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Vortragstitel:
Zur Periodisierung des europäischen Narrativs
Tag:
30.09.2010
Epoche:
Epochenübergreifende Sektion
Sektion:
Historische Epochengrenzen und Periodisierungssysteme im globalen Vergleich

Abstract:

Zur Periodisierung des europäischen Narrativs

Referent/in: Justus Cobet, Duisburg-Essen


Abstract

Noch im ersten Jahrzehnt des wachsenden Sprechens über die Globalisierung änderte The American Historical Review 1999 die Gliederung seines umfangreichen Rezensionsteils von „Ancient-Medieval-Modern“ zu einer Einteilung in die großen Regionen des Globus wie „Asia“, „Middle East and Northern Africa“ oder „Canada and the United States“; „Europe“ wurde unterteilt in „Ancient and Medieval“ und „Early modern and modern“. „Provincializing Europe“ wurde seit der Jahrtausendwende zu einem Leitbegriff postkolonialen Zugriffs auf die Historie. In einer solchen Situation erscheint es geboten, sich der konventionellen Lesart des europäischen Narrativs, wie sie sich in dessen Periodisierung ausdrückt, als Folie eines globalisierenden historischen Diskurses zu vergewissern. Das notorische Dreiperiodenschema löste als ein das geschichtliche Kontinuum von Raum und Zeit ordnendes Schema in der Frühen Neuzeit die Folge vierer Weltreiche ab. An die Stelle kollektiver ereignisgeschichtlicher Subjekte als dem Bewegungsgrund der Geschichte trat die Kultur in einem umfassenden Sinne, und die Metaphorik dieser Bewegung im Dreischritt folgte gegen das biologische Bild von Jugend-Blüte-Alter dem der Wiedergeburt in eine offene Zukunft nach einer Zeit der Finsternis. Mitte des 19. Jahrhunderts erweiterte sich gleichsam als Frucht der forcierten Säkularisierung am Ende der „Sattelzeit“ das Drei- zu einem Fünfperiodenschema: Zeitgeschichte und Vorgeschichte öffneten das Bild gleichzeitig rasant nach hinten im Rückgriff auf die Anfänge der Menschheit weit jenseits der Vorstellung von Schöpfung und nach vorne in der Beschleunigung durch das Doppel von Französischer und Industrieller Revolution. Dass die Zeitrechung vor und nach Christi Geburt nicht mit einer Epochenschwelle dieser Periodisierung zusammenfällt, ist gewiss eine Bedingung für die Universalisierung der europäischen Chronologie. Die Gliederung des europäischen Narrativs aber bietet als Referenzsystem Vergleiche an für das ungleichzeitige Gleichzeitige und Bezugspunkte für das Gleichzeitige von Ungleichzeitigem.