Logo des 49. Historikertags 2012 Ressourcen und Konflikte

49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Das Wasser: Ressource zwischen Alltagsbedarf, Ingenieurkunst und Repräsentation. Eine Konversation zwischen Antike und Neuzeit

Zeit: 26.09.2012, 09:15 - 13:00
Ort: P 7
Kategorie: Epochenübergreifend

Sektionsleiter/in: Christian Wieland (Darmstadt) / Sitta von Reden (Freiburg i.Br.))

Abstract:
In dieser Sektion wird dem Zusammenhang von Natur, Technik, Macht und Repräsentation im Vergleich zwischen griechisch-römischer Antike und europäischer Neuzeit nachgegangen. Dabei impliziert die Methode des Vergleichs  keine entwicklungsgeschichtliche Perspektive, sondern sie soll den Blick für die durch verschiedene kulturelle Bedingungen geprägten Formen des Umgangs mit einem vergleichbaren Problem schärfen. Die Vorträge sind daher nicht chronologisch angeordnet, sondern Antike und Neuzeit werden thematisch aufeinander bezogen.

In zweimal drei Impulsvorträgen von 15 Minuten stellen die Referenten ihre Kernthesen  vor, die anschließend in einer Podiumsdiskussion unter Einbezug des Plenums diskutiert werden. Längere Versionen der Vorträge sind ab September auf dieser Seite hinterlegt und sollten möglichst vor der Sektion zur Kenntnis genommen sein.

1.       Teil 9.15- 10.55

Moderation: Franz-Josef Brüggemeier (Freiburg i.Br.)

Neville Morley (Bristol):

Neville Morley wird die konkurrierenden Ansprüche auf die knappe und volatile Ressource Wasser in der griechischen-römischen Antike sowie die unterschiedlichen Strategien, die zu ihrer Sicherung angewandt wurden, darstellen. In einer besonderen Zuspitzung auf die inschriftliche Repräsentation staatlicher Versorgungsformen und ihrer Technologien in Nordafrika und Italien geht es Morley um die Rhetorik der Regelmäßigkeit, die in ähnlicher Weise auch in römischen Rechtsquellen auftritt und die es angesichts der Unberechenbarkeit der Wasserversorgung in ihrer Bedeutung für staatliche Legitimation zu untersuchen gilt

Skript (PDF)

Christian Wieland (Darmstadt):

Am Beispiel des barocken Rom und der Stuart-Monarchie diskutiert Wieland die Frage, wie es den Wasserbauingenieuren des 16. und 17. Jahrhunderts gelingen konnte, das Stigma ihrer bürgerlichen Herkunft und den niedrigen Status der artes mechanicae zu überwinden und sich und ihr Tun in einen durch aristokratische Werte geprägten politischen Kontext zu integrieren. Die Techniker erreichten dies, indem sie die Ingenieurskunst in humanistischer Manier in die pagan-römische Tradition stellten und auf diese Weise die ebenfalls auf antike Vorbilder zurückgehenden Bedürfnisse der Regierenden nach der Repräsentation von magnificentia im Medium der Technik befriedigten.

Skript (PDF)

Sitta von Reden (Freiburg i.Br.):

Von Reden versucht in ihrem Vortrag die vorangegangenen Beiträge für die Monarchie der Griechen in Ägypten und ihr Bemühen sowohl um die ägyptische Infrastruktur als auch die Wissenschaft in Alexandria fruchtbar zu machen. Lassen sich die machtsymbolischen Argumente, die Morley und Wieland entwickeln, auf die ptolemäische Herrschaft anwenden, deren Kontrolle über die Bewässerung in der chora in der Forschung bislang allein innerhalb zentralstaatlicher Ordnungsmodelle interpretiert wurde? Inwieweit lässt sich die Funktionalität der staatlichen Fürsorge für das Kanalsystem innerhalb machtsymbolischer Bemühungen verstehen und welche Rolle spielte die hydraulische Wissenschaftsförderung in Alexandria?

Skrip (PDF)

2.       Teil 11.15 – 13.00

Moderation: Christian Wieland (Darmstadt) und Sitta von Reden (Freiburg i.Br.)

Astrid Möller (Freiburg i.Br.):

Astrid Möller wird am Beispiel des Eupalinos-Tunnel auf Samos und des Brunnenhauses an der Athener Agora die Frage diskutieren, inwiefern sich diese Bauwerke als Phänomene „tyrannischer“ Stadtherrschaft erklären lassen, oder ob es sich nicht vielmehr um die Produkte eines gesteigerten kollektiven Gemeinschaftsgefühls der Poleis selbst handelte. Diese kommunalen Projekte boten zwar einzelnen Aristokraten die Möglichkeit der Selbstdarstellung; einer Repräsentation jedoch, die sich in die kollektive Identität der Polis zu integrieren hatte.

Skipt (PDF)

Franz-Josef Brüggemeier (Freiburg i.Br.):

Eine Verbindung zwischen städtischer Identität und wasserbaulichen Leistungen lässt sich auch für das 19. Jahrhundert beobachten: Der Beitrag von Franz Josef Brüggemeier geht dem Phänomen nach, wie die Entwicklung von Kanalisationen in den europäischen Großstädten mit ihren dazugehörigen „Epiarchitekturen“ dazu dienten, die Städte und ihre Oligarchien als Verkörperungen eines ästhetisch überhöhten Fortschritts erscheinen zu lassen. Der internationale Kanaltourismus zu diesen Objekten der „Wasserkunst“ zeigt, in welchem Maße diese Form der kommunalen Selbstinszenierung gleichzeitig nach innen und nach außen – auf die kosmopolitische Oberschicht – ausgerichtet war.

Skript (PDF)

Chandra Mukerji (San Diego):

In dem Referat von Chandra Mukerji werden die Diskussionsstränge in Bezug auf die Verknüpfung von Ingenieurskunst, ökonomischer Macht und Staatswerdung nochmals zusammengeführt: Am Beispiel des Canal du Midi werden die Mechanismen erläutert, mit deren Hilfe es Ludwig XIV. gelang, ein technisches Großprojekt zu nutzen, um die Macht lokaler Eliten zu unterminieren und gegenüber der lokalen Bevölkerung die Macht der Krone zur ausschlaggebenden Größe zu machen; die Kontrolle des Wassers durch die Monarchie und ihre Agenten fungierte so als Mittel und als Symbol zur Kontrolle des Landes.

Skript (PDF)

Zusammenfassung und Ausblick: Christian Wieland (Darmstadt) und Sitta von Reden (Freiburg i.Br.)

Anzeigen