Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Mobilisierung und Ressourcenverschiebung in den Wissenschaften unter dem Primat des Bellizismus

Referent/in: Rüdiger Hachtmann

Abstract:
Die Wissenschaften waren während der Zeit des Dritten Reiches durch eine doppelte Ressourcenverschiebung gekennzeichnet: Zum einen wurden die Technik- und Naturwissenschaften auf Kosten vor allem der Geistes- und Kulturwissenschaften ausgebaut; zum anderen verschob sich das Schwergewicht der Forschung von den Hochschulen in die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Neben diesem Aspekt rückt der Beitrag einen weiteren ins Zentrum: Konflikte um Ressourcen waren (a.) kein Nullsummenspiel, sondern dienten oft der Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen. Vor allem aber sind sie (b.) nicht als Ausdruck von Zerfall und Ineffizienz zu interpretieren. Konflikte waren Konkurrenzen und wurden von vielen Nationalsozialisten unter dem Diktum des „Wettbewerbs“ durchaus positiv konnotiert. In dem Beitrag werden die dynamisierenden und mobilisierenden Effekte der Konkurrenz um Ressourcen in den Blick genommen. „Mobilisierung“ wird in diesem Zusammenhang nicht in erster Linie als eine Art Fremdsteuerung durch das NS-Regime, sondern vor allem als Selbstmobilisierung unter bellizistischem Vorzeichen in den Fokus genommen. Es gilt Motivstrukturen, Varianten und Tiefe dieser Selbstmobilisierung auszuloten. Auch wissenschaftsimmanent diente die von Historikern als „Doppelarbeit“ denunzierte konzeptionelle und methodische Konkurrenz der Produktivitätssteigerung. Ein Wissenschaftssystem, das auf „Doppelarbeit“ im Sinne von Methodenkonkurrenz setzt, kann im Ergebnis, d.h. im Sinne der Mobilisierung zusätzlicher Energien und Ressourcen, wesentlich effizienter sein als zentralistisch-hierarchische („planwirtschaftliche“) Wissenschaftssysteme, an denen sich die ältere Wissenschaftshistoriographie oftmals als Idealform orientiert hat.

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