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49. Deutscher Historikertag 2012: Ressourcen - Konflikte

Zeitpolitik und Zeit-Geschichte im 20. Jahrhundert

Zeit: 26.09.2012, 15:15 - 18:00
Ort: P 7
Kategorie: Neuere/Neueste Geschichte

Sektionsleiter/in: Alexander C.T. Geppert (Berlin) / Till Kössler (Bochum)

Abstract:
Die Ressource ‚Zeit’ wurde in der industriegesellschaftlichen Moderne zu einer politisch wie gesellschaftlich umkämpften Verfügungsmasse. Entwürfe politischer Neuordnung und die Etablierung neuer politischer Regime gingen mit Versuchen der tiefgreifenden Umgestaltung von Zeit einher. Die Sektion untersucht Auseinandersetzungen um Zeitordnungen und -praktiken im 20. Jahrhundert. Fünf Vorträge analysieren zeitpolitische Konflikte in den Kolonialgesellschaften des Nahen Osten des frühen 20. Jahrhunderts (Ogle), in NS-Deutschland (Lüdtke), im Spanien der Franco-Diktatur (Kössler), in der Bundesrepublik Deutschland der 1970er und 1980er Jahre (Nolte) sowie in Westeuropa (Geppert).

Während Historiker intensiv über Zeit und Zeitlichkeit nachgedacht haben und Begriffe wie ‚Wandel’, ‚Periode’, ‚Kontinuität’ und ‚Zäsur’ zu ihrem wissenschaftlichen Alltags­vokabular gehören, ist die Bedeutung von ‚Zeit’ als Ressource von der Zeitgeschichtsfor­schung bislang kaum berücksichtigt worden. Die Geschichtswissenschaft kann dabei auf Anregungen aus den Nachbardisziplinen, insbesondere den Sozialwissenschaften, zurückgreifen, die in den vergangenen Jahren verstärkt versucht haben, Zeit als analytische Kategorie nutzbar zu machen. Während lange die These einer Standardisierung und zunehmenden Vereinheitlichung von Zeit seit der Frühen Neuzeit diskutiert worden ist, versuchen jüngere Arbeiten, Zeit-Wandel auf den Begriff der „Beschleunigung“ zu bringen. Beiden Ansätzen ist die Behauptung gemein, dass es im 20. Jahrhundert zu einem fundamentalen Wandel der gesellschaftlichen Organisation von Zeit gekommen ist. Am historisch-konkreten Fall unterziehen die Vorträge diese Doppelthese einer empirischen Überprüfung. Indem sie jeweils ein zentrales Gegensatzpaar der Zeitpolitik zum Ausgangspunkt nehmen, loten sie Möglichkeiten und Grenzen der Historisierung von ‚Zeit’ als basaler, nur über Umwege zu erfassender Kategorie aus und tragen damit zur Etablierung einer neuen Form von ‚Zeit-Geschichte’ bei.

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