Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Zensur und Verlage in der DDR - Handlungszwänge und Spielräume

Referent/in: Siegfried Lokatis (Leipzig)

Abstract:
Das System der Belletristik-Zensur in der DDR verblüfft immer noch durch ein Paradox: einerseits war es denkbar aufwändig und streng organisiert, andererseits wuchs seit den sechziger Jahren ausgerechnet der schönen Literatur die Funktion einer kritischen Ersatzöffentlichkeit zu, so dass man sich häufig besser aus Büchern als in den Zeitungen informieren konnte.

Die Lösung des Rätsels ist in der dominierenden Rolle ökonomischer Faktoren und in der Ausdifferenzierung eines arbeitsteilig konzipierten Verlagssystems zu suchen, so dass die großen Verlage wie „Aufbau-Verlag“, „Volk und Welt“, „Reclam“ und die „Kiepenheuer“-Gruppe mit dem „Inselverlag“ in den verschiedenen, von ideologischen Kurswechseln geprägten Phasen höchst unterschiedliche Handlungsspielräume besaßen.

Bei dem Vergleich mit Zensursystemen anderer sozialistischer "Bruderländer" stellt sich zudem eine grundsätzliche, nur in der Diskussion zu lösende Frage: Im Unterschied zur Sowjetunion, zu Polen und zu der ČSSR operierte die DDR-Zensur stets in einem gemeinsamen Sprachraum mit dem "Klassenfeind" in der Bundesrepublik. Zahlreiche Einrichtungen, typische Maßnahmen, Strategien und Schwierigkeiten der DDR-Zensur resultierten aus diesem Handicap, so dass man sich fragen muss, worin eigentlich genau noch die für eine realsozialistische Buch- und  Verlagswirtschaft typischen, die einzelnen Länder übergreifenden Gemeinsamkeiten bestanden.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

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