Veni, vidi, vici. (Re)präsentation von Sieghaftigkeit in der Antike

VOLKER MENZE (Budapest)
Staat, Regierung, Repräsentation und Akzeptanz. Einleitung zur aktuellen Forschungsdiskussion

GREGOR WEBER (Augsburg)
Siegen, Velieren, Kompensieren. Darstellungsmodi von Sieghaftigkeit und Misserfolg im Frühen Hellenismus

STEFAN PFEIFFER (Halle-Wittenberg)
„… nachdem er sich den gesamten Rest bis nach Baktrien untertan gemacht hat.“ Ptolemaios III. und die Rückeroberung des Alexanderreichs

SANDRA SCHEUBLE-REITER (Halle-Wittenberg)
„Wegen der durch mich oder durch meine Heerführer unter meinem Oberbefehl zu Wasser und zu Land glücklich geführten Kriege…“ Augustus und seine siegreichen Feldherren

MATTHIAS HAAKE (Münster)
Siegreiche Kaiser und kaiserliche Sieghaftigkeit. Die Siegesinszenierung römischer Kaiser zwischen konkretem Ereignis und ontologischem Zustand im 3. Jh. n. Chr.

VOLKER MENZE (Budapest)
In hoc signo victor eris. Die Christianisierung des Sieges in der Spätantike

Abstract:
Das Motto des 50. Deutschen Historikertages „Gewinner und Verlierer“ möchte die hier vorgestellte Sektion „Veni, vidi, vici: (Re)präsentation von Sieghaftigkeit in der Antike“ für einen strukturgeschichtlichen Zugriff auf die politische Memorialkultur antiker Gemeinwesen und ihrer leitenden Akteure vom Hellenismus bis zur Spätantike nutzen. Vergleichspunkt für die hier im Blickpunkt stehenden Staaten – frühe Diadochenstaaten, Ptolemäerreich, römisches Kaiserreich und christliches imperium Romanum – ist das monarchische Element ihrer Regierung. Denn ungeachtet aller struktureller und kultureller Unterschiede standen alle diese Monarchien unter stetem Legitimationsdruck, den Gehrke im Anschluss an Max Weber mit dem Begriff der „charismatischen Herrschaft“ umschrieben hatte.
Uns leitet daher die Frage, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der (Selbst)darstellung des Siegers und der Präsentation seiner Sieghaftigkeit im Wandel der Zeit (300 v. Chr. – 600 n. Chr.) bei Griechen und Römern bestanden und ob sich übergreifende Konzepte in der Darstellung von Sieg und Sieghaftigkeit feststellen lassen, die für den antiken Menschen allgemeinverständlich waren. Denn die verschiedenen staatlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Systeme basierten auf ganz unterschiedlichen Kommunikationsformen mit Untertanen, abhängigen und befreundeten Staaten oder auswärtigen Feinden und Konkurrenten.
Dabei soll der Zugang sowohl über den Begriff des „Sieges“ erfolgen, der grundsätzlich den militärischen Triumph über den Gegner in einer Schlacht bezeichnete, sowie über den Begriff 1 der „Sieghaftigkeit“, der sich, um die eigene Leistung zu überhöhen, auch aus nicht- militärischen Triumphen speisen konnte. Sieghaftigkeit konnte also auch ohne „Sieg“ vermittelt werden oder zum Medium im politischen Diskurs werden, beispielsweise dann, wenn „Siege“ durch die Bevölkerung nicht als solche anerkannt wurden. Ließ ein Herrscher in einem solchen Fall seine „Sieghaftigkeit“ feiern, setzte er sich dem Spott der Bevölkerung aus und delegitimierte somit seine Herrschaft.
Da bei der Präsentation des Siegers immer auch die (implizite) Darstellung des Gegners bzw. Verlierers eine Rolle spielte, soll auch sie als Darstellungskomponente von Sieghaftigkeit betrachtet werden. Die Spanne reicht hier von Verschweigen (etwa des Marc Anton durch Augustus) und Überhöhung der eigenen Kampfkraft (etwa der Juden im Jüdischen Krieg) bis hin zur Dämonisierung des Gegners (etwa der Perser durch Heraclius). Dadurch soll gleichzeitig auch die Vielschichtigkeit von Sieghaftigkeit und ihrer Darstellung aufgewiesen werden, denn der Gegner von heute konnte überraschend schnell der Partner von morgen sein. Die Quellen lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass bereits in der Antike binäre Vorstellungen von Freund – Feind überwunden worden waren und die Sicht auf den Gegner häufig viel komplexer war, als es binäre Schemata der Selbstdarstellung vermuten lassen.
Die Sektion wird einen hermeneutischen, vom Quellenbestand ausgehenden Ansatz wählen, um von diesem ausgehend konzeptionelle Modelle für den jeweiligen Herrscher bzw. die Epoche zu entwickeln. Archäologische Funde und Befunde, numismatische, epigraphische und papyrologische Quellen sollen gleichberechtigt zu literarischen Zeugnissen herangezogen werden. Denn im Gegensatz zur literarischen Selbst(re)präsentation bzw. zur historiographischen Aufarbeitung des siegreichen Herrschers erreichten sie im allgemeinen ein breiteres Zielpublikum und bieten gleichzeitig ein Bild ihrer Zeit.
Der besondere Reiz des zu behandelnden Zeitraumes vom Hellenismus bis zur Spätantike liegt vor allem in den unterschiedlichen Ausgangssituationen der einzelnen Monarchien: ein christlicher Kaiser hatte nicht die Pflicht, sich als siegreicher Schlachtenheld wie Alexander der Große zu gerieren. Und ein hellenistischer Monarch konnte sich anderer Repräsentationsmodi bedienen als der an das System doppelbödiger Kommunikation gebundene römische Kaiser. Von zentraler Bedeutung sind deshalb Fragen nach der Art und Weise, wie sich diese Unterschiede auf der Ebene der Repräsentation von Sieghaftigkeit transferierten, die zu jeder Zeit in bildlichen wie auch schriftlichen Quellen eine herausragende Rolle für die herrscherliche Selbstdarstellung spielte. Des Weiteren ist danach zu fragen, wie – reale oder vorgeschobene – Siege Zeitgenossen präsentiert und wie sie für die Nachwelt als erinnernswerte Ereignisse tradiert wurden und welche 2 Darstellungskonstanten sich in der Historiographie auch über die Jahrhunderte feststellen lassen.
Ziel der Beiträge ist also sowohl eine Auswertung der herrscherlichen Selbstdarstellung als auch der historiographischen Tradition, soweit diese greifbar ist. So sollen Kontinuitäten und Wandel in der Präsentation von Sieghaftigkeit untersucht und ihre Bedeutung für die Legitimation von Herrschaft in ihrer kommunikativen Bedingtheit verstanden werden.