren.
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Vortragstitel:
Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein
Tag:
03.10.2008
Epoche:
Frühe Neuzeit
Sektion:
„Neuständische Gesellschaft“ - Europäische Gesellschaft im globalen Kontext (1750-1830/40)

Abstract:

Die Ordnung der Geschlechter. Bürgerinnen und weibliches Standesbewusstsein

Referent/in: Gisela Mettele, Leicester

Der Vortrag geht der Frage nach, wie tragfähig das Erklärungskonzept der „neustän-dischen Gesellschaft" aus der Perspektive der Geschlechtergeschichte ist. Anregun-gen der vor allem im angelsächsischen Bereich etablierten Forschungsperspektive des „langen 18. Jahrhunderts" aufnehmend, wird dafür plädiert, das 19. Jahrhundert als allgemeinen Bezugspunkt bei der Betrachtung der bürgerlichen Geschlechterver-hältnisse um 1800 aufzugeben, um so die Komplexität und Uneindeutigkeit der Ge-schlechterordnungen in dieser Zeit besser erfassen zu können. In der bürgerlichen Geselligkeit und in den Geschlechterbeziehungen wurde mit neuen Lebens- und Umgangsformen jenseits ständisch-korporativer Grenzen experimentiert, ohne dass die Strukturen der modernen bürgerlichen Klassengesellschaft bereits absehbar wa-ren. Gleichzeitig war die bürgerliche Vorstellungswelt aber noch ganz selbstverständ-lich von ständischen Denkmodellen geprägt: Entgegen der modernen analytischen Trennung von Familie und Gesellschaft blieben um 1800 beide Bereiche eng mitein-ander verbunden. Die bürgerliche Gesellschaft wurde noch nicht vom Individuum sondern von der Familie als kleinster Einheit her gedacht, die fundamentale rechtli-che und politische Ungleichheit von Frauen daher noch nicht als grundsätzliches ge-sellschaftspolitisches Problem angesehen.
Diese Gleichzeitigkeit von ständetranszendierender Experimentierfreudigkeit und Fortdauer ständischer Denkhorizonte steht im Mittelpunkt des Vortrags. Zudem wird dafür plädiert, die verwandtschaftlichen Netzwerke des städtischen Bürgertums sys-tematischer als bisher in den Blick zu nehmen, und nach deren spezifischer Bedeu-tung in der Umbruchszeit um 1800 zu fragen. Die oft regional- und länderübergrei-fenden Familienbeziehungen des städtischen Bürgertums bieten - ebenso wie die geselligen Häuser als Knotenpunkte von Beziehungsnetzen einer nicht mehr lokal begrenzten Elite - auch Ansatzpunkte für eine europäische bzw. globale Perspekti-vierung der Geschlechtergeschichte.