Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Der Transport von Sozialstaatskonzepten vom affluenteren europäischen Mutterland in ressourcenknappe Kolonien. Das Beispiel Großbritannien - Nigeria 1920-1940

Referent/in: Ulrike Lindner

Abstract:
In den meisten europäischen Staaten begann der Ausbau sozialstaatlicher Maßnahmen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, getrieben von der Sorge um die „physical deterioration” der unteren Schichten und um die sinkenden Geburtenraten, aber auch als Antwort  auf soziale Proteste und Spannungen in einzelnen Ländern. In den afrikanischen Kolonien der europäischen Mächte finden sich ähnliche Überlegungen erst deutlich später, ab den 1920er Jahren. Bis dahin sorgten sich die Kolonialverwaltungen vor allem um das Wohlergehen der weißen Kolonisierenden. Nach dem 1. Weltkrieg, im Angesicht sinkender Geburtenraten in verschiedenen Kolonien, begannen insbesondere die englischen und französischen Kolonialverwaltungen sich stärker um das Wohlergehen der Kolonisierten zu sorgen, allerdings vor allem im Hinblick auf deren Arbeitskraft. Dies traf mit einem generellen Umdenken in der Kolonialpolitik zusammen, die sich nun mehr dem Prinzip des „Colonial Development“ verpflichtet sah, was bis in die Zeit der 1940er Jahre jedoch kaum von finanziellen Investitionen in Bildung oder Sozialpolitik begleitet war.

In diesem Kontext wird sich der Vortrag mit dem problematischen Transport von Sozialpolitikkonzepten aus dem Mutterland Großbritannien in die ressourcenknappe Kolonie Britisch-Nigeria beschäftigen. Anfangs handelte es sich dabei vor allem um Vorsorge und Fürsorge für Mütter und Kinder. Die aus Großbritannien importierten Maßnahmen mussten in der kolonialen Situation mit ihren rassistischen Abgrenzungen neu verhandelt werden und waren stets begleitet von schwierigen Auseinandersetzungen zwischen europäischen Kolonialadministrationen und lokalen Praktiken.

Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

Anzeigen