Sektionsübersicht Herzlich willkommen auf der Homepage des 48. Deutschen Historikertages http://www.historikertag.de/Berlin2010/index.php/wissenschaftliches-programm/sektionsuebersicht/categoryevents/91 2011-10-28T13:23:42Z Joomla! 1.5 - Open Source Content Management Sklavenarbeit in der Todeszone: Die Be- und Entgrenzung von Gewalt in KZ-Außenlagern 2010-03-29T11:43:50Z 2010-03-29T11:43:50Z http://www.historikertag.de/Berlin2010/index.php/wissenschaftliches-programm/sektionsuebersicht/details/530 Title: Sklavenarbeit in der Todeszone: Die Be- und Entgrenzung von Gewalt in KZ-Außenlagern<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Sklavenarbeit in der Todeszone: Die Be- und Entgrenzung von Gewalt in KZ-Außenlagern</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Marc Buggeln, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p><p>Ab 1942 mussten KZ-Häftlinge verstärkt für die deutsche Kriegswirtschaft arbeiten. Hierfür errichteten SS und Wirtschaftsbetriebe KZ-Außenlager, die häufig auf Betriebsgeländen oder mitten in Städten oder Ortschaften lagen. Schließlich überzog 1944 ein Netz von mindestens sechshundert dieser Lager das Deutsche Reich. Die KZ-Außenlager waren Orte der Sklavenarbeit, massiver Gewalt und des Sterbens.&nbsp;</p><p>Anhand des Beispiels der 86 Außenlager des KZ Neuengamme sollen die konkreten Gewaltpraxen untersucht werden. Zunächst geht es um die von der SS und dem Betriebspersonal ausgeübte Gewalt. Hier wird gezeigt, dass die SS-Führung in der Lage war das Ausmaß der Gewalt in den Lagern zu steuern und nach Bedarf zu intensivieren oder zu begrenzen. Nachdem die Gewalt 1942 zu solch hohen Todesraten geführt hatte, dass die kriegswichtigen Projekte gefährdet schienen, welche die SS mit der Arbeitskraft der Häftlinge betrieb, setzte die SS-Führung bestimmte Gewaltbegrenzungen in Kraft. Dies führte auch in den Außenlagern zum Rückgang bestimmter Gewaltphänomene, während andere Praxen bedeutsamer wurden. Insgesamt kam es dadurch zu einem deutlichen Absinken der Sterblichkeitsraten in den KZ-Außenlagern. Erst im Herbst 1944 begann die SS mit der absehbaren Kriegsniederlage, die Gewaltpraktiken wieder zu verschärfen. Die Folgen waren Gewalteskalationen, Massaker und ein dramatischer Anstieg der Sterblichkeitsziffern.</p><p>Daran anschließend wird aufgezeigt, wie die Häftlinge auf die Gewalt der SS reagierten. Je mehr Gewalt eingesetzt wurde, desto stärker atomisierte sich im Regelfall die Häftlingsgesellschaft. Dies führte auch zu steigender Gewaltausübung unter den Häftlingen selbst. Oft bildeten sich national organisierte Gewaltgruppen, die sich Überlebensvorteile gegenüber anderen Gruppen zu verschaffen versuchten.</p><p>Die KZ-Außenlager waren kein abgeschlossener Raum. Die Lagerverhältnisse wirkten in vielerlei Hinsicht auf die das Lager umgebende deutsche Gesellschaft ein, wie dies auch umgekehrt der Fall war. Da es sich bei den Außenlagern häufig um schnell errichtete Provisorien handelte, konnte die deutsche Bevölkerung mitunter die Lager einsehen. Lagerzaun und SS-Wachmannschaften bildeten nur noch eine sehr durchlässige Grenze zwischen Häftlingen und deutscher Gesellschaft. So kam es zu vielfältigen Kontakten und auch zu gewaltsamen Übergriffen auf die Häftlinge.&nbsp;</p><p>Zusammengefasst geht es darum die Praxen der Gewaltbegrenzung wie der -entgrenzung der Lagerbeherrscher samt ihrer Rückwirkungen auf die Häftlingsgesellschaft zu analysieren und die durchlässigen Grenzen des Gewaltraumes KZ-Außenlager mit den gewaltvollen Beziehungen zwischen Lager und deutscher Gesellschaft zu erfassen.</p></p> Title: Sklavenarbeit in der Todeszone: Die Be- und Entgrenzung von Gewalt in KZ-Außenlagern<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Sklavenarbeit in der Todeszone: Die Be- und Entgrenzung von Gewalt in KZ-Außenlagern</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Marc Buggeln, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p><p>Ab 1942 mussten KZ-Häftlinge verstärkt für die deutsche Kriegswirtschaft arbeiten. Hierfür errichteten SS und Wirtschaftsbetriebe KZ-Außenlager, die häufig auf Betriebsgeländen oder mitten in Städten oder Ortschaften lagen. Schließlich überzog 1944 ein Netz von mindestens sechshundert dieser Lager das Deutsche Reich. Die KZ-Außenlager waren Orte der Sklavenarbeit, massiver Gewalt und des Sterbens.&nbsp;</p><p>Anhand des Beispiels der 86 Außenlager des KZ Neuengamme sollen die konkreten Gewaltpraxen untersucht werden. Zunächst geht es um die von der SS und dem Betriebspersonal ausgeübte Gewalt. Hier wird gezeigt, dass die SS-Führung in der Lage war das Ausmaß der Gewalt in den Lagern zu steuern und nach Bedarf zu intensivieren oder zu begrenzen. Nachdem die Gewalt 1942 zu solch hohen Todesraten geführt hatte, dass die kriegswichtigen Projekte gefährdet schienen, welche die SS mit der Arbeitskraft der Häftlinge betrieb, setzte die SS-Führung bestimmte Gewaltbegrenzungen in Kraft. Dies führte auch in den Außenlagern zum Rückgang bestimmter Gewaltphänomene, während andere Praxen bedeutsamer wurden. Insgesamt kam es dadurch zu einem deutlichen Absinken der Sterblichkeitsraten in den KZ-Außenlagern. Erst im Herbst 1944 begann die SS mit der absehbaren Kriegsniederlage, die Gewaltpraktiken wieder zu verschärfen. Die Folgen waren Gewalteskalationen, Massaker und ein dramatischer Anstieg der Sterblichkeitsziffern.</p><p>Daran anschließend wird aufgezeigt, wie die Häftlinge auf die Gewalt der SS reagierten. Je mehr Gewalt eingesetzt wurde, desto stärker atomisierte sich im Regelfall die Häftlingsgesellschaft. Dies führte auch zu steigender Gewaltausübung unter den Häftlingen selbst. Oft bildeten sich national organisierte Gewaltgruppen, die sich Überlebensvorteile gegenüber anderen Gruppen zu verschaffen versuchten.</p><p>Die KZ-Außenlager waren kein abgeschlossener Raum. Die Lagerverhältnisse wirkten in vielerlei Hinsicht auf die das Lager umgebende deutsche Gesellschaft ein, wie dies auch umgekehrt der Fall war. Da es sich bei den Außenlagern häufig um schnell errichtete Provisorien handelte, konnte die deutsche Bevölkerung mitunter die Lager einsehen. Lagerzaun und SS-Wachmannschaften bildeten nur noch eine sehr durchlässige Grenze zwischen Häftlingen und deutscher Gesellschaft. So kam es zu vielfältigen Kontakten und auch zu gewaltsamen Übergriffen auf die Häftlinge.&nbsp;</p><p>Zusammengefasst geht es darum die Praxen der Gewaltbegrenzung wie der -entgrenzung der Lagerbeherrscher samt ihrer Rückwirkungen auf die Häftlingsgesellschaft zu analysieren und die durchlässigen Grenzen des Gewaltraumes KZ-Außenlager mit den gewaltvollen Beziehungen zwischen Lager und deutscher Gesellschaft zu erfassen.</p></p> Zonierungen von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien, 1941–1945 2010-03-29T11:45:14Z 2010-03-29T11:45:14Z http://www.historikertag.de/Berlin2010/index.php/wissenschaftliches-programm/sektionsuebersicht/details/531 Title: Zonierungen von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien, 1941–1945<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Zonierungen von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien, 1941–1945</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Alexander Korb, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p><p>Um einen Gewaltraum analytisch erfassen zu können, ist es wichtig, seine Zonierungen zu kennen. Der Balkan galt und gilt vielen zeitgenössischen Beobachtern als Gewaltraum par excellence, der nach der simplen Regel „Alle gegen alle“ strukturiert war und ist. Dagegen wird am Beispiel von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien (USK) 1941-1945 exemplarisch gezeigt, dass sich die Gewalt nicht als blindes und unkontrolliertes Wüten abspielte, sondern sich in einem komplexen sozio-politischen Gesamtzusammenhang bewegte. Im Vortrag wird die Frage im Vordergrund stehen, wie der untersuchte Gewaltraum strukturiert war, wie einzelne Zonen der Gewalt voneinander abgrenzt waren, und welche Auswirkungen das auf die sich im Gewaltraum befindlichen Menschen und ihr Handeln hatte.</p><p>Der Unabhängige Staat Kroatien war 1941 durch das Deutsche Reich und Italien auf den Trümmern Jugoslawiens gegründeten worden. Regiert von der faschistischen Ustaša-Bewegung, war der USK in eine deutsche und in eine italienische Okkupationszone zerteilt war. Die Bevölkerung des USK war äußerst heterogen, und das designierte kroatische Staatsvolk stellte gerade einmal die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Das Ziel der Ustaša vom großkroatischen Nationalstaat lag in weiter Ferne. Der fragile Staat versank bald nach seiner Errichtung in Massengewalt. Die Ustaša war die treibende Kraft hinter der Massengewalt im USK. Ihre Milizen verübten Vertreibungen und Massaker, die sich gegen ethnische Minderheiten in Kroatien richteten, namentlich gegen Serben, Juden und Roma. Daraus resultierend, und damit verbunden, waren weitere Ebenen der Gewalt: Die serbische Bevölkerung erhob sich in einem gewaltigen Aufstand gegen den kroatischen Staat. Ihre Spaltung in kommunistische Partisanen und in nationalserbische Četnici führte indes in einen erbitterten Bürgerkrieg, in dem die Zivilbevölkerung vielfach das primäre Angriffsziel bildete. Reziproke ethnische Säuberungen, Partisanenkrieg, Sezessionskrieg und Bürgerkrieg sind die wichtigsten Gewaltebenen, in denen sich die größten Akteursgruppen im USK begegneten und bekämpften. Abhängig von der jeweils dominierenden Akteursgruppe und ihren Kriegszielen bildeten sich verschiedene Gewaltzonen heraus, die von Einflussgrenzen, geographischen und demographischen Faktoren abhingen. Diese Gemengelage ergibt eine Vielzahl von sich verändernden Zonierungen, die sowohl für das Überleben oder Sterben der Verfolgten wie auch für die Handlungsspielräume der Tätergruppen von entscheidender Bedeutung waren. Während Juden sowie Roma aus dem einen Gebiet deportiert wurden, standen ihnen in anderen Gebieten frei, sich zu bewaffnen oder sich auf andere Weise zu schützen. Wurden die Ustaša-Milizen in bestimmten Räumen entwaffnet, waren sie in anderen die einzige bewaffnete Macht. Gewalt bedeutete eine Chance, seine Ziele zu verwirklichen. Doch beinhaltete das komplexen Akteursgeflecht ein hohes Konfliktpotential auch zwischen verbündeten Gruppen bezüglich der Frage, welches Ausmaß von Gewalt zu welchem Zeitpunkt und gegen wen gerichtet sinnvoll sei.</p><p>Durch das Zusammenziehen der politisch-militärischen Gegebenheiten mit räumlichen Faktoren soll im Vortrag eine Morphologie der Gewaltzonen vorgestellt werden, und nach dem Wandel ihrer Grenzen im Laufe der Zeit gefragt werden. Dabei interessiert, wie Gewalt Grenzen zu überwinden und zu ändern vermochte, aber auch, wo bestimmte Formen der Gewalt an bestimmte Räume gebunden waren. Im Bezug auf die deutschen, italienischen und jugoslawischen Gewaltakteure wird gefragt, was diese unternahmen, um ihre Vorstellungen von einer gewaltsamen Ordnung durchzusetzen, und was sie aus welchen Gründen unternahmen, um Gewalt zu entgrenzen bzw. zu begrenzen.</p></p> Title: Zonierungen von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien, 1941–1945<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Zonierungen von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien, 1941–1945</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Alexander Korb, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p><p>Um einen Gewaltraum analytisch erfassen zu können, ist es wichtig, seine Zonierungen zu kennen. Der Balkan galt und gilt vielen zeitgenössischen Beobachtern als Gewaltraum par excellence, der nach der simplen Regel „Alle gegen alle“ strukturiert war und ist. Dagegen wird am Beispiel von Krieg und Massengewalt im Unabhängigen Staat Kroatien (USK) 1941-1945 exemplarisch gezeigt, dass sich die Gewalt nicht als blindes und unkontrolliertes Wüten abspielte, sondern sich in einem komplexen sozio-politischen Gesamtzusammenhang bewegte. Im Vortrag wird die Frage im Vordergrund stehen, wie der untersuchte Gewaltraum strukturiert war, wie einzelne Zonen der Gewalt voneinander abgrenzt waren, und welche Auswirkungen das auf die sich im Gewaltraum befindlichen Menschen und ihr Handeln hatte.</p><p>Der Unabhängige Staat Kroatien war 1941 durch das Deutsche Reich und Italien auf den Trümmern Jugoslawiens gegründeten worden. Regiert von der faschistischen Ustaša-Bewegung, war der USK in eine deutsche und in eine italienische Okkupationszone zerteilt war. Die Bevölkerung des USK war äußerst heterogen, und das designierte kroatische Staatsvolk stellte gerade einmal die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Das Ziel der Ustaša vom großkroatischen Nationalstaat lag in weiter Ferne. Der fragile Staat versank bald nach seiner Errichtung in Massengewalt. Die Ustaša war die treibende Kraft hinter der Massengewalt im USK. Ihre Milizen verübten Vertreibungen und Massaker, die sich gegen ethnische Minderheiten in Kroatien richteten, namentlich gegen Serben, Juden und Roma. Daraus resultierend, und damit verbunden, waren weitere Ebenen der Gewalt: Die serbische Bevölkerung erhob sich in einem gewaltigen Aufstand gegen den kroatischen Staat. Ihre Spaltung in kommunistische Partisanen und in nationalserbische Četnici führte indes in einen erbitterten Bürgerkrieg, in dem die Zivilbevölkerung vielfach das primäre Angriffsziel bildete. Reziproke ethnische Säuberungen, Partisanenkrieg, Sezessionskrieg und Bürgerkrieg sind die wichtigsten Gewaltebenen, in denen sich die größten Akteursgruppen im USK begegneten und bekämpften. Abhängig von der jeweils dominierenden Akteursgruppe und ihren Kriegszielen bildeten sich verschiedene Gewaltzonen heraus, die von Einflussgrenzen, geographischen und demographischen Faktoren abhingen. Diese Gemengelage ergibt eine Vielzahl von sich verändernden Zonierungen, die sowohl für das Überleben oder Sterben der Verfolgten wie auch für die Handlungsspielräume der Tätergruppen von entscheidender Bedeutung waren. Während Juden sowie Roma aus dem einen Gebiet deportiert wurden, standen ihnen in anderen Gebieten frei, sich zu bewaffnen oder sich auf andere Weise zu schützen. Wurden die Ustaša-Milizen in bestimmten Räumen entwaffnet, waren sie in anderen die einzige bewaffnete Macht. Gewalt bedeutete eine Chance, seine Ziele zu verwirklichen. Doch beinhaltete das komplexen Akteursgeflecht ein hohes Konfliktpotential auch zwischen verbündeten Gruppen bezüglich der Frage, welches Ausmaß von Gewalt zu welchem Zeitpunkt und gegen wen gerichtet sinnvoll sei.</p><p>Durch das Zusammenziehen der politisch-militärischen Gegebenheiten mit räumlichen Faktoren soll im Vortrag eine Morphologie der Gewaltzonen vorgestellt werden, und nach dem Wandel ihrer Grenzen im Laufe der Zeit gefragt werden. Dabei interessiert, wie Gewalt Grenzen zu überwinden und zu ändern vermochte, aber auch, wo bestimmte Formen der Gewalt an bestimmte Räume gebunden waren. Im Bezug auf die deutschen, italienischen und jugoslawischen Gewaltakteure wird gefragt, was diese unternahmen, um ihre Vorstellungen von einer gewaltsamen Ordnung durchzusetzen, und was sie aus welchen Gründen unternahmen, um Gewalt zu entgrenzen bzw. zu begrenzen.</p></p> Tödliche Zonen ohne Grenzen? Russland im Bürgerkrieg, 1917–1921 2010-03-29T11:46:37Z 2010-03-29T11:46:37Z http://www.historikertag.de/Berlin2010/index.php/wissenschaftliches-programm/sektionsuebersicht/details/532 Title: Tödliche Zonen ohne Grenzen? Russland im Bürgerkrieg, 1917–1921<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Tödliche Zonen ohne Grenzen? Russland im Bürgerkrieg, 1917–1921</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Felix Schnell, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p>Staatsferne war eine Grundbedingung staatlicher Herrschaft im Zarenreich. Keine der vielen kleineren oder größeren Reformen konnte bis 1917 etwas daran ändern, dass „das Land weit und der Zar fern“ war und ein Gewaltmonopol des Staates auf dem Lande nur als Anspruch existierte. In der Praxis war Gewalt lokal verregelt – Staatsgewalt trat nur sporadisch, intensiv und demonstrativ auf. Diese Umstände erleichterte es den Dörfern im Jahre 1917, den Fortfall der zarischen Obrigkeit durch eigene Herrschaftsstrukturen zu kompensieren. Sie ermöglichten auch, Chaos bei der „Schwarzen Umverteilung“ des Adelslandes zu verhindern und sie in einem hohen Maße organisiert durchzuführen. Sie waren schließlich die Voraussetzung für eine Abwehr äußerer Eingriffsversuche durch die Bolschewiki, aber auch anderer Bürgerkriegsparteien.&nbsp;</p><p>Der Südwesten des ehemaligen Imperiums, in etwa das Gebiet der heutigen Ukraine, war eines der Hauptkampfgebiete des Russischen Bürgerkrieges. Frontlinien waren kaum auszumachen, allenfalls Kampfzonen. Hier vermochten weder „Weiße“ noch „Rote“ dauerhaft territoriale Hegemonie auszuüben. Die Macht lag meist bei kleineren Kampfgruppen, die von Atamanen geführt in einer Region operierten, oder auch bei Banden oder einzelnen Dörfern. Für alle Akteure in diesen Räumen galt, dass Gewalt ubiquitäre Bedrohung, aber auch Chance war. Nur durch die Fähigkeit, sich gegen andere gewaltsam behaupten zu können, waren eigene Interessen zu wahren oder sogar die Existenz zu sichern.&nbsp;</p><p>Gewaltexzesse, für die der Russische Bürgerkrieg notorisch ist, sind unmittelbar auf die extremen Bedingungen in solchen tödlichen Zonen zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die scheinbare Grenzenlosigkeit. Die Machtsphären einzelner bewaffneter Gruppen waren kaum sicht- oder spürbar voneinander abgegrenzt. Sicht- oder spürbar war immer nur das konkrete Auftreten bestimmter Kriegsparteien. Somit scheinen auch Entgrenzung der Gewalt und Grenzenlosigkeit der Machtsphären im Russischen Bürgerkrieg in einem engen Zusammenhang zu stehen. Diesen Aspekt wird der Beitrag weiter ausführen und an konkreten Beispielen aufzeigen.</p> Title: Tödliche Zonen ohne Grenzen? Russland im Bürgerkrieg, 1917–1921<br />Venue: Neuere/Neueste Geschichte / <br />Category: Entgrenzung und Begrenzung der Gewalt<br />Date: 01.10.2010<br />Time: 09.15 h - 13.00 h<br />Description: <p><b>Tödliche Zonen ohne Grenzen? Russland im Bürgerkrieg, 1917–1921</b></p><p>Referent/in:&nbsp;Felix Schnell, Berlin</p><p><br /></p><p><b>Abstract</b></p><p>Staatsferne war eine Grundbedingung staatlicher Herrschaft im Zarenreich. Keine der vielen kleineren oder größeren Reformen konnte bis 1917 etwas daran ändern, dass „das Land weit und der Zar fern“ war und ein Gewaltmonopol des Staates auf dem Lande nur als Anspruch existierte. In der Praxis war Gewalt lokal verregelt – Staatsgewalt trat nur sporadisch, intensiv und demonstrativ auf. Diese Umstände erleichterte es den Dörfern im Jahre 1917, den Fortfall der zarischen Obrigkeit durch eigene Herrschaftsstrukturen zu kompensieren. Sie ermöglichten auch, Chaos bei der „Schwarzen Umverteilung“ des Adelslandes zu verhindern und sie in einem hohen Maße organisiert durchzuführen. Sie waren schließlich die Voraussetzung für eine Abwehr äußerer Eingriffsversuche durch die Bolschewiki, aber auch anderer Bürgerkriegsparteien.&nbsp;</p><p>Der Südwesten des ehemaligen Imperiums, in etwa das Gebiet der heutigen Ukraine, war eines der Hauptkampfgebiete des Russischen Bürgerkrieges. Frontlinien waren kaum auszumachen, allenfalls Kampfzonen. Hier vermochten weder „Weiße“ noch „Rote“ dauerhaft territoriale Hegemonie auszuüben. Die Macht lag meist bei kleineren Kampfgruppen, die von Atamanen geführt in einer Region operierten, oder auch bei Banden oder einzelnen Dörfern. Für alle Akteure in diesen Räumen galt, dass Gewalt ubiquitäre Bedrohung, aber auch Chance war. Nur durch die Fähigkeit, sich gegen andere gewaltsam behaupten zu können, waren eigene Interessen zu wahren oder sogar die Existenz zu sichern.&nbsp;</p><p>Gewaltexzesse, für die der Russische Bürgerkrieg notorisch ist, sind unmittelbar auf die extremen Bedingungen in solchen tödlichen Zonen zurückzuführen. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die scheinbare Grenzenlosigkeit. Die Machtsphären einzelner bewaffneter Gruppen waren kaum sicht- oder spürbar voneinander abgegrenzt. Sicht- oder spürbar war immer nur das konkrete Auftreten bestimmter Kriegsparteien. Somit scheinen auch Entgrenzung der Gewalt und Grenzenlosigkeit der Machtsphären im Russischen Bürgerkrieg in einem engen Zusammenhang zu stehen. Diesen Aspekt wird der Beitrag weiter ausführen und an konkreten Beispielen aufzeigen.</p>