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49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

"Alles veloziferisch". Goethe und die Entstehung der modernen Ökonomie um 1800

Zeit: 27.09.2012, 09:15 - 13:00
Ort: P 13
Kategorie: Frühe Neuzeit

Sektionsleiter/in: Vera Hierholzer / Thomas Wegmann

Abstract:
Die Epoche des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts war durch einen beschleunigten sozioökonomischen Strukturwandel geprägt, der weitgehende Folgen für wirtschaftliche Praktiken, Institutionen und Semantiken hatte. Die Sektion sucht einen veränderten Zugriff auf diese Modernisierungsprozesse, indem sie eine einzelne Person in den Blick nimmt und dabei einen dezidiert interdisziplinären Ansatz verfolgt. Mit Johann Wolfgang Goethe wählt sie eine herausragende, in ihrem Denken und Handeln aber durchaus zeittypische Figur, die am Weimarer Hof Einfluss auf politische Entwicklungen nahm, rege Beziehungen zu den geistigen und politischen Größen der Zeit pflegte und nicht zuletzt in literarischen Texten die ökonomischen Entwicklungen ästhetisch reflektierte. Ein besonderes Augenmerk der Sektion liegt auf dem Spannungsverhältnis zwischen ökonomischem und künstlerischem Handeln.

Die Sektion unterteilt sich in zwei thematische Blöcke, die jeweils von einem Referentenduo aus Wirtschaftsgeschichte und Literaturwissenschaft bestritten werden. Ralf Banken und Bernd Hamacher gehen zunächst den Voraussetzungen der schriftstellerischen Existenz Goethes nach und beleuchten die Prägung durch die Herkunft aus einer gut situierten, rasch aufgestiegenen Frankfurter Familie mit Wurzeln im kleinbürgerlichen Handwerker-Milieu. Im zweiten Teil der Sektion widmen sich Justus Fetscher und Guillaume Garner der beobachtenden und gestaltenden Teilnahme Goethes an der ökonomischen Entwicklung; im Fokus steht die Tätigkeit als Weimarer Beamter.

Goethes Positionen sollen ideengeschichtlich verortet und in den Kontext der (noch) hegemonialen Kameralwissenschaft, aber auch neuer Wirtschafts- und Gesellschaftstheorien der Zeit eingeordnet werden, mit denen er bestens vertraut war. Die Erfahrungen in der Praxis, die aufmerksame Beobachtung der beginnenden Industrialisierung sowie die Rezeption der wirtschaftstheoretischen Diskussionen fanden in Goethes Werken ihren Niederschlag, besonders prägnant in den beiden Teilen des Faust, der die ambivalente Haltung gegenüber dem anbrechenden Industriezeitalter und dem ungezügelten Unternehmertum erkennen lässt.

Indem die Sektion das Thema der aktuellen Sonderausstellung „Goethe und das Geld“ im Frankfurter Goethe-Haus aufgreift und erweitert, schlägt sie eine Brücke zum Rahmenprogramm des Historikertags: Für die Besucher des Historikertags werden Sonderführungen durch die kurz zuvor eröffnete Schau angeboten

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