Das Partnerland des 50. Deutschen Historikertages ist Großbritannien. Vertreter Großbritanniens, britische Historikerinnen und Historiker, Forschungseinrichtungen sowie britische Geschichte und Kultur werden auf vielfältige Weise auf dem Historikertag präsent sein. VHD, Royal Historical Society und das Deutsche Historische Institut in London werden auf mehreren Ebenen miteinander kooperieren.

 

Großbritannien ist traditionell mit Niedersachsen, dem Tagungsort Göttingen und insbesondere der Georg-August-Universität Göttingen eng verbunden. Die Gründung der Universität fällt in die Zeit der britisch-kurhannoverschen Personalunion. Der Namensgeber Georg August, Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg (Hannover) residierte als Georg II. in London.

Großbritannien und die Universität Göttingen – eine gewinnbringende Beziehung

von Jenny van den Heuvel, M.A.

 

 

Die Wahl des diesjährigen Tagungsortes des 50. Deutschen Historikertags, die Georg-August-Universität Göttingen, und die des diesjährigen Partnerlandes des Historikertags, Großbritannien, sind geradezu als zwangsläufig zu bezeichnen, stehen doch beide seit über 275 Jahren in einer engen wissenschaftlichen und kulturellen Verbindung.

 

Alles begann Anfang des 18. Jahrhunderts mit dem Aufstieg der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, den Kurfürsten von Hannover, zu britischen Königen. Georg I. und ihm nachfolgend vier weitere Herrscher aus dem Hause Hannover regierten von 1714 bis 1837 in Personalunion das Königreich Großbritannien und das Kurfürstentum (später Königreich Hannover), in dessen Gebiet auch die Stadt Göttingen lag. Anders als das Königreich Großbritannien, das seit dem späten 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle im europäischen Wissensaustausch spielte und sich im Laufe des 18. Jahrhunderts zur führenden Nation im Bereich der technischen und wissenschaftlichen Erfindungen und Neuerungen entwickelte, stand das Kurfürstentum Hannover bei derartigen Transformationsprozessen eher am Rande. Um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen, ließ der zweite britische König aus dem Hause Hannover, Georg II., ab 1734 im eher ländlich geprägten und strukturschwachen Göttingen eine Universität gründen, die sich vor allem dank der fortwährenden Unterstützung durch die Kurfürsten/Könige zu einer der führenden Universitäten des deutschsprachigen Raumes und darüber hinaus entwickelte.

 

Anziehungspunkte für Studenten und Professoren aus ganz Europa waren neben der von den Idealen der Frühaufklärung bestimmten Lehre und Forschung – es galt nicht mehr die Vorherrschaft der theologischen Fakultät über die Lehr- und Forschungsinhalte der anderen Fakultäten – vor allem die umfangreiche Bibliothek der Universität, die um 1800 etwa 150.000 Bücher umfasste, und die universitären Sammlungen, die Forschung und Lehre gleichermaßen dienten.

 

Beide, die Bibliothek und die Sammlungen, konnten vor allem deswegen angelegt werden und beständig wachsen, weil im Kommunikations- und Handlungsraum, den die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover eröffnete, ein regelmäßiger Austausch und Transfer zwischen London und Göttingen stattfand. Dank einer regen Ankaufspolitik des maßgeblichen Initiators und Unterstützers der Georg-August-Universität, Gerlach Adolph von Münchhausen, und der Universitätsbeamten über den internationalen Buchmarkt in London war die Bibliothek immer auf dem neusten Stand der Publikationen und entwickelte rasch eine Reihe von Sondersammelgebieten etwa zu Nordamerika und den britischen Kolonialreichen in Afrika und Asien, die noch heute die Struktur der Universitätsbibliothek prägen.

 

Auf dem Gebiet der Universitätssammlungen konnten sich engagierte Professoren wie der Göttinger Anatom und Anthropologe Johann Friedrich Blumenbach dank der engen Verbindung zum britischen Königshaus Vorkaufsrechte bei der Erwerbung von Gegenständen aller Art sichern, die im Zuge der weltweiten britischen Expeditionen im späten 18. Jahrhundert ihren Weg zunächst nach London, dann aber weiter nach Göttingen fanden. So bildete die umfangreiche Sammlung von Alltagsgegenständen, Artefakten, Waffen, Schmuck und Kleidung, die Reinhold und sein Sohn Georg Forster auf der zweiten Weltumsegelung des britischen Kapitäns James Cook zusammengestellt hatten, den Grundstein für die ethnologische Sammlung der Universität und kann noch heute im Form der Cook-Forster-Sammlung in den Räumen der Ethnologie besichtigt und für Lehre und Forschung verwendet werden.

 

Nicht zuletzt zeigt sich die enge Verbindung zwischen Großbritannien und der Universität Göttingen auch im Bereich der Anglistik und Amerikanistik. Begünstigt durch die Verbindung zum britischen Weltreich entstand in Göttingen bereits 1762 die weltweit erste ordentliche Professur für englische Sprache, die einen raschen Aufschwung der Universität zu einem der Zentren für die Übersetzung und Rezeption englischsprachiger Literatur in Kontinentaleuropa machte, zugleich aber auch der Anglophilie im deutschsprachigen Raum maßgeblichen Aufschwung gab.

Lyndal Roper

Auf der Festveranstaltung des 50. Deutschen Historikertags wird am 25. September 2014 Prof. Dr. Lyndal Roper den Festvortrag halten. Er trägt den Titel “Gewinnerinnen und Verliererinnen: Frauen in der Geschichtswissenschaft 1982-2012″.

Die aus Australien stammende Historikerin hat in Melbourne und Tübingen studiert und promovierte am King’s College in London. Ihre nächsten Stationen waren das Royal Holloway der University of London und das Balliol College der University of Oxford. Zurzeit forscht sie am Oriel College der University of Oxford, wo sie eine Regius-Professur für Geschichte innehat. Sie ist die erste Frau, die diese seltene, seit 1497 königlich gestiftete Art von Lehrstuhl besetzt. Dabei schuf Georg I. 1724 den „Regius Professor for Modern History“ (seit 2005: „Regius Professor for History“). Die welfische Thronfolge in Großbritannien hatte zehn Jahre zuvor die britisch-kurhannoversche Personalunion begründet. Georg II. ließ dann kaum ein Jahrzehnt später die Georg-August-Universität in Göttingen gründen.

Ropers kulturgeschichtliche Schwerpunkte sind die Geschichte der Hexen und Hexenverfolgung im frühneuzeitlichen Europa, Geschlechterrollen, Körperlichkeit und Sexualität in der Frühen Neuzeit sowie Martin Luther, über den sie aktuell eine Biografie verfasst.

Sie ist Ehrenprofessorin der University of Melbourne, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Historischen Instituts in London sowie Mitglied im Projekt zur Geschichte der Emotionen des Arts & Humanities Research Council.

Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Profilseite von Lyndal Roper auf der Website der University of Oxford.

Hier finden Sie alle Sektionen und Veranstaltungen, die einen inhaltlichen und personellen Bezug zu Großbritannien aufweisen.

 

, 2014

23SepDi

ERÖFFNUNGSVERANSTALTUNG18:00 Ort: Lokhalle

24SepMi

Gewinner und Verlierer „Nach dem Boom” in Westeuropa9:15 - 13:00 Ort: ZHG 102Sektionsleitung: Morten Reitmayer

24SepMi

Sportliche Wettbewerbe in der frühneuzeitlichen Gesellschaft. Gewinnen und Verlieren im Kontext städtischer und ständischer Selbstdarstellung 15:15 - 18:00 Ort: ZHG 005Sektionsleitung: Wolfgang Behringer / Angela Schattner

24SepMi

The Psychology of National Difference in the Mid-20th Century Crisis15:15 - 18:00 Ort: ZHG 103Sektionsleitung: VHD / Royal Historical Society

24SepMi

HISTORY SLAM20:00 Ort: ThOP - Theater im OP

25SepDo

Making Winners? Transforming Individuals through Education in Colonial and Postcolonial Contexts9:15 - 13:00 Ort: ZHG 103Sektionsleitung: Deutsches Historisches Institut London

25SepDo

Ein verlorenes Jahrzehnt? Die 1970er Jahre in Frankreich und Großbritannien9:15 - 13:00 Ort: ZHG 004Sektionsleitung: Jörg Arnold / Sonja Levsen

26SepFr

Orientierungen, Konzepte und Prinzipien des Geschichtsunterrichts in Europa11:00 - 12:30 Ort: ZHG 011Sektionsleitung: Peter Geiss (Bonn)

26SepFr

Der Beginn des 1. Weltkriegs - Eine Jahrhundertdebatte?13:15 - 14:45 Ort: ZHG 011Sektionsleitung: Johannes Paulmann (Mainz)

Als kleine Besonderheit wird das Studentenwerk Göttingen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Auswahl kulinarischer Spezialitäten aus Großbritannien, dem Partnerland des Historikertages 2014, versorgen. Folgende Speisen können erworben werden:

 

  • Sausages rolls
  • Scones mit Clotted Cream und Marmeladen
  • Shortbread
  • englischen Teekuchen & kleine englische Kuchenauswahl
  • englische Teesorten

 

Studentenwerk Göttingen - Logo