Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Archivische Ressourcen - Didaktische Chancen. Kompetenzorientiertes Lernen im Archiv

Zeit: 28.09.2012, 15:15 - 18:00
Ort: P 2
Kategorie: Geschichtsdidaktik

Sektionsleiter/in: Annekatrin Schaller

Abstract:
Dass das Archiv als Wissensspeicher und Gedächtnis einer Stadt, einer Region oder eines Landes über in Regalkilometer zu messende Ressourcen für die historische Forschung verfügt, ist unbestritten. Dass das Archiv ebenso ein Ort des historischen Lernens ist, eine Werkstatt für junge Spurensucher mit zum Teil noch unergründetem didaktischen Potential, ist eine Erkenntnis, die sich seit den Anfängen der Archivpädagogik in Deutschland in den 1980er Jahren zunehmend durchsetzt. In jüngster Zeit erfährt dieser Ansatz einen spürbaren Aufschwung, der mehrere Ursachen zu haben scheint.

Zum einen begreifen sich die Archive mehr und mehr als moderne Dienstleistungseinrichtungen. Mit den sehr unterschiedlichen Beständen, die verschiedenartigste Medien und Materialien umfassen, bieten sie für nahezu jede Adressatengruppen vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, die aber häufig erst noch erkannt und unter Berücksichtigung didaktischer Prinzipien, Verfahren und Kategorien erarbeitet werden müssen. Als „Häuser der Geschichte“ öffnen die Archive ihre Lesesäle und Magazine gezielt für eine neue, insbesondere auch jüngere Nutzerklientel und positionieren sich damit in der Landschaft kultureller Bildungsangebote. Zum anderen befindet sich das Lernen an den Schulen in einem fortwährenden Wandlungs-und Öffnungsprozess. Außerschulische Lernorte haben schon seit längerem Einzug in die Lehrpläne gefunden, zurzeit versuchen Bildungspartnerschaften dauerhafte und nachhaltige Kooperationsvereinbarungen zwischen Schule und Archiv zu etablieren. Projektkurse und wissenschaftspropädeutische Seminare in der gymnasialen Oberstufe eröffnen ungeachtet von Schulzeitverkürzungen Spielräume für forschend-entdeckendes Lernen und fachwissenschaftliches Arbeiten. Und schließlich lenken die neuen kompetenzorientierten Curricula die Aufmerksamkeit auf den Erwerb und die Anwendung von Sach-, Methoden-, Handlungs-und Urteilskompetenzen. Historisches Lernen im außerschulischen Lernort Archiv verspricht hier die Anwendung, Einübung und Vertiefung dieser komplexen Kompetenzen in einem ineinandergreifenden Lern-und Erkenntnisprozess: von der Formulierung problemorientierter Fragestellungen über die Recherche, Lektüre und Auswertung geeigneter Quellenmaterialien bis hin zur eigenständigen Rekonstruktion historischer Entwicklungen, ihrer Präsentation und Beurteilung. In der Begegnung mit der originalen Quelle können damit Schlüsselqualifikationen und Geschichtsbewusstsein gleichermaßen entwickelt werden. Die geschichtsdidaktischen Chancen des Archivs als historischer Lernort sowohl in inhaltlicher wie in methodischer Hinsicht scheinen vielversprechend. In der Sektion soll das vielschichtige Spannungsverhältnis von archivischen Ressourcen und ihren didaktischen Chancen ausgelotet und sowohl grundlegend-theoretisch wie auch anhand von Praxiserfahrungen konkret vermessen und diskutiert werden. Es geht dabei letztlich um die Frage, wie die Potentiale des Archivs als außerschulischer Lernort im Sinne heutiger Lehr-und Bildungspläne und angesichts der vielfachen Anforderungen an Lernprozesse adäquat und schülergerecht ausgeschöpft werden können. Dabei treten die Perspektiven der Geschichtsdidaktik, der Archive bzw. Archivpädagogik, der Schule sowie außerschulischer Jugendgeschichtsprojekte in einen Dialog. In den Beiträgen und Diskussionen sollen insbesondere die folgenden Fragestellungen erörtert werden: Wie können und müssen die archivpädagogischen Angebote ausgerichtet sein, damit sie möglichst direkt an die curricularen Vorgaben der Schulen und des Geschichtsunterrichts anknüpfen? Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich aus den veränderten schulischen Koordinaten (Schulzeitverkürzung, Kompetenzorientierung, Projektseminare) für die Nutzung der archivischen Ressourcen? Welche archivpädagogischen Ansätze und Methoden erscheinen aus didaktischer wie curricularer Perspektive besonders lohnenswert und zielführend? Welche Quellenarten und Themen eignen sich in besonderer Weise für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern? Welchen Beitrag kann das historische Lernen im Archiv für die Einübung in die Re-und Dekonstruktion von Geschichte, mithin für die Herausbildung eines kritischen Geschichtsbewusstseins leisten? Welcher Mehrwert ergibt sich aus der Vereinbarung nachhaltiger Bildungspartnerschaften und Kooperationen?


Moderation: Markus Müller-Henning (Wiesbaden)

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